Die meisten westlichen Medien in Sachen Russland und Ukraine-Konflikt vertreten einen voreingenommenen Standpunkt. Das ist nichts Neues. Neulich sendete das ZDF jedoch eine Doku, die einen neuen Tiefpunkt der russlandfeindlichen Berichterstattung markiert.
von Isaak Funke/RT
Eigentlich verdient der Film gar nicht die Bezeichnung „Doku“. Es handelt sich viel eher um einen Propagandastreifen. Hauptanliegen der Filmemacher scheint zu sein, den um sich wütenden ukrainischen Militarismus zu verherrlichen.
Joachim Bartz, der die 30-minütige Reklamesendung der ukrainischen Armee zu verantworten hat, stellt sich zu Beginn das Ziel, herauszufinden, „wie es in der Ukraine aussieht.“ Gleich in den ersten Minuten präsentiert der Film angebliche „Kiewer Bürger“, die protestieren, damit ein mutmaßlich korrupter Beamter der Prozess gemacht wird. Doch die Bilder zeigen unter anderem schwarz uniformierte, junge Männer, die die Losung der ukrainischen Nationalisten schreien: „Slawa Ukraini – Herojam Slawa!“. Unter diesem Motto töteten ukrainische Nazi-Kollaborateure Zehntausende Polen und Juden im Westen des Landes. Das polnische Parlament stufte die Ereignisse im Jahr 2016 als Völkermord ein. Ein kritischer Kommentar seitens der Doku-Macher zu dieser Inszenierung von ukrainischen Neo-Faschisten? Fehlanzeige. Ist die neue ukrainische Zivilgesellschaft, von dem die westliche Elite schwärmt, etwa dieser faschistische Schlägertrupp?
Im Rückblick auf die Ereignisse des Jahres 2014, bei dem der gewählte Präsident Wiktor Janukowitsch von einer gewalttätigen Minderheit weggeputschst wurde, wird erklärt, der Präsident sei einen Tag nach der Unterzeichnung des Abkommens zwischen Regierung und Opposition aus dem Land geflohen. Unerwähnt bleibt, dass die radikale Minderheit auf dem Maidan-Platz das Abkommen abgelehnt und mehrere ihrer Sprecher mit einem bewaffneten Aufstand gedroht hatten. Wenige Tage zuvor hatten „Maidan-Aktivisten“ in der Westukraine mehrere hundert Waffen ergattern können.
Um den „russlandfreundlichen“ Ex-Präsidenten Janukowitsch zu diskreditieren, wird seine Korruptheit betont und sein luxuriöses Anwesen gezeigt. Der Film suggeriert, dass die korrupten ukrainischen Politiker irgendwie mit Russland verbunden sind. Der jetzige Präsident Petro Poroschenko ist aber nicht weniger als Janukowitsch ein Teil der oligarchischen, korrupten Elite der Ukraine. Im Jahr 2013 schätzte das US-Wirtschaftsmagazin sein Vermögen auf 1,6 Milliarden US-Dollar. In Anspielung an sein Süßigkeiten-Imperium erhielt er von den Ukrainern den Spitznamen „Schokoladenkönig.“ Sein Name taucht im Zusammenhang mit den Panama- und Paradise-Papers auf, die unter anderem illegale oder zumindest sehr fragwürdige Finanztransaktionen von Politikern dokumentieren.
Durch den gesamten Film zieht sich eine bemerkbare sprachliche Taktik, um den Zuschauer dazu zu leiten, zu erkennen, wer „gut“ und wer „böse“ ist: So „kapern“ etwa „prorussische Kämpfer“ in der Ostukraine Behörden, während die Ereignisse Anfang 2014 in Kiew zu einem „Volksaufstand“ stilisiert werden. Ein typischer Fall von „Terrorist“ versus „Freiheitskämpfer“.
Szenenwechsel. Eine Rüstungsfabrik in der Nähe von Charkiw. In stolzen Tönen erklärt der Dokusprecher, dass die ukrainische Rüstungsindustrie mittlerweile „auf deutsche Technik setzt“, in diesem Fall auf Dieselmotoren der Deutz AG. Die Ukrainer dürfen für die deutsche Rüstungstechnik werben: Die deutschen Modelle seien viel leiser als die russischen. Der ukrainische Chefkonstrukteur verkündet, dass der Panzerwagen auf NATO-Standard sei, da keine russischen Einzelteile mehr verbaut sind. Nun könne man endlich „eng mit den anderen Armeen der zivilisierten Welt zusammenarbeiten“. Die Doku-Macher fühlen sich nicht dazu genötigt, sich von diesem Sprachgebrauch zu distanzieren. Anscheinend teilen sie die Ansicht, dass Russland im unzivilisierten Asien liegt.
Der Film schildert, wie NATO-Truppen ukrainische Soldaten für den Kampf im Osten des Landes ausbilden. Dass die Militärallianz aber dadurch zur weiteren Eskalation des Konfliktes beiträgt, wird nicht kritisch hinterfragt.
In der Manier eines Werbefilmes für die ukrainische Armee wird die Ausbildung von Kampfsanitätern gezeigt. Ein Armeesprecher erläutert, dass früher in der Sowjetarmee das Leben des einzelnen Soldaten nicht gezählt habe. Jetzt richte man sich aber an die NATO, da sei das anders. Ein anderer Offizier der ukrainischen Streitkräfte erklärt, dass die Ukraine den Krieg im Donbass nicht nur gewinnen könne, sondern auch müsse. Trotz Minsker Friedensabkommen, scheint gemeint zu sein.
Neben Sprechern des ukrainischen militärindustriellen Komplexes kommen auch mehrere NATO-Soldaten in der Ukraine zu Wort. Sie dürfen kommentarlos für ihren Einsatz werben. Ein US-Soldat, der schon im Irak und in Afghanistan war, lobt die Ukrainer, wie früher europäische Kolonialbeamte assimilationswillige Einheimische gelobt hätten: „Sie wollen dazulernen und gute NATO-Partner werden.“
Die letzte Reisestation der ZDF-Abteilung für die Verherrlichung des ukrainischen Militärs ist Odessa. Wir bekommen eine fröhliche Touristenmenge zu sehen. Kein Wort von dem Brandanschlag rechtsradikaler Ukrainer auf ein Gewerkschaftshaus am 2. Mai 2014, bei dem fast 50 Menschen getötet wurden. Stattdessen geht es wieder zu einem NATO-Kontingent. Auch hier bilden westliche Militärs Ukrainer aus. Wieder einmal dürfen ukrainische und NATO-Soldaten für ihre Zusammenarbeit gegen den bösen Russen werben.
Dann geht es ins Stadtzentrum. Vor dem Bürgeramt ist eine große Menschenmenge zu sehen. Sie warten auf die Ausgabe von biometrischen Reisepässen. Die „neue Reisefreiheit“ habe die Ukrainer ergriffen. Gemeint ist, dass seit Mitte Juni 2017 Ukrainer ohne Visum das EU-Gebiet betreten können. Das Reiseziel der Ukrainer sei „wahrscheinlich nicht Moskau, eher Berlin, Paris oder London.“ Doch die Ukrainer werden unter den neuen Bestimmungen in die EU nur für Geschäftsreisen, touristische Aufenthalte und Familienbesuche gelassen. Ein permanenter Aufenthalt ist nicht vorgesehen.
Anscheinend ist den Doku-Machern auch nicht bewusst, dass mehr als zwei Millionen Ukrainer aufgrund des Donbass-Konfliktes nach Russland geflüchtet sind. Dazu kommen mehrere Millionen ukrainische Wirtschaftsmigranten, die schon in Russland lebten, als der Konflikt ausbrauch: Ukrainische Staatsbürger brauchten noch nie ein Visum, um nach Russland zu reisen.
Propagandistisch, einseitig, lückenhaft, oberflächlich: Diese vier Adjektive fassen die Ausrichtung des ZDF-„Dokumentarfilms“ zusammen. Es ist unklar, auf welcher Grundlage der öffentlich-rechtliche Sender diesen Beitrag überhaupt ausstrahlen konnte. Im ZDF-Staatsvertag ist geregelt, dass der Sender einen „objektiven Überblick über das Weltgeschehen“ vermitteln und „eine freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung fördern“ soll. Die Angebote müssen „der Verständigung unter den Völkern dienen“. Im Rundfunkstaatsvertrag ist ferner festgelegt, dass „Berichterstattung und Informationssendungen …den anerkannten journalistischen Grundsätzen“ zu entsprechen haben: „Sie müssen unabhängig und sachlich sein“. Vielleicht stufte das ZDF den Film nicht als Informationssendung, sondern als Unterhaltungsprogramm ein?
Offensichtlich nimmt man diese Richtlinien beim ZDF nicht sehr ernst. Es bleibt zu hoffen, dass die antirussische Paranoiaepidemie, die derzeit die westliche Welt im Griff hat, möglichst rasch überwunden wird, ehe irreversibler Schaden in den Beziehungen zwischen den Völkern des Ostens und des Westens entsteht.
Quelle: RT