Nach dem Abzug russischer Offiziere aus dem gemeinsamen Zentrum für Kontrolle und Koordinierung der Waffenruhe im Donbass hat Angela Merkel mit Wladimir Putin telefoniert. Professor Alexander Gusew bemängelt in einem Sputnik-Interview die verspätete Reaktion der Bundeskanzlerin.
Merkel hätte sich für die Lage der russischen Offiziere interessieren sollen, als sie noch vor Ort waren, sagte der Direktor des russischen Instituts für strategische Planung, Doktor der Rechts- und Staatswissenschaften, Professor Alexander Gusew.
„Die russischen Offiziere (…) sind bereits abgezogen. Merkels Interesse kann man als einen Stein betrachten, der gegen ein abfahrendes Schiff geworfen wurde – davon bleiben nur noch Ringe auf der Wasseroberfläche“, so Gusew. „Sie hätte ihr Interesse dann zeigen sollen, als unsere Offiziere noch dort waren, als sie stets erpresst wurden, unter Militärbegleitung im Gleichschritt in die Kantine gehen mussten, als ihr Zugang zu den Zivilisten beschränkt wurde.“
Vor dem Hintergrund der politischen Krise habe die Bundeskanzlerin zudem zu wenige Ressourcen, um die Situation zu beeinflussen. „Angela Merkel bleibt zwar eine charismatische Politikerin, ihr Potential ist aber ausgeschöpft“, so der Professor. Deswegen seien ihre Einflussmöglichkeiten auch ziemlich begrenzt.
Der Experte äußerte jedoch die Zuversicht, dass die Bundeskanzlerin bald mit dem ukrainischen Präsidenten telefonieren und ihn dabei tadeln werde. „Dabei wird es aber ganz sicher auch bleiben. Petro Poroschenko ist sich im Klaren, in welcher Lage sich Merkel derzeit befindet. Deswegen wird das für ihn wie Wasser für gesottenen Fisch sein. Er wird keine besonderen Schlüsse daraus ziehen“, ist sich der Professor sicher.
Bei ihrem Telefonat mit Putin am Donnerstag hatte sich Merkel für die Ursachen des Abzugs russischer Offiziere aus dem Donbass interessiert.
Daraufhin hatte der russische Präsident erläutert, dass die ukrainische Regierung eine Zeit lang durch diverse Beschränkungen und Provokationen die Präsenz russischer Militärs und die Umsetzung ihrer Pflichten behindert hätte. Darüber hinaus habe die ukrainische Seite auf die wiederholten Vorschläge zur Regelung der entstandenen inakzeptablen Lage nicht reagiert.
Am Dienstag war berichtet worden, dass alle russischen und ukrainischen Offiziere aus dem gemeinsamen Zentrum für Kontrolle und Koordinierung der Waffenruhe im Donbass erfolgreich die Berührungslinie überquert hätten. Laut dem Sprecher der selbsternannten Donezker Volksrepublik Russlan Jakubow war der Abzug der russischen Offiziere erzwungen und aus diesem Grund vorzeitig.
Quelle: Sputnik