Ukraine wird Panzerabwehrland – US-Waffenlieferungen verändern Balance im Donbass

Die ukrainischen Anhänger einer gewaltsamen „Lösung“ des Donbass-Problems haben ein neues Argument bekommen, schreibt die Zeitung „Kommersant“ am Montag.

Das US-Außenministerium hat nämlich die Absicht des Weißen Hauses zur Versorgung Kiews mit „tödlichen Waffen“ bestätigt, unter anderem mit Anti-Panzer-Raketenkomplexen Javelin. Das sagte die Sprecherin des Auswärtigen Amtes, Heather Nauert. Nach ihren Worten geht es dabei nicht um eine Verletzung der Minsker Vereinbarungen, denn Kiew werde nur „Defensivwaffen“ bekommen.

Zuvor hatte Präsident Donald Trump den Haushalt des US-Verteidigungsministeriums für das Finanzjahr 2018 signiert, der militärische Hilfen für Kiew in Höhe von 350 Millionen Dollar vorsieht.

Die Ukraine darf mit großkalibrigen Scharfschützengewehren Barrett M107A1, Munition und Ersatzteilen für 41,5 Millionen Dollar sowie mit Raketenkomplexen Javelin für 47 Millionen Dollar rechnen.

Formell können die Lieferungen nach der offiziellen Zustimmung des Kongresses beginnen. Daran, dass die Gesetzgeber zustimmen, gibt es keine Zweifel, denn seit dem Ausbruch des Ukraine-Konflikts war die Initiative zur Aufrüstung Kiews ausgerechnet vom Kongress ausgegangen. Dagegen hatte sich die frühere Administration Barack Obamas gewehrt, der Angst hatte, dass die Waffenlieferungen an die Ukraine die USA in den Donbass-Konflikt verwickeln würden. Sein Nachfolger Trump hat aber am Ende ausgerechnet den Kongress unterstützt.

Kein Wunder ist also, dass die Entscheidung des Staatschefs von einem der wichtigsten Lobbyisten Kiews am Capitol, Senator John McCain, sofort unterstützt wurde. Diese Entscheidung nannte er „verspätet, aber äußerst wichtig“.

In Kiew wurden die jüngsten Nachrichten aus Übersee mit Euphorie aufgenommen. „Die US-Waffen sind nicht für Angriffe bestimmt, sondern für den Widerstand gegen den Aggressor, für die Verteidigung der ukrainischen Soldaten und Einwohner sowie für die effiziente Selbstverteidigung“, schrieb der ukrainische Präsident Petro Poroschenko auf Facebook.

„Die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine wird jetzt größer. Und die Kräfte, die sich nicht auf unserem Territorium aufhalten sollten, werden jetzt begreifen, dass sie erstens weggehen müssen und zweitens Mariupol nie bekommen und die provisorisch okkupierten Gebiete wieder Kiew überlassen müssen“, sagte der ukrainische Politologe Viktor Ukolow.

Es gibt in Kiew aber auch Skeptiker. „Bei der Entscheidung der Administration Donald Trumps zu den Javelin-Lieferungen geht es um einen moralischen Sieg der Ukraine. Aber die Kräftebalance im Donezbecken wird sich grundsätzlich nicht verändern“, warnte ein Abgeordneter der Werchowna Rada (ukrainisches Parlament), der anonym bleiben wollte. „Wir sollten weder Euphorie noch Illusionen haben. Sollte im Südosten ein großer Krieg beginnen, sollte sich Russland entscheiden, daran ernsthaft teilzunehmen, werden uns die Javelin-Waffen gar nicht helfen.“

Auch der ukrainische Verteidigungsminister Stepan Poltorak sprach sich eher zurückhaltend aus. Er hatte noch vor zwei Wochen gewarnt:

„Bei uns redet man viel über die Javelin-Komplexe. Aber lassen Sie uns rechnen, was sie kosten. Könnten wir mit unserem Haushalt diese Waffen bedienen und unsere Militärs entsprechend ausbilden? Die Ukraine sollte ihre eigene Rüstungsindustrie entwickeln, ihre eigenen Raketen, Panzer sowie Anti-Panzer- und Luftabwehrwaffen bauen. Die Ukraine sollte zunächst ihre eigenen Verteidigungsmöglichkeiten nutzen und nicht auf ausländische ‚tödliche Waffen‘ warten.“

Moskaus Reaktion auf Washingtons Entscheidung war logischerweise negativ. „Das wird die Nationalisten, die zur gewaltsamen ‚Lösung‘ des Donbass-Problems neigen, aufmuntern“, sagte der Sprecher des russischen Präsidenten, Dmitri Peskow. Auch Vizeaußenminister Grigori Karassin zeigte sich überzeugt, dass die US-Waffenlieferungen „den kriegerischen Flügel in Kiew anspornen und das ‚gewaltsame‘ Szenario fördern würden“.

„Kiew sieht seine strategische Aufgabe darin, die USA möglichst in den Konflikt in der Ostukraine zu involvieren. Wenn Kiew ‚tödliche Waffen‘ bekommt, könnte es versuchen, auch die Frage von US-Instrukteuren in der Ukraine aufzuwerfen, die den ukrainischen Soldaten den Umgang mit dieser Technik beibringen sollen“, sagte der Generaldirektor des Russischen Rats für internationale Beziehungen, Andrej Kortunow.

Quelle: Sputnik

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