Estnische Präsidentin zieht samt Kanzlei in «Russen-Enklave» um

Die estnische Präsidentin Kersti Kaljulaid hat angekündigt, für einen Monat in die Stadt Narwa an der russischen Grenze umzuziehen. Obwohl das knapp 60.000 Einwohner zählende Narwa auf estnischem Boden liegt, gehören rund 96 Prozent der Bevölkerung der russischsprachigen Minderheit an. Viele von ihnen werden als „Nicht-Bürger“ diskriminiert.

In einem Interview mit dem Sender ETV+ sagte Kaljulaid, sie würde samt Kanzlei nach Narwa umziehen, sobald dort das neue Theatergebäude Vaba Lava fertig gebaut sein werde. Die Bauarbeiten auf dem Gelände der ehemaligen sowjetischen Gerätefabrik Baltijez waren am 19. Dezember 2017 angelaufen. Das neue Theater soll am 17. November kommenden Jahres seine Pforte öffnen.

Mit dem Umzug wolle sie zeigen, „dass die estnische Gesellschaft in Narwa präsent ist und diese Stadt zu schätzen weiß“, sagte die estnische Präsidentin. „Ich liebe Narwa sehr. Der Vater meines Halbbruders ist dort aufgewachsen.“

Kaljulaid (47) ist seit Oktober 2016 estnische Staatspräsidentin. Ihr Interview soll am Samstag ausgestrahlt werden. Estnische Medien haben bereits Auszüge veröffentlicht.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 wurde in dem unabhängig gewordenen Estland hunderttausenden Menschen, überwiegend Russen, die Einbürgerung verweigert. Die Nicht-Bürger sind der wichtigsten Bürgerrechte beraubt. Für sie gelten zahlreiche diskriminierende Beschränkungen und Verbote. Im heutigen Estland leben etwa 1,3 Millionen Menschen. Rund ein Viertel sind ethnische Russen.

Quelle: Sputnik