Gasexport an Ukraine vorbei: Norwegen will Russland bei Bau von Nord Stream helfen

Dass die Pipeline Nord Stream 2 gebaut wird, steht inzwischen außer Frage. Den Teilnehmern des Projektes, vor allem dem russischen Energiekonzern Gazprom, ist es gelungen, das norwegische Unternehmen Kvaerner auf ihre Seite zu ziehen.

Die Beteiligung dieser Firma, die zu 30 Prozent der Regierung des Landes gehört, löste Kiews Zorn aus, denn die erfolgreiche Umsetzung von Nord Stream 2 wird bedeuten, dass der Gastransit, mit dem die Regierung in Kiew sehr rechnet, höchstwahrscheinlich in Zukunft an der Ukraine vorbeigehen wird.

Kiew bemüht sich schon seit mehreren Jahren um die Behinderung des Nord-Stream-2-Baus. 2017 war es ihm gelungen, die EU-Kommission auf seine Seite zu ziehen. Auf Russlands Seite steht in diesem geopolitischen Streit aber Deutschland, dessen wirtschaftliche und auch politische Kreise für den Gastransport durch die Ostsee plädieren. Dadurch könnte Berlin, wie auch die anderen Europäer, die Risiken vermeiden, die mit dem Gastransit durch die Ukraine verbunden sind.

Für die Verlegung des neuen Nord-Stream-Strangs sind ziemlich komplizierte technologische Lösungen nötig. Gazprom mangelt es an Entwicklungen für den Pipelinebau am Schelf. Wegen der geringen eigenen Infrastruktur muss der Energieriese auf Dienste ausländischer Auftragnehmer zurückgreifen.

„Heute müssen wir in vieler Hinsicht bei null anfangen. Die alten sowjetischen Technologien sind inzwischen verlorengegangen“, sagte der Öl- und Gasexperte Valeri Nesterow gegenüber RIA Novosti. „Vor einigen Jahren wurden viele Bohranlagen so gut wie ausverkauft, und aktuell liegt unsere Abhängigkeit von ausländischen Technologien manchmal bei 90 Prozent, wenn es um den Pipelinebau am Schelf geht.“

Die Einigung mit Kvaerner ist nach Auffassung des Experten ein großer Erfolg für die russische Seite. Das norwegische Unternehmen bietet Nord Stream 2 sein Know-how und wird diverse Arbeiten bei St. Petersburg und Wyborg (Gebiet Leningrad) übernehmen. Die Skandinavier sollen versprochen haben, auch russische Subauftragnehmer heranzuziehen.

Der Vertrag der Nord Stream 2 AG mit Kvaerner soll dem Projekt einen zusätzlichen politischen Impuls verleihen.

„Es ist wichtig, dass Kvaerner ein sehr bekanntes Unternehmen mit tadellosem Image ist, wenn es um Bauarbeiten auf hoher See geht“, so Experte Nesterow weiter. „Es ist bekannt für den Bau von Bohrinseln, auf die viele Vertreter der Ölbranche aus den Ostseeländern stolz sind.“

Auch aus rein psychologischer Sicht sei die Teilnahme des Branchenführers sehr nützlich für Nord Stream 2. Denn ein in den USA im vergangenen Jahr verabschiedetes Gesetz untersagt es Unternehmen aus verschiedenen Ländern, sich an russischen Energieprojekten intensiv zu beteiligen. Die norwegischen Behörden zeigen aber, dass sie keine Angst vor möglichen US-Sanktionen haben.

„Der wirtschaftliche Aspekt ist immerhin vorrangig wichtig, und die Politik sollte sich ihm anpassen“, sagte der Ökonom Sergej Pikin bezüglich der Entscheidung von Kvaerner. „Nord Stream 2 ist nun einmal ein spezifisches Projekt: Es wird auf dem Territorium der EU umgesetzt, und es ist logisch, dass sich daran europäische Auftragnehmer beteiligen werden. Denn russische Unternehmen haben keine Genehmigung für Arbeiten in der EU. In dieser Situation ist die Allianz mit westlichen Firmen durchaus natürlich“, so der Branchenkenner.

Das sieht auch die Gazprom-Führung ein, die schon vor längerer Zeit mehrere führende westeuropäische Unternehmen auf ihre Seite gezogen hat, unter anderem OMV (Österreich) und Engie (Frankreich). Nach der Verhängung der neuen US-Sanktionen schienen die milliardenschweren Investitionen der Europäer auf der Kippe zu stehen. Es ist also kein Wunder, dass die deutsche Politik sich intensiv für Nord Stream 2 einsetzt. Im Sommer 2017 forderten der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel und der österreichische Kanzler Christian Kern die USA auf, sich in solche Aspekte wie Energiesicherheit der EU nicht einzumischen, die mit ihnen nichts zu tun haben.

Und der Ukraine bleibt jetzt nichts weiter übrig, als auf politischen Druck auf Russland zu setzen. Die EU bzw. einige Länder, in deren Hoheitsgewässern die neue Pipeline gebaut wird, stellen die Umweltsicherheit des Nord-Stream-2-Projektes infrage.

„Die Firma Kvaerner bemüht sich immer, die Risiken für Menschen und die Umwelt zu minimieren“, sagte ein Unternehmenssprecher. „Auch unsere Partner aus der Nord Stream 2 AG legen viel Wert auf die Gesundheit und Sicherheit der Menschen und der Umwelt.“

Quelle: Sputnik