Trump muss sich am heutigen Freitag entscheiden, ob er das UN-Atomabkommen mit Iran unilateral und gegen den Willen fast aller seiner Verbündeten kippt. Zuletzt durchgesickerte Gerüchte deuten jedoch auf einen Aufschub dieses Schrittes hin.
von Rainer Rupp
Am heutigen Freitag muss US-Präsident Donald Trump entscheiden, ob ein Teil der US-Sanktionen gegen den Iran, die im Rahmen des UNO-Nuklearabkommens temporär aufgehoben worden waren, wieder — und diesmal unilateral — in Kraft gesetzt werden sollen. Zugleich soll am Freitag die Entscheidung darüber fallen, ob neue, zusätzliche Sanktionen gegen das Land verhängt werden oder ob die Entscheidung darüber verschoben werden soll. Diese sind im Gespräch wegen Irans ballistischer Raketentests, wegen seiner angeblichen Terrorismusunterstützung — u. a. in Form von Hilfe für die Hisbollah im Libanon — und seiner Menschenrechtsverletzungen.
Politisch käme die Wiederinkraftsetzung oder Einführung neuer und schärferer US-Sanktionen einer einseitigen Kündigung des auch von den USA unterzeichneten UNO-Nuklearabkommens mit Teheran aus dem Jahre 2015 gleich. Damit würde auch die Position Nordkoreas bestärkt, das fest darauf beharrt, dass man den US-Amerikanern nicht trauen kann und dass deren Unterschrift unter Verträgen nicht einmal das Papier wert sei, auf dem sie steht.
An einem Ausstieg der Amerikaner aus dem UNO-Nuklearabkommen hat aus ökonomischen und politischen Gründen so gut wie kein mit den USA verbündeter Staat Interesse, mit Ausnahme Israels und den Befürwortern einer interventionistischen Außenpolitik im direkten Umfeld von Trump. Letztere setzen sich aus neokonservativen und so genannten linksliberalen Falken in der Republikanischen und Demokratischen Partei zusammen. Allerdings stoßen diese Gruppen wiederum auf den Widerstand einer anderen starken Fraktion des außenpolitischen Establishments der USA.
Mehrere Wege führen zum Regime-Change
Die Kritiker des extrem aggressiven Kurses der Washingtoner Falken arbeiten auf den Regimewechsel in Teheran hin, aber wollen diesen mit mittel- bis langfristigen, so genannten diplomatischen Maßnahmen erreichen, was ihrer Meinung nach weniger Risiken für die eigenen US-Interessen birgt. Damit sind jedoch nicht die klassischen Instrumente der Diplomatie gemeint, denn an ein Verhandeln auf Augenhöhe und an Weiterverhandeln, bis man zu einem für beiden Seiten akzeptablen Ergebnis kommen, denkt niemand, erst recht nicht der ehemalige CIA-Direktor John Brennan, der sich aktuell lautstark für diesen Weg einsetzt.
In Washington, vor allem aber in den US-Geheimdiensten redet man gerne über die neuen «diplomatischen» Instrumente der USA, die bereits in vielen Ländern der Welt mit großem Erfolg eingesetzt worden sind. Nur böse Zungen bezeichnen diese Methoden als «hybride Kriegsführung». Dabei wird mithilfe systematischer und langfristig angelegter Desorientierung, Aushöhlung und Destabilisierung einer Gesellschaft, u. a. über so genannte Soziale Medien, ein Informationskrieg geführt, dessen Waffen sich hauptsächlich aus falschen Nachrichten, Fake-Fotos und manipulierten Videos zusammensetzen und die nicht selten mit gelungenen Regimewechseln in den betroffenen Ländern zum gewünschten Chaos geführt haben.
Aber diese Methode braucht Zeit, weshalb die Falken in Washington und Israels Regierung ungeduldig sind. Sie fürchten ein weiteres Schrumpfen des US-Einflusses im Nahen Osten und wollen noch vorher einen schnellen Regime-Change in Teheran umsetzen. Deshalb soll jede sich bietende Gelegenheiten ausgenützt und notfalls das Ende der Islamischen Republik Iran mit Waffengewalt von innen und von außen erzwungen werden. Vor diesem Kurs warnte nun ausgerechnet der bereits erwähnte Ex-CIA-Direktor Brennan am 3. Januar dieses Jahres in einer öffentlichen und weit verbreiteten Twitter-Nachricht.
CIA und Think Tanks bevorzugen Stärkung Rohanis
Zum einen hat darin Brennan Präsident Trump wegen dessen jüngster, verbaler Angriffe gegen die politische Führung in Teheran scharf kritisiert. Im gleichen Atemzug hat er die gesamte Trump-Regierung zum anderen wegen ihrer Torpedierung des Nuklearabkommens und wegen ihrer lautstark verkündeten Unterstützung der vielen kleinen Gruppen verurteilt, die aus der Deckung der Massendemonstrationen gegen Sozialabbau heraus den Sturz der Regierung in Teheran gefordert haben. Denn auch der CIA ist klar, dass bei den armen, aber patriotischen Massen der iranischen Unterschicht die US-Forderung nach einem Regimewechsel keinen Widerhall findet, sondern eher die Unterstützung für das System stärkt.
Durch das forsche Vorpreschen Trumps und seiner Verbündeten gegen Teheran sei, so der Vorwurf Brennans, «eine Gelegenheit vertan» worden, um «die [westlich orientierten] Reformern im Iran [wie z. B. den westlichen Hoffnungsträger Präsident Hassan Rohani] zu stärken und einen friedlichen politischen Wandel zu fördern». Weiter schrieb Brennan in seiner Twitter-Nachricht unter Anspielung auf Trumps wilde Stellungnahmen:
Aggressives Gebrüll ist weder eine Strategie noch ein Mechanismus zur Ausübung der Macht und des Einflusses der Vereinigten Staaten.
Ganz auf Brennans Linie haben auch der Iran-Experte und hochrangige Mitarbeiter des einflussreichen US-amerikanischen Council on Foreign Relations, Ray Takeyh, zusammen mit drei prominent platzierten Iran-Experten in der US-Regierung reagiert. Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters beklagten sie, dass die Massenproteste im Iran vor allem den iranischen Präsidenten, den neo-liberalen «Reformer» Rohani untergraben hätten, während zugleich die Herrschaft der — vom US-Establishment am meisten gehassten — klerikalen Führer des Landes nicht bedroht sei.
Kein Konsens unter den Kongressabgeordneten
Laut Meldung der Nachrichtenagentur AP vom 10. Januar hat sich Trump nun — entgegen seinem öffentlichen Gepolter gegen Iran — angeblich für die Verlängerung der Aufhebung der Sanktionen entschieden. Der Grund für den plötzlichen Sinneswandel Trumps könnte darin liegen, dass der Streit über die Iran-Sanktionen quer durch beide Kongress-Parteien geht.
Da es noch am Mittwoch dieser Woche als höchst unwahrscheinlich galt, dass sich beide Parteien bis Freitag auf einen umfassenden Plan zur, wie es heißt, «Verbesserung des UNO-Iran-Abkommens» einigen würden, habe sich Trump entschieden, den Iran-Deal für die nächsten vier Monate nicht anzurühren, so AP unter Berufung auf Quellen im Weißen Haus. Diese berichten auch, dass es dem engsten Kreis von Trumps sicherheitspolitischen Kabinettsmitgliedern — Verteidigungsminister General a.D. James Mattis, Außenminister Rex Tillerson und seinem Nationalen Sicherheitsberater General a.D. Herbert McMaster – angeblich gelungen sei, den Präsidenten von diesem Aufschub zu überzeugen.
Falls Trump am Freitag den Aufschub seiner Entscheidung am Freitag tatsächlich verkünden sollte, ist allerdings zu erwarten, dass dies mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Paket kleiner, neuer Sanktionen gegen bestimmte iranische Unternehmen und politische Persönlichkeiten begleitet sein wird. Mit diesem Schachzug könnte Trump den politischen Druck der Hardliner zumindest teilweise neutralisieren und zugleich einen US-Frontalangriff gegen den zentralen Kompromiss des UNO-Atomabkommens vermeiden. Denn nicht nur China und Russland, sondern auch der Rest der US-Verbündeten — außer Israel — wollen dieses Abkommen erhalten, zumal sich Teheran bisher strikt an dieses gehalten hat. Denn für die meisten Länder des Westens und der gesamten Welt stellt dieses Abkommen den lang ersehnten Türöffner dar, um mit dem Iran wieder normalen Handel und andere wirtschaftliche Beziehungen aufzunehmen.
Quelle: RT