Die US-Presse sieht sich gerne als Instanz journalistischer Unabhängigkeit und Vertrauenswürdigkeit. Nun kritisiert ausgerechnet ein amerikanischer Professor im US-Journal The Nation amerikanische Leitmedien auf das Schärfste und wirft ihnen Verrat an den journalistischen Prinzipien, wie auch Washington einen Verrat an Moskau vor.
Der amerikanische Gelehrte und emeritierte Professor an der Princeton University und der New York University Stephen Cohen weist in seinem Artikel auf den „Missbrauch des Vertrauens“ hin, den sich US-Journalisten zunehmend leisten, wenn es um Themen über Russland geht.
Dies wäre vor allem an Artikeln über einen „neuen Kalten Krieg“ oder die angeblichen „russischen Angriffe“ auf die Demokratie sichtbar.
Nicht selten würden amerikanische Pressevertreter zu einer „selektiven Faktennutzung“ neigen und äußerst zweifelhafte Inhalte von sich geben.
„Wenn es um Russland geht, entscheidet The Times meistens politisch, was für die Publikation geeignet ist und was nicht“, erklärt der Professor.
Politischer Verrat Washingtons und journalistischer Verrat der US-Medien
So hätte beispielsweise im Jahr 2017 das Archiv der Nationalen Sicherheit an der George Washington University Dokumente veröffentlicht, die die Tatsache belegen, dass sowohl die USA als auch andere westlichen Staaten Moskau einst versprochen hätten, „nicht um einen Zentimeter“ die Nato nach Osten zu erweitern.
Was jedoch danach kam, ist laut Cohen bekannt: US-Präsident Bill Clinton hat den bis heute nicht vollendeten Prozess der Nato-Osterweiterung eingeleitet.
Das Bündnis sei seitdem bei der Zahl ihrer Mitgliedsstaaten um das Doppelte gewachsen und habe nun die westlichen Grenzen Russlands erreicht.
Dennoch hätten Nato-Anhänger lange Zeit behauptet, das Versprechen des Westens an Moskau über die Nicht-Erweiterung nach Osten hätte nie existiert und als „mythisch“ betitelt.
Die veröffentlichten Unterlagen des Archivs haben nun laut Cohen das Gegenteil bewiesen und den politischen Verrat Washingtons an Moskau offengelegt.
Doch der nächste Verrat – diesmal ein journalistischer an den eigenen Prinzipien – sei von US-Leitmedien gekommen.
Denn weder die New York Times noch die Washington Post, die „für sich den Status der wichtigsten, zuverlässigsten und unersetzlichsten politischen Zeitungen des Landes beanspruchen“, hätten auch nur eine Zeile über die offengelegten Dokumente veröffentlicht.
Cohen nennt hierfür auch den Grund:
Artikel über dieses brisante Thema „zerstören an der Wurzel ihre wichtigste und die allumfassende Legende, dass die alleinige Verantwortung für den neuen Kalten Krieg und alle damit verbundenen Konflikte und Gefahren bei Russland liegt.“
Die wichtigsten US-Medien würden stattdessen den bereits vorhandenen politischen Kurs gegenüber Moskau einfach weiterführen, ohne sich die Mühe zu machen, ihn zu überdenken.
Was die Journalisten der New York Times, der Washington Post oder auch anderer Medien also hier täten, sei eine offensichtliche „Vernachlässigung journalistischer Prinzipien“, unterstreicht Cohen abschließend.
Quelle: Sputnik