Laut einer britischen Denkfabrik schadet US-Präsident Donald Trump den transatlantischen Beziehungen. Doch dieser Effekt werde nicht über dessen Amtszeit hinaus anhalten. Langfristig sei das enge Verhältnis zwischen den USA und Europa aber dennoch in Gefahr.
US-Präsident Donald Trump belastet das transatlantische Verhältnis. Allerdings nur kurzfristig – langfristig werden die Beziehungen zwischen den USA und Europa durch andere Faktoren bedroht. Zu diesem Schluss kommt die einflussreiche britische Denkfabrik Chatham House in einem Bericht, über dessen Inhalt vorab The Independent am Dienstag berichtete.
Demnach wird das Verhältnis langfristig vor allem durch den demographischen Wandel hüben wie drüben des „Großen Teiches“ untergraben. Zudem würden die transatlantischen Beziehungen unter einer Schwächung von Institutionen wie der NATO leiden. Der Bericht konstatiert die mit der Präsidentschaft Trumps einhergehende Verschlechterung der Beziehungen:
Angesichts dessen, dass die EU derzeit ihren Blick nach innen richtet und US-Präsident Trump seine Abneigung gegenüber einer Reihe gemeinsamer amerikanisch-europäischer Interessen zum Ausdruck gebracht hat – von der NATO bis zum Atomabkommen mit dem Iran, dem Pariser Klimaabkommen und der Entscheidung, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen –, steht die Fortsetzung einer engen transatlantischen Zusammenarbeit in Frage.
Das Zerwürfnis werde aber keinen nachhallenden Effekt über das Ende von Trumps Amtszeit hinaus haben, so die Prognose der Denkfabrik. Es gebe „keinen Grund zu der Annahme, dass die Folgen für die grundlegenden Interessen der transatlantischen Beziehungen tiefgreifend und nachhaltig sein werden.“ Vielmehr sei es der demographische Wandel, der diese Beziehungen bedrohe. Dazu heißt es:
Die Zunahme lateinamerikanischer und asiatischer Gruppen in den USA und in geringerem Maße der Zuwachs der Bevölkerung aus dem Nahen Osten in Europa werden wahrscheinlich dazu führen, dass die USA und Europa hinsichtlich ihrer regionalen Interessen und ihres Blickwinkels weiterhin auseinander divergieren.
NATO nicht mehr zeitgemäß – USA unverzichtbar
Neben dem demographischen Faktor werde der Niedergang der transatlantischen Beziehungen durch den Bedeutungsverlust internationaler Institutionen und Abkommen befördert. Organisationen wie die NATO, die Internationale Atomenergie-Organisation oder auch der Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen seien kaum geeignet, die heutigen Herausforderungen zu meistern. „Mit abnehmender Relevanz wird ihre Funktion als Hebel der transatlantischen Zusammenarbeit geschwächt“, so die Analyse.
Der Bericht des Think Tanks wurde von Xenia Wickett verfasst. Die Britin ist die Direktorin der Amerika-Projektgruppe im Chatham House. Gleichzeitig ist sie Dekan der Queen Elizabeth II Akademie für Führungskräfte in Internationalen Beziehungen. Wickett hält die USA für die „unentbehrliche Nation“ zur Lösung globaler Probleme. Die Vereinigten Staaten seien „die einzige wirklich global agierende Nation“, schrieb sie ein Jahr vor Trumps Sieg bei den Präsidentschaftswahlen. Vor allem das US-Militär „sucht seinesgleichen“, so Wickett, die auch gleich Beispiele für die unverzichtbare Rolle des US-Militärs anführt:
Bei der Bekämpfung herkömmlicher Sicherheitsgefahren stellt das US-Militär nach wie vor wertvolle Ressourcen. Großbritannien und Frankreich konnten im Jahr 2011 ihre Operationen in Libyen nur mit US-Unterstützung durchführen, die von Geheimdiensttätigkeit über Munitionsbeschaffung bis hin zum strategischen Lufttransport reichte. Unentbehrlich ist das amerikanische Militär auch im Bereich unkonventioneller Sicherheitsgefährdungen, etwa bei den Luftangriffen gegen den Islamischen Staat.
Quelle: RT