Im Kosovo ist der bekannte serbische Politiker Oliver Ivanovic getötet worden. Belgrad bezeichnete den Mord als Terroranschlag und stellte den Dialog mit Pristina ein, schreibt die Zeitung „Kommersant“ am Mittwoch.
Allerdings meinen Experten in der Region, dass die Spannungen in den serbisch-albanischen Beziehungen nicht lange andauern werden und an der Normalisierung zwischen Serbien und dem Kosovo festgehalten wird.
Oliver Ivanovic war zwar kein wichtiger Politiker auf dem Balkan, galt im Kosovo aber als selbstständige politische Figur, die weder von Belgrad noch von Pristina abhängig war.
Zu den serbischen Behörden hatte er in den letzten Jahren kein besonders gutes Verhältnis. Anscheinend auch aus dem Grund, dass seine Partei Hauptrivale der „Serbischen Liste“ war, auf die Belgrad setzte. Wie er selbst sagte, wurden seine Parteikollegen vor den Wahlen unter massiven Druck gesetzt und viele wechselten zur proserbischen Partei. Als er den Wunsch aussprach, für den Posten des Bürgermeisters des kosovarischen Mitrovica zu kandidieren, setzten Unbekannte sein Auto in Brand.
Nicht einfach waren auch seine Beziehungen mit den Behörden in Pristina, obwohl er fast der einzige serbische Politiker war, der fließend Albanisch sprach. Selbst albanische Radikale warfen ihm nie die Beteiligung an Kriegsverbrechen während des serbisch-albanischen bewaffneten Konfliktes gegen Ende der 1990er Jahre vor. Anfang 2014 wurde Ivanovic wegen „Organisierung von Misshandlungen und Morden an Albaner in Mitrovica 1990 und 2000“ festgenommen. Nach drei Jahren Haft wurde er im Sommer des vergangenen Jahres freigelassen.
Ivanovic hatte offenbar auch viele Feinde in Mitrovica. Er sagte offen, dass der serbische Norden des Kosovo sich in eine „graue Zone“ verwandelt hätte, wo Schmuggel, illegaler Handel und Kriminalität blühten. „Das Volk hat hier immense Angst, seine Sicherheit ist bedroht. Die Menschen haben dabei keine Angst vor den Albanern, sondern vor den Serben – Kriminellen, die mit Geländewagen ohne Kennzeichen fahren“, sagte Ivanovic im Herbst im Interview mit der Belgrader Zeitung „Vreme“. „Drogen werden an jeder Ecke verkauft. So etwas gab es auch früher, aber nicht in dem Ausmaß. Die Polizei reagiert überhaupt nicht, obwohl dort im Norden alle unsere Leute Serben sind, einige sind erfahrene Polizisten, die im Innenministerium Serbiens arbeiteten.“
In diesem Zusammenhang ist die Erklärung des Präsidenten Serbiens, Alexandar Vucic, interessant: Der Mörder von Ivanovic sei kein Serbe, auch wenn er einen serbischen Namen tragen würde.
„Ivanovic war ein unbequemer Politiker, er soll viele genervt haben“, sagte ein Bekannter von Ivanovic, der ihn seit mehr als 25 Jahre kannte. „Ihm wurde das mehrmals zu verstehen gegeben. Vor genau vier Jahren, am 16. Januar 2014, wurde unter ähnlichen rätselhaften Umständen sein Patenonkel getötet. Doch er nutzte trotzdem nie eine Leibwache“, sagte er.
Nach dem Mord an Ivanovic berief Vucic eine Sondersitzung des Sicherheitsrats ein und bezeichnete den Vorfall als Terroranschlag. Kurz zuvor erklärte Belgrad die Einstellung des Dialogs mit Pristina, den eine serbische und albanische Delegation in Brüssel führen. Allerdings meinen westliche diplomatische Quellen auf dem Balkan, dass die Spannungen nicht lange andauern würden und Belgrad am Kurs auf die Normalisierung der Beziehungen zum Kosovo festhalten werde, weil davon die Zukunft der EU-Integration Serbiens abhänge.
Quelle: Sputnik