Was der ukrainische Präsident Poroschenko im Osten der Ukraine braucht, sind „schleppend verlaufende Kämpfe“, sagt Bogdan Bespalko, Mitglied des russischen Präsidialrates für zwischenethnische Beziehungen. Ein Einfrieren des Konflikts käme dem Kiewer Machthaber demnach ebenso ungelegen wie ein offener Krieg.
Kurze heftige Zusammenstöße, auch militärische Verluste – das ist das, was Poroschenko wirklich gebrauchen könne: „Das würde große Rüstungsausgaben rechtfertigen und es ermöglichen, die internationale Gemeinschaft um Hilfe zu bitten“, erklärt der Experte im Gespräch mit dem Portal „rueconomics“. „Auf so einen Konflikt kann man dann alle wirtschafts-sozialen Probleme des Landes schieben und nebenbei Steuererhöhungen durchsetzen.“
Was wäre denn, wenn der Konflikt eingefroren würde? „Den ukrainischen Soldaten wird man dann erklären müssen, warum sie eigentlich noch an der Grenze zum Donbass stationiert sind.“ Die Militärs könnten dann auf die Idee kommen, dass die Lösung bestimmter Probleme – „die räuberische Erhöhung der Gas- und Stromtarife zum Beispiel“ – in Kiew zu suchen sei.
Von einem offenen und intensiven Krieg hätte Poroschenko aber auch nichts, erklärt der Analyst:
„Es besteht das Risiko, dass die ukrainische Armee den Krieg gegen die Donbass-Volkswehr verliert. Massive Kampfhandlungen würden auch zeigen, dass Kiew am Frieden gar nicht interessiert ist – und darauf müsste die internationale Gemeinschaft wiederrum reagieren.“
Auch im neuen Jahr – zumindest bis zu den Präsidentschaftswahlen in der Ukraine – werde Poroschenko den derzeit „schleppend verlaufenden Konflikt“ aufrechterhalten, sagte Bespalko: „Das hilft, die Wähler zu mobilisieren. Da reicht es dann, eine weitere Armeeeinheit in den Tod zu schicken und dem ganzen Land eine schwere Niederlage zu präsentieren, um danach Russland lauthals Aggression und Okkupation vorzuwerfen.“ So versammele man Wähler hinter dem Staatschef.
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte indes letzte Woche erklärt, es wäre unzureichend, den Konflikt im Osten der Ukraine einzufrieren. Russland sei an einer Lösung interessiert – jedoch an einer Lösung, die die Menschen in den Gebieten nicht beunruhigen würde: „Russland wäre völlig damit zufrieden, wenn die Minsker Abkommen gänzlich umgesetzt würden.“
Zuvor hatte der russische Sonderbevollmächtigte in der Kontaktgruppe zur Regulierung der Lage in der Ukraine, Boris Gryslow, das Minsker Abkommen als ein „unteilbares und ganzheitliches Maßnahmenpaket“ bezeichnet und aufgefordert, alle Punkte dieser Abkommen „konsequent und exakt“ umzusetzen. Kiew hingegen handele so, dass es zum Einfrieren des Donbass-Konflikts kommen müsse, betonte der Unterhändler. Deswegen bestehe die russische Delegation darauf, „alle Erklärungen, Vorschläge und überhaupt alle Aussagen“ bei den Arbeitstreffen der Kontaktgruppe zu protokollieren.
Solche Protokolle hätten den Sinn, dass man sie den Medien und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen könne – in Russland, in der Ukraine und im Westen, kommentiert der Experte Bespalko.
Dabei gibt es bereits unterzeichnete Dokumente, die Minsker Abkommen eben. Zu deren Umsetzung aber sehe sich Kiew auch durch die Unterschrift nicht veranlasst: „Wir konnten ja sehen, wie die ukrainische Seite erst eine Waffenruhe zu Neujahr vorgeschlagen und diese dann nach wenigen Stunden selbst gebrochen hatte.“
Zusätzliche Protokolle würden daran kaum etwas ändern, sagt der Experte weiter. „Auch an der Position des Westens ändert sich dadurch nichts, der bislang einfach die Augen davor verschließt, dass die Ukraine ihre Verpflichtungen einfach nicht einhält.“
Quelle: Sputnik