Vier Jahre nach Maidan-Putsch: Ein Drittel der Ukrainer will auswandern

Die Mehrheit der Ukrainer teilt laut einer Umfrage zwar die Haltung der Regierenden zur Krim und zur Lage im Donbass, ist aber zugleich kritisch gegenüber dem eigenen Staat eingestellt, schreibt die „Nesawissimaja Gaseta“ am Dienstag.

Das wird damit begründet, dass sich die Ukraine vier Jahre nach der angekündigten EU-Integration nicht unbedingt weit von Russland entfernt habe, weil sie kein neues Staatssystem auf Basis der europäischen Werte habe schaffen können.

In einer Umfrage des ukrainischen Meinungsforschungsinstituts Rasumkow-Zentrum und der Stiftung „Demokratische Initiativen“ wurde den Befragten eine Liste mit zehn Begriffen vorgelegt. Man sollte bestimmen, mit welchen Begriffen sie Russland bzw. die Ukraine assoziieren.

Die Punkte „Aggression“, „Grausamkeit“, „Diktatur“ lösten angesichts der offiziellen Position Kiews bei den Befragten Assoziationen mit Russland aus. Mit der Ukraine werden diese Begriffe jeweils von 2,6, 3,4 und 4,1 Prozent der Ukrainer assoziiert. Ein solches Verhältnis hängt Experten zufolge mit dem Einfluss der Medien auf die gesellschaftliche Stimmung zusammen. In diesem Kontext werden regelmäßige Umfragen des Kiewer internationalen Meinungsforschungsinstituts über die Einstellung der Ukrainer gegenüber Russland erwähnt. Bis 2013 waren maximal freundschaftliche Stimmungen zu erkennen – 80 bis 90 Prozent der Ukrainer hatten ein positives Bild von Russland. Nach dem Krim-Referendum und dem Kriegsbeginn im Donbass sanken die Werte auf 52 Prozent. Dieser Rückgang war in erster Linie mit Nachrichten aus den Medien zu erklären.

Laut den Umfrageergebnissen schätzen die Ukrainer die Ergebnisse der vor vier Jahren ausgerufenen EU-Integration nicht eindeutig ein. Der Begriff „Freiheit“ wird von 39,6 Prozent mit der Ukraine assoziiert. Bei „Gerechtigkeit“ sind es 24,5 Prozent, bei „Achtung der Menschenrechte“ — 20,6 Prozent, bei „Stabilität“ — 12,1 Prozent. Dem Soziologen Witali Bala zufolge ist zu erkennen, dass die Ukrainer keine großen Ergebnisse der Veränderungen sehen, von denen ein aktiver Teil der Gesellschaft während des Maidans träumte.

„Zuvor wurden solche Zahlen angeführt: 70 bis 80 Prozent der Ukrainer meinen, dass sich das Land in die falsche Richtung entwickelt. Das heißt, dass es keine positiven Impulse gab“, sagte der Experte. Die Enttäuschung in der Gesellschaft könnte durch einen Ausbruch von Aggression abgelöst werden. „Das ist sehr gefährlich für das Land, vor allem angesichts des Kriegs im Osten“, so Bala.

Experten weisen darauf hin, dass in der Ukraine viele Menschen auf gepackten Koffern sitzen würden. Entsprechende Umfragen aus dem vergangenen Jahr (Meinungsforschungsgruppe Rating, Research&Branding Group) zeigten, dass ein Drittel der Ukrainer in erfolgreichere und stabilere Länder auswandern will. Am stärksten ist der Auswanderungswunsch unter jungen Leuten im Alter bis zu 30 Jahren vertreten. 53 Prozent von dieser Alterskategorie sind bereit, das Land zu verlassen.

Laut Umfragen sind die Hauptgründe der Auswanderungsstimmung der Wunsch der Ukrainer, ihre Lebensbedingungen zu verbessern (64 Prozent), eine bessere Zukunft für ihre Kinder (34 Prozent), kein guter Job in der Ukraine (23 Prozent). Nach Angaben der Meinungsforschungsgruppe Rating träumen die Ukrainer, die im Ausland arbeiten wollen, vom Umzug nach Deutschland (37 Prozent), Polen (26 Prozent), in die USA (22 Prozent), Kanada (21 Prozent), Tschechien (16 Prozent), Italien (15 Prozent), Großbritannien (14 Prozent). Russland wurde von sechs Prozent der Ukrainer gewählt.

Quelle: Sputnik

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