Medien: Gericht lässt die Vollstreckung in Compact-Webseite per Pfändungsbeschluss zu

 

In Deutschland verklagt ein Journalist einen anderen Journalist und beantragt die Vollstreckung in die Domain der Webseite. Der Journalist Richard Gutjahr streitet sich mit dem Chefredakteur des Compact-Magazins Jürgen Elsässer vor Gericht aufgrund der Berichterstattung über ihn. Um die Kosten in Höhe von 1400 Euro einzutreiben, die ihm im Rahmen einer stattgegebenen einstweiligen Verfügung entstanden sind, erwirkte er einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, den er auszugsweise twitterte.

 

Die Kosten wurden nach Angaben von Compact-Chef Elsässer bereits beglichen. Gleichwohl reagierte die Gegenseite noch nicht auf die Aufforderung der Compact-Anwältin die Vollstreckung einzustellen, weswegen man die Lage nach wie vor als «kritisch» betrachtet. Hintergrund ist ein zivilgerichtliches Hauptsacheverfahren, über das noch nicht entschieden wurde.

«Man muss sich auch immer vergegenwärtigen, dass COMPACT dem Begehr der einstweiligen Verfügung durch die Löschung bestimmter Online-Artikel in kürzester Frist, bereits im März 2017, nachgekommen ist. Offen war nur noch die Zahlung der entsprechenden Kosten, die Gutjahr im übrigen auch wieder an uns zurückzahlen müsste, falls er in diesem Rechtsstreit unterliegen sollte….», schreibt Elsässer auf seinem Blog.

Während die Leitmedien eher wohlwollend über das Vorgehen von Gutjahr berichten, sieht der Compact-Chef einen «Angriff auf die Pressefreiheit» darin.

«Die Pfändung von Domains gilt mittlerweile als üblich. Vor allem für Unternehmen haben die Webadressen einen hohen Wert und werden entsprechend gehandelt. Die Werte für die teuersten Domains der Welt bewegen sich im hohen ein- bis zweistelligen Millionenbereich», schreibt der deutsche Branchendienst Meedia, spricht aber vorweg lediglich von einem «Achtungserfolg» Gutjahrs.

Bislang ist aber ein solches Vorgehen gegen ein journalistisches Portal in dieser Form in Deutschland bislang noch nicht bekannt.

«Zur Eintreibung eines kaum vierstelligen Betrages wird die Konfiskation einer Webseite zugelassen, die die Existenz eines Unternehmens mit über 20 Mitarbeitern sichert. Und: Die Kosten aus der einstweiligen Verfügung werden mit drakonischen Mitteln eingetrieben, obwohl weder über die einstweilige Verfügung noch über das Hauptsacheverfahren eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt. Das Tüpfelchen aufs i: Es gab noch nicht einmal eine Zahlungsaufforderung an COMPACT – stattdessen gleich der Pfändungsvorstoß. Damit ist ganz offensichtlich: Hier geht es nicht um die Begleichung von Kosten, sondern um Existenzvernichtung», so Elsässer über die Eintreibung.

Auch über den Inhalt des Verfahrens gibt es widersprüchliche Angaben, wie Elsässer schreibt:

Was den Kern des Streits angeht, behauptet der etablierte Branchendienst Meedia: „In Artikeln über Gutjahr hatte COMPACT nahegelegt, er habe beim Terroranschlag in Nizza wie auch beim Amoklauf im Olympia-Einkaufszentrum in München über Vorwissen verfügt.“ Diese Behauptung ist falsch und Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits. Wir hatten überhaupt nichts „nahegelegt“, sondern lediglich über das Vorgehen Gutjahrs gegen den Buchautor Gerhard Wisnewski und den Kopp-Verlag berichtet, die in dem Jahrbuch „verheimlicht – vertuscht – vergessen 2017“ Fragen zu den Vorgängen gestellt hatten und deswegen vor den Kadi gezerrt worden waren. Wenn schon das nicht mehr möglich ist, ist die Pressefreiheit Makulatur und der Rechtsstaat geschreddert.