Russische Banker warnen die USA vor Schwarzen Listen: «Sanktionen sind Krieg»

Der Chef der zweitgrößten russischen Bank WTB, Andrej Kostin, hat vor der wachsenden Gefahr eines militärischen Konflikts in Europa gewarnt. Der Hintergrund seiner Sorge sind die geplanten US-Sanktionen gegen die russische Wirtschaftselite.

Sollten die USA weitere Wirtschaftssanktionen gegen Russland verhängen, werde das ein Akt der «Kriegserklärung» sein, sagte der Chef der mehrheitlich staatseigenen russischen Außenhandelsbank WTB, Andrej Kostin:

Ich sehe keinen Grund, warum der russische Botschafter danach noch in Washington bleiben oder der US-Botschafter im kalten Wasser in Moskau baden sollte», so Kostin am Rande des Weltwirtschaftsforums, das vom 23. Januar bis zum 26. Januar im schweizerischen Davos stattfindet.

Wie der Top-Banker ferner betonte, beginnt derzeit eine neue Etappe des Wettrüstens:

Die NATO fordert mehr Waffen und verbreitet große Mengen davon in Europa. Russland wird darauf in ähnlicher Weise antworten.

Wenn diese Situation auch nicht zu einem Atomkrieg führen werde, werde sie doch zumindest die Beziehungen zwischen Russland und den USA weiter beeinträchtigen, behauptet Kostin.

«Verrückt und illegal»

Darüber hinaus nannte Kostin die Einführung von individuellen Sanktionen gegen russische Geschäftsleute wegen deren Freundschaft mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin «verrückt». Putin ist der rechtmäßig gewählte Präsident eines großen Landes, und «Sanktionen, die auf dem Prinzip der Freundschaft verhängt werden, sind eine Verrücktheit. Etwas anderes kann ich nicht sagen», unterstrich Kostin. Außerdem seien sie rechtswidrig:

Sie verursachen in den Beziehungen zu den Vereinigten Staaten und allgemein in der Weltpolitik enorme Schäden. Wir erkennen diese Sanktionen nicht an, weil sie illegal sind», sagte er.

Sanktionen als subtile Art des Wahlhackings

Die Andeutung von Kostin, die Botschafter könnten abberufen werden, sei kein verbaler Alleingang eines Bankers, schreibt Russland-Experte Reinhard Lauterbach in der Zeitung junge Welt. Die russische Geldelite sei wegen geplanter neuer Sanktionen gegen «staatsnahe» Unternehmen besorgt. Manche, wie Michail Fridman, der Chef der Alfa-Bank, kündigten beispielsweise bereits an, sich aus der Finanzierung der russischen Rüstungsindustrie zurückzuziehen.

Auch wenn die russischen Vorkehrungen bezüglich der Schaffung eines von den USA unabhängigen Zahlungssystems noch nicht ausgereift zu sein scheinen, könnten die US-Amerikaner ihre Ziele — vor allem die Abwendung der russischen Magnaten von Präsident Wladimir Putin — trotzdem verfehlen. Nach dem Misserfolg der Proteste des US-freundlichen Antikorruptionsblogger Alexej Nawalny setzen die US-Amerikaner nun offenbar verstärkt auf die russische Oligarchenkaste. Sie sollen für das bestraft werden, was die USA von Unternehmen im eigenen Land als selbstverständlich einfordern: Loyalität zur eigenen politischen Führung, so Lauterbach.

Der russische Zuwachs an Goldreserven, die Umstellung des russisch-chinesischen Handels auf Nationalwährungen einerseits und der Rückzug russischer Privatvermögen aus den USA und Großbritannien andererseits zeigen, dass die US-Amerikaner womöglich ihre Ziele auch auf diese Weise verfehlen. Das russische Kapital wandert nach Kontinentaleuropa ab, was sich beispielsweise auf dem Immobilienmarkt in Berlin, Frankfurt und München bemerkbar macht, oder kehrt gänzlich in die alte Heimat zurück. Die russische Nationalbank hat vermeldet, dass die ausländischen Direktinvestitionen in der Russischen Föderation 2017 auf 17,5 Milliarden US-Dollar gestiegen sind: Es handelt sich größtenteils um russisches Schwarzgeld aus zyprischen Banken. Dieser Akt einer stillen Selbstamnestie sei nun über ein neu eingeführtes Finanzinstrument, die «anonyme Staatsanleihe», möglich.

Russland trifft umfassende Vorkehrungen gegen Sanktionen 

Wie weit die neuen US-Sanktionen gegen Russlands Finanzelite tatsächlich greifen und inwieweit sie gegen diese gewappnet ist, ist allerdings noch nicht abzusehen. Aber wie unterschiedlich Kostin nach außen und nach ihnen auftritt, zeigt, dass man sich in Russland gegen die Sanktionen mit allen verfügbaren — auch rhetorischen — Mitteln abzusichern sucht. Während man dem Westen ein Kriegsszenario vor Augen führt und damit das Sicherheitsbedürfnis der Bürger der Weststaaten anspricht, zeigt man sich nach innen hin standhaft gelassen.

So sagte der WTB-Chef im Gespräch mit dem russischen Fernsehsender NTW, Russland sei an Gruselgeschichten über neue Sanktionen gewohnt:

Wie sind nicht die Burschen, denen solche Gruselgeschichten Angst machen könnten. Die erforderlichen Maßnahmen werden getroffen. Die Regierung hat vor kurzem über die Gründung einer Militärbank beraten, damit man über diese alle sanktionsgefährdeten Angelegenheiten, die mit der Betreuung von Kunden aus der Verteidigungsbranche zu tun haben, abwickeln kann.

Aber auch dem russischen Kanal sagte Kostin, dass Sanktionen die Welt «weit weniger sicher» machen würden, als sie es früher war.

Quelle: RT