Montenegro will Fake-News ahnden – nach Nato-Standard

Wer die Missstände in Montenegro anprangert, soll einen Maulkorb verpasst bekommen – mit anderen Worten: Die Regierung in Podgorica versuche, die Zensur einzuführen, sagen Experten im Sputnik-Gespräch.

Was die Experten derart drastisch bewerten, ist eine Gesetzesinitiative der Demokratischen Sozialistenpartei DPS, die in Montenegro die Regierung stellt. Laut dem Gesetzentwurf sollen Medien für „die Verbreitung von Desinformation“ bestraft werden – und zwar gemäß den „Erfahrungen europäischer Staaten und Nato-Mitglieder“, heißt es in dem Dokument.

„Das ist ein Versuch, all diejenigen mundtot zu machen, die den schlimmen Zustand unserer Gesellschaft thematisieren“, sagt der Journalist Marko Vesovic. Zu beanstanden gebe es in Montenegro indes eine ganze Menge: „Organisierte Kriminalität, Korruption, Vetternwirtschaft, die Abhängigkeit der Justiz.“

Es sei inzwischen soweit, dass bestimmte Verbrechen gar nicht aufgeklärt würden. Als Beispiel nennt der Journalist das Attentat auf Dusko Jovanovic, Chefredakteur einer Oppositionszeitung in Montenegro. Über 13 Jahre sei es her, dass er ermordet wurde, doch die Hintergründe der Tat seien immer noch nicht aufgeklärt, die Täter immer noch nicht ermittelt.

Die Regierungspartei DPS beschwichtigt aber: Die Gesetzesinitiative sei ja nur ein Appell an die Medien, ihre Beiträge aufmerksamer zu prüfen. Denn: „Viele Artikel stimmen mit zeitgemäßen europäischen Ansichten nicht überein, denen auch Montenegro folgt“, erklärte Halil Dukovic, Mitglied des DPS-Vorstands.

Gegen welche Medien konkret sich dieses Gesetz richten könnte, kann man daraus ableiten, dass eine solche Initiative ohne die Zustimmung von US-Vertretern in Montenegro wohl kaum eine Chance hätte.

So hatte ein Vertreter des US-Außenministeriums, Brian Hoyt Yee, im November letzten Jahres erklärt, russische Medien würden in Montenegro Misstrauen gegen staatliche Institutionen schüren, die den Putschversuch untersuchen, den angeblich Moskau organisiert habe.

Der Oppositionspolitiker Marko Kovacevic von der Partei „Neue Serbische Demokratie“ (NOVA) betont: „Die Regierungsinitiative zielt nur darauf ab, die Medien unter die Kontrolle der Regierung zu stellen“, sagte er im Sputnik-Interview.

Und was den „Nato-Standard“ anbelange, da gebe es bereits ein gutes Beispiel: „Einst hat die Allianz in den Medien behauptet, gegen Jugoslawien sei gar keine Aggression erfolgt, sondern es habe sich um eine Friedensmission gehandelt. Wir können also jetzt schon sicher sein, wie dieses Gesetz in der Praxis funktionieren wird, wenn es einmal angenommen ist“, so der Oppositionelle.

Quelle: Sputnik