Orbán besucht Wien: Grenzschutz ganz oben auf der Agenda

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán reist am Dienstag zu einem Arbeitsbesuch nach Wien. Beratungen mit seinem österreichischen Amtskollegen Sebastian Kurz (ÖVP) zu zahlreichen Themen im Bereich Europapolitik, vor allem zum Grenzschutz, stehen an.

Der rechtskonservative ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán besucht morgen die österreichische Hauptstadt. Auf dem Programm stehen Gespräche mit seinem österreichischen Amtskollegen Sebastian Kurz (ÖVP) sowie mit dem FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Da es sich um ein «informelles Treffen» handelt – wie es aus Orbáns Umfeld heißt – wird es keine Pressekonferenz im Anschluss an die Gespräche zweier Regierungschefs geben. Wie österreichische Medien berichten, soll das Hauptthema auch nicht die Situation der bilateralen Beziehungen sein, sondern die Europapolitik. Migration steht ganz oben auf der Liste.

Die neue Wiener Regierung agiert in der Flüchtlingsfrage auf der gleichen Linie wie der Gast aus Budapest: Der konservative 31-jährige Bundeskanzler der Alpenrepublik lehnt eine Flüchtlingsverteilung per Quote über die ganze EU ab und unterstützt damit die so genannten Visegrád-Staaten Ungarn, Polen, Tschechien und Slowakei. Kurz setzt stattdessen auf die Stärkung eines europäischen Grenzschutzes. Man sei sich einig darüber, dass der Grenzschutz der Schwerpunkt der europäischen Migrationspolitik sein müsse, «aber wie das genau aussehen soll», darüber müsse man reden, hieß es in Budapest.

Orbán: «Unsere Länder wollen keine Einwanderungsländer werden»

Zum Besuch nach Österreich kommt Orbán mit einer klaren Botschaft, die er bereits am vergangenen Freitag beim in Budapest abgehaltenen Gipfeltreffen der so genannten Visegrad-Gruppe verkündet hatte. Die östlichen Regierungschefs bekräftigten nochmals ihre strikte Ablehnung von verpflichtenden EU-Quoten zur Verteilung von Asylbewerbern.

Grundsätzlich sollten die europäischen Gremien keine Themen aufwerfen, über die kein Konsens besteht», sagte der slowakische Ministerpräsident Robert Fico. «Unsere Länder wollen keine Einwanderungsländer werden», sekundierte Orbán nach dem Treffen.

Gegen Ungarn, Polen und Tschechien hat die EU-Kommission deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

Bei Beratungen zwischen Wien und Budapest soll es auch um einen gemeinsamen EU-Finanzminister und eigene EU-Steuern gehen, aber auch einige weitere heikle Themen stehen auf der Agenda. Österreichs Regierung plant die Familienbeihilfe für in Österreich lebende Ausländer, deren Kinder in der Heimat leben, zu kürzen bzw. an die Lebenserhaltungskosten im jeweiligen Land anzupassen.

Kernkraft und Kinderbeihilfe als Streitpunkte

Ungarn wäre von der geplanten Maßnahme ökonomisch am stärksten betroffen. Im Jahr 2016 betrug die Summe an österreichischer Familienbeihilfe für die fast 39.000 betroffenen Kinder rund 80 Mio. Euro. Ungarn soll mit einer EU-Klage gegen Österreich gedroht haben.

Ein weiteres Konflikt-Thema wird der geplante Ausbau des ungarischen AKW Paks sein. Orbáns Regierung will das südungarische Atomkraftwerk mithilfe eines Zehn-Milliarden-Dollar-Kredits aus Russland ausbauen. Zwei neue Reaktoren sollen entstehen. Die Kurz-Regierung hat bereits rechtliche Schritte angekündigt. In Österreich gilt seit dem knappen Nein in einem Referendum gegen die Inbetriebnahme des bereits fertig gebauten Kernkraftwerks in Zwentendorf im Jahr 1978 eine grundsätzliche Ablehnung der Atomkraft als politischer Konsens. Seither versuchen österreichische Politiker regelmäßig auch AKW-Projekte von Nachbarländern in Grenznähe zu verhindern.