Rede zur Lage der Nation: Wichtig ist, was Trump nicht gesagt hat

Trumps Rede ist inzwischen lang und breit analysiert worden. Einen neuen Kalten Krieg mit China und Russland habe Trump in seiner Rede angekündigt, lautet ein oft gehörter Vorwurf. Das Gegenteil ist der Fall, hört man genau auf das, was Trump nicht gesagt hat.


von Rainer Rupp/RT

US-Präsident Donald Trumps Rede zur Lage der Nation» («State of the Union» — SOTU) hat in den Mainstream-Medien die erwarteten Reaktionen ausgelöst. Im Grunde genommen wäre es ganz egal gewesen, was der den elitären Globalisierern verhasste Präsident gesagt hätte, sie hätten seine SOTU-Rede so oder so verrissen, er sei denn, er hätte einem Land den Krieg erklärt oder Präsident Assad in Damaskus bombardiert. In letzterem Fall hätten die Eliten des «Tiefen Staats» und ihre Konzernmedien ganz sicher Trumps SOTU-Rede als «wahrhaft präsidial» über den grünen Klee gepriesen. Aber so?

Reflexartig dichten die notorischen Trump-Hasser aus dem linksliberalen Spektrum dem 45. US-Präsidenten einen Rückfall in den Kalten Krieg an, weil er angeblich Russland und China wieder als «Feindstaaten» deklariert hat. Damit wird jedoch wohlweislich ein total falsches Bild vermittelt. Denn erstens ist die Übersetzung falsch und zweitens ist der Text aus dem Gesamtzusammenhang gerissen. Zu diesem Zusammenhang gehört nämlich auch das, was Trump im Unterschied zu seinen «präsidialen», kriegstreibenden Vorgängern nicht gesagt hat!

Obama: Leadership mit drei Bomben pro Stunde

Dazu werfen wir kurz einen Blick auf die SOTUs von 2016 und 2017 von Trumps unmittelbarem Vorgänger. Der von linksliberalen Gutmenschen auch hierzulande immer noch verehrte Obama hatte einen historischen Rekord aufgestellt. Während seiner Amtszeit präsidierte er über sieben Kriege (Afghanistan, Irak, Libyen, Pakistan, Somalia, Syrien und Jemen), mehr als jeder andere US-Präsident zuvor. Bei einer solchen hervorragenden Leistung für die Eliten des Tiefen Staates der westlichen Unwertegemeinschaft von NATO und EU ist es natürlich selbstverständlich, dass der Gute bereits fast im Voraus mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurde und auch bei Frau Merkel immer noch gern gesehener Gast ist.

In seiner SOTU-Rede von 2015 und 2016 spricht Obama, der in seiner Amtszeit für den Abwurf von 26.000 Bomben — im Schnitt also drei pro Stunde — verantwortlich ist, vier Mal von US-«Leadership», also vom globalen Führungsanspruch der USA von Lateinamerika über Afrika und Europa bis hin nach Asien. Von US-Leadership oder von der einzigartigen Stellung der USA als «unverzichtbare Nation» — ein Mantra aller früheren US-Präsidenten — findet sich in Trumps SOTU hingegen nichts.

In seinen beiden letzten SOTUs fabuliert Friedenspreisträger Obama zudem von «Herrn Putins Aggression» und davon, dass sich Amerika «der russischen Aggression widersetzen, die ukrainische Demokratie unterstützen und unsere NATO-Bündnispartner beruhigen» muss:

Wir demonstrieren die Macht der amerikanischen Stärke und Diplomatie. Wir halten an dem Grundsatz fest, dass größere Nationen die kleinen nicht schikanieren können. Letztes Jahr haben wir in harter Arbeit, gemeinsam mit unseren Verbündeten, Sanktionen verhängt und unsere Präsenz mit den Frontstaaten verstärkt.

Aha, Russland ist nicht nur Störenfried, es ist der Feind, denn anders kann man den Begriff «Frontstaaten» für die baltischen Staaten und Polen nicht verstehen.

TPP und TTIP sind mit Trump vom Tisch

Auch der Fortsetzung der neoliberalen Globalisierung rühmt sich Obama in seinen letzten SOTUs. Dort hebt er seine Rolle beim Schmieden der «Trans-Pacific Partnership» (TPP) hervor. Das ist das asiatische Pendant zum atlantischen TTIP. Beide Abkommen sollten die weitere Öffnung der Märkte bzw. die totale Abschaffung von Kontroll- und Überwachungsmechanismen derselben erreichen.

Unter anderem sollten die Regeln für Umwelt-, Gesundheits- und Arbeitsschutz den transnationalen Konzernen und privaten Gerichten über die Köpfe der nationalen Parlamente hinweg überlassen werden. Wie sehr Obama hier im Auftrag der US-Eliten handelt, geht auch aus folgendem SOTU-Zitat hervor: TPP zu unterstützen bedeutet demnach

Märkte öffnen, Arbeiter und Umwelt schützen und die amerikanische Führung in Asien voranbringen. Wenn wir TPP haben, dann kann China in dieser Region keine Regeln festlegen; wir machen es.

Präsident Trump hat unmittelbar nach seinem Amtsantritt TPP und damit auch TTIP noch rechtzeitig vor deren «Geburt» im Orkus verschwinden lassen. Heute spricht niemand mehr davon. In Trumps SOTU gibt es keine Referenz auf neoliberale Globalisierung oder globale Märkten. Dieses Lieblingsthema der Hüter der neoliberalen westlichen Weltordnung ist vom Tisch.

Konkurrenz belebt das Geschäft

Wie bereits eingangs erwähnt, gibt es aber auch eine gemeinsam gegen Russland und China gerichtete Aussage in Trumps SOTU-Rede und zwar in einem kurzen Nebensatz einer aus zwei Sätzen bestehenden Passage:

Überall auf der Welt begegnen wir Schurkenregimes, terroristischen Gruppen und Rivalen wie China und Russland, die unsere Interessen, unsere Wirtschaft und unsere Werte herausfordern. Angesichts dieser Gefahren wissen wir, dass Schwäche der sicherste Weg zum Konflikt ist, und unübertroffene Macht ist das sicherste Mittel unserer Verteidigung.

Diese Passage musste in den letzten Tagen in vielen Anti-Trump- und zugleich russophoben Medien als Begründung für die Behauptung herhalten, dass Trump nun einen neuen Kalten Krieg eingeleitet habe, weil er angeblich Russland und China als «Feindstaaten» deklariert habe. Das gibt diese Passage nun jedoch wirklich nicht her, egal wie oft man sie dreht und verzerrt. Denn der englische Begriff «rival» kann neben «Rivale» auf Deutsch sowohl Gegner und Feind als auch Konkurrent und Wettbewerber bedeuten. Im Unterschied zu Obamas SOTUs lässt sich in Trumps Text jedoch nirgendwo ein Wort über angebliche russische Aggressionen oder Sanktionen gegen Russland finden. Daher ist eine Übersetzung von «rival» als Feind im vorliegenden Kontext nicht zulässig, höchstens als Rivale, mit dem man in der Weltgemeinschaft in Konkurrenz um Interessen und Werte steht.

Russische Reaktion demonstrativ entspannt

Der zweite Satz dieser Passage: «Angesichts dieser Gefahren wissen wir, dass Schwäche der sicherste Weg zum Konflikt ist, und unübertroffene Macht ist das sicherste Mittel unserer Verteidigung», gehört wiederum einfach zu jeder SOTU-Rede dazu. Er ist ein alljährliches «Muss», wenn er auch nicht immer in genau denselben Worten erscheint. Und der Satz muss schließlich irgendwo im außenpolitischen Teil untergebracht werden.

Als Drohung gegen Russland und China lässt sich die Passage daher nicht werten. Davon zeugen auch die ziemlich beiläufigen russischen Reaktionen. Die Russen sind lediglich verärgert, dass sie in einem Atemzug mit «Schurkenregimes und terroristischen Gruppen» genannt werden. Aber die kleine Spitze gegen den Kreml sei dem SOTU-Redaktionsteam des Präsidenten gegönnt, denn es ist ihm offensichtlich gelungen, viele weitaus härtere Formulierungen gegen Moskau und China abzuwehren.

Quelle: RT