Kiew und der IWF: Mission impossible oder Trennung auf Ukrainisch

Ob Kiew weiter Geld vom IWF erhält, soll bis Ende dieser Woche feststehen. Die Auflagen, an die der Kredit für die Ukraine geknüpft ist, sind hart. Gaspreise zu erhöhen, ist etwa eine der Forderungen. Aber die Kiewer Machthaber würden ohnehin gern auf die nächste Überweisung des Währungsfonds verzichten.

Ein IWF-Team ist am vergangenen Montag in Kiew eingetroffen – zu Konsultationsgesprächen, wie es heißt. So harmlos ist diese Mission aber nicht: Die IWF-Berater sollen einen Bericht erstellen, anhand dessen die Chefs des Währungsfonds dann entscheiden, ob sie Kiew eine weitere Finanzspritze geben oder auch nicht.

Die ukrainische Führung und der Internationale Währungsfonds hatten im März 2015 vereinbart, dass Kiew im Laufe von vier Jahren mehrere Kredite im Umfang von insgesamt 17,5 Milliarden US-Dollar erhält. Bislang wurden 8,7 Milliarden in vier Raten gezahlt – eine weitere für Ende 2017 angesetzte Zahlung von 1,9 Milliarden Dollar hatte der IWF den Ukrainern verweigert.

Der Währungsfonds hat sein Hilfsprogramm für die Ukraine eingefroren, weil die Kiewer Machthaber eine ganze Reihe von Auflagen nicht erfüllt haben. Vor allem mit der Gründung eines Antikorruptionsgerichts lässt sich Kiew Zeit – auch mit der Anpassung der Gastarife an die Weltmarktpreise.

Der IWF hält diese Bedingungen für realisierbar, die ukrainische Regierung scheint aber offenbar anderer Meinung zu sein – mit einer weiteren Überweisung rechnen die Kiewer Machthaber jedenfalls nicht mehr: Der Vize-Vorstand der ukrainischen Notenbank, Dmitri Sologub, sagte, die nächste Zahlung sei im ersten Quartal dieses Jahres schon „aus technischen Gründen“ unwahrscheinlich.

Soll das heißen, die Kiewer Führung nimmt es gelassen hin, dass die Zahlung vom IWF wahrscheinlich wieder ausbleiben wird? Den ukrainischen Analysten Alexander Ochrimenko überrascht das nicht: Der Währungsfonds sei in der Ukraine „aus der Mode“ gekommen, sagte er im Gespräch mit „Sputnik“.

Man habe sich stillschweigend darauf verständigt, die Zusammenarbeit mit den Geldgebern einzustellen: „Wegen dieser kläglichen zwei Milliarden Dollar will niemand in der Regierung den Rest seiner Umfragewerte opfern“, so der Experte.

Stein des Anstoßes

Die USA und die EU fordern von der Ukraine seit Langem, ein Antikorruptionsgericht einzurichten. Daran knüpfen sie die Auszahlung der vereinbarten Kredite. Präsident Poroschenko sagte denn auch im Interview mit einer österreichischen Zeitung, das entsprechende Gesetz sei dem Parlament vorgelegt worden und werde in den kommenden Monaten verabschiedet.

Experten gehen jedoch davon aus, dass mit dem Gesetz – wenn überhaupt — erst nach den Präsidentschaftswahlen im März nächsten Jahres zu rechnen sei. Und ob es dann auch funktionieren werde, sei ungewiss.

„Dieses Gesetz ist in seiner jetzigen Form verfassungswidrig“, sagt der Analyst Ochrimenko. „Das heißt, die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse dieses neuen Gerichts könnte jederzeit angefochten werden.“

Auch die Anpassung der Gastarife will die ukrainische Führung offenbar so lange hinauszögern, wie es nur geht. Der ukrainische Regierungschef Wladimir Groisman habe es bislang geschafft, die Forderung des IWF ein halbes Jahr lang zu ignorieren, sagt der Energiemarktexperte Dmitri Marunitsch, Vize-Vorsitzender der Stiftung für Energiestrategien.

„Im März letzten Jahres hat das Regierungskabinett endlich einen Schlüssel erarbeitet, nach dem die Gaspreise für die ukrainische Bevölkerung berechnet werden sollen. Dieser Beschluss blieb jedoch nur auf dem Papier wirksam“, erklärt der Experte.

Dabei geht es ja um die Erfüllung von Vereinbarungen, die die ukrainische Regierung selbst eingegangen ist. Würden die ukrainischen Machthaber ihre eigenen Beschlüsse in die Tat umsetzen, wäre schon mal eine wichtige Voraussetzung gegeben, damit der IWF seine Zahlungen an die Ukraine wiederaufnehmen kann. Bis zum Ende der laufenden Heizsaison werden die Gaspreise für die ukrainischen Verbraucher jedenfalls nicht erhöht, wie es aussieht.

„Ob der IWF unter diesen Umständen seine Zusammenarbeit mit der Ukraine fortsetzen wird, ist deshalb eine rein politische Frage“, sagt der Energiemarktexperte Marunitsch.

Quelle: Sputnik