Neuer Kampfjet mit Auswirkungen für Deutschlands Nato-Rolle

Die geplante Entwicklung eines neuen deutsch-französischen Kampfjets wird Jahre in Anspruch nehmen. Die Tornado-Maschinen sind unterdessen schon ziemlich alt. Wie soll Deutschland das Warten auf das Novum überbrücken – und mit welchen strategischen Folgen?

Der russische Analyst Ilja Kramnik schreibt in einem Kommentar für die Zeitung „Iswestija“, der Anteil intakter Tornado-Jets sei in den letzten Jahren deutlich geschrumpft – manchmal sogar unter 50 Prozent. Eine logische Alternative sei der modernere Eurofighter Typhoon. Dieser habe jedoch im Vergleich zum Tornado weniger Waffen-Optionen – beispielsweise trage er keine taktischen Atomwaffen.

Großbritannien und Italien beschlossen, wie Kramnik erläutert, F-35B-Jäger aus US-amerikanischer Produktion zu kaufen: „Deutschland, das beim US-Projekt nicht als Co-Entwickler oder Co-Hersteller mitgewirkt hatte, musste entscheiden: Entweder die F-35-Kampfjets bei den USA kaufen oder selbst eine neue Maschine entwickeln.“

„Dabei ist man sich in Berlin darüber im Klaren, dass Deutschland die Entwicklung eines neuen Kampfjets im Alleingang kaum wird meistern können – nicht so sehr wegen finanzieller Begrenzungen, sondern wegen des Defizits an Fachkräften und eigenen Know-hows, die bei einem solchen Projekt erforderlich sind“, so Kramnik.

Aber auch Frankreich habe ähnliche Probleme. Mit dem Ausdienen der älteren Kampfjets aus den Zeiten des Kalten Krieges werde die Rafale für sie alle einspringen müssen, wobei sie vor allem darauf zugeschnitten sei, eine Luftüberlegenheit zu gewinnen, hieß es.

Vor diesem Hintergrund kündigten Angela Merkel und Emmanuel Macron, wie Kramnik weiter schreibt, die gemeinsame Entwicklung eines neuartigen Kampfjets an: „Vorerst befindet sich das Projekt jedoch in seiner frühesten Phase, bei der es darum geht, die Anforderungen an das Flugzeug zu bestimmen und das Konzept der Plattform zu präzisieren. Im Hinblick auf die militärtechnischen Entwicklungsfristen, die für das geeinte Europa der letzten 40 Jahre üblich sind, bedeutet dies, dass die Serienproduktion der neuen Maschine kaum vor Mitte der 2030er Jahre beginnen wird.“

Der Analyst vermutet, dass Deutschland wahrscheinlich doch eine gewisse Zahl von F-35-Maschinen werde kaufen müssen, um das Warten auf die eigene Neuentwicklung zu überbrücken. Eine mögliche Alternative dazu sei eine Tornado-Modernisierung, die allerdings auch nicht gerade billig sein würde.

Man könne auch über das Tornado-Problem einfach hinwegschauen:

„Einerseits droht dies mit einem deutlichen Rückgang von Deutschlands Möglichkeiten im Rahmen der nuklearen Abschreckungs-Strategie der Nato. Andererseits sollte sich vor allem Washington über solch erhabene Sachen den Kopf zerbrechen. Möglicherweise werden ausgerechnet die USA letztendlich für die weitere Luftwaffen-Kampffähigkeit ihrer maßgeblichen europäischen Verbündeten blechen müssen.“

„Erst Jahre später wird klar sein, worauf dieser oder jener Entschluss hinausläuft. Dessen strategische Bedeutung könnte sich aber als viel tiefer erweisen: Im Grunde genommen geht es doch darum, ob Deutschland die Rolle eines selbständigen Akteurs bevorzugt, dessen Entscheidungen die Verteidigungsfähigkeit der Nato bestimmen, oder aber einer Führungsrolle der USA in der Allianz zustimmt“, schreibt Kramnik.

Quelle: Sputnik

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