Anti-Russland-Kampagnen sind zu einem lukrativen Geschäft geworden. In den letzten Jahren sind die Einnahmen von Think Tanks geradezu explodiert. Aber wer finanziert diese Organisationen, wer arbeitet für sie und was sind ihre tatsächlichen Ziele?
von Bryan MacDonald und Florian Warweg
Um es gleich zu Beginn klarzustellen: Der Begriff «Think Tank» ist lediglich ein netterer Ausdruck für «Lobbygruppe». Von wenigen Ausnahmen abgesehen, dienen Think Tanks dazu, den Agenden ihrer Geldgeber zu entsprechen und diese zu fördern.
Vor allem in den Vereinigten Staaten ist das Feld zunehmend fragwürdig und unaufrichtig geworden, dort schmücken sich Lobbyisten mit akademisch klingenden Titeln wie «Senior Non-Resident Fellow» oder «Junior Adjunct Fellow» und dergleichen mehr. Diese Nebelwand dient in der Regel dazu, die wirklichen Ziele zu vernebeln.
Think Tanks stammen eigentlich aus dem Europa des Mittelalters. Um ganz genau zu sein, aus dem Frankreich des 9. Jahrhunderts. Aber die moderne amerikanische Bewegung orientiert sich an britischen Organisationen, die etwa ein Jahrtausend später das Licht erblickten, von denen viele, wie z. B. RUSI (1831), auch heute noch existieren. Das Konzept wurde von dem in Schottland geborenen Andrew Carnegie in die USA gebracht. Sein «Carnegie Endowment for International Peace» (1910) ist immer noch gut im Geschäft.
Doch der eigentliche Boom in der Think-Tank-Branche kam mit der Zeit der Globalisierung, mit einem 200-prozentigen Anstieg seit dem Jahr 1970. In den letzten Jahren sind die Denkfabriken zudem transnationaler geworden, mit ausländischen Staaten und Einzelpersonen, die diese sponsern.
Insbesondere boomen derzeit solche Think Tanks, die sich darauf konzentrieren, die «Bedrohung durch Russland» per Analysen und Kampagnen aufzubauschen. RT stellt die «renommiertesten» Think Tanks und deren Mitarbeiter vor und beleuchtet deren Finanzierung.
Atlantic Council
Gegründet: 1961
Der Atlantic Council (AC) ist im Wesentlichen der akademische Flügel der NATO. Die Denkfabrik dient dazu, Menschen, die für die Agenda der Organisation nützlich sind, in ganz Europa und Nordamerika zu vernetzen. In den letzten Jahren hat sich die Rekrutierung jedoch zunehmend auf Mitarbeiter konzentriert, die Russland direkt angreifen, insbesondere auf Social Media.
Wer arbeitet für den Atlantic Council?
Die Liste der Lobbyisten des AC (Äh sorry, Fellows!) liest sich wie ein anti-russisches Telefonbuch:
- Dmitri Alperowitsch, der immer noch faktenfrei behauptet, dass Russland das DNC gehackt hat.
- Anders Aslund, der Russland schon mehrfach den bevorstehenden Zusammenbruch voraussagte und bisher immer grandios daneben lag.
- Joe Bidens «Russland-Hand», Michael Carpenter.
- Evelyn Farkas, eine fanatische Russophobe, die in der Obama-Regierung gedient hat.
- Ein weiterer interessanter Lobbyist des AC ist Eliot Higgins, ein selbsternannter «Geolokationsexperte», der Karriere auf der Basis von Spinnereien zu den Konflikten in der Ukraine und in Syrien gemacht hat, sich aber natürlich größtenteils desinteressiert zeigt, den Irak oder Jemen mit seiner Arbeit abzudecken, also Länder, in denen die USA und ihre Verbündeten involviert sind, in denen Russland aber kaum eine Rolle spielt.
- Nicht zu vergessen ist schließlich Michael Weiss von CNN, der selbsternannte «Russland-Analyst», der nach allem, was man hört, noch nie in Russland war und kein Wort Russisch sprechen kann.
Wer finanziert den Atlantic Council?
Der Atlantic Council hat eine ganze Reihe von ausgewählten Mäzenen zu bedienen. Die NATO selbst ist ein großer Geldgeber, zusammen mit den Militärunternehmen Saab, Lockheed Martin, Northrop Grumman, Boeing und der Raytheon Company, die alle von den verstärkten Spannungen mit Moskau profitieren. Auch das britische Außenministerium, der Ukrainische Weltkongress und das US-Außenministerium spritzen Geld in den Think Tank. Ein weiterer wichtiger Förderer ist das US-Militär mittels je separaten Beiträgen der Luftwaffe, der Marine, der Armee und des Marine Corps.
The Center for European Policy Analysis (CEPA)
Gegründet: 2005
Trotz seines Namens hat das CEPA seinen Hauptsitz in Washington, D.C. und nicht auf dem «alten Kontinent», aber es unterhält einen Außenposten in Warschau. Dieser Lobby-Club konzentriert sich speziell auf Mittel- und Osteuropa und wirbt dort für die Agenda der US-Armee und die etablierte US-Außenpolitik. In ihren eigenen Worten heißt dies dann:
Ziel ist die Schaffung eines Mittel- und Osteuropas mit engen und dauerhaften Beziehungen zu den Vereinigten Staaten.
CEPA ist ein Zuhause für Medienschaffende, die ihre Karriere dem Widerstand gegen Russland widmen. Sie wecken Spannungen, auch wenn diese eigentlich gar nicht existieren, vermutlich, um für ihre Sponsoren aus der US-Rüstungsindustrie Geschäfte zu ermöglichen. Zum Beispiel hat CEPA das vergangene Jahr damit verbracht, die «Bedrohung» durch die gemeinsamen Übungen von Russland und Weißrussland beim «Zapad»-Manöver zu hochzuspielen. Sogar eine unheimlich aussehende Countdown-Uhr lief prominent auf der Webseite, bevor das lang geplante Manöver begann.
Das CEPA übertrieb die Größe des Manövers massiv und behauptete, dass es sich um «die größte militärische Übung seit dem Ende des Kalten Krieges“ handeln würde. Alle Aussagen Moskaus über den tatsächlichen Umfang wurden als «Desinformation» abgetan.
Wer finanziert CEPA?
Während andere Denkfabriken zumindest versuchen, ihre Finanzierung halb-organisch aussehen zu lassen, scheint das CEPA keine Probleme mit seiner Rolle als Sprachrohr für Rüstungsunternehmen zu haben. FireEye, Lockheed Martin, Raytheon, Bell Helicopters und BAE-Systeme pumpen Gelder hinein, zu den Geldgebern gesellen sich zudem das US-Außen- und Verteidigungsministerium. Ein weiterer bemerkenswerter Zahlmeister ist das National Endowment for Democracy — ‘Regime-Change’-Experten, die sicher daran interessiert sind, dass das CEPA auch für Belarus zuständig ist. Die US-Mission bei der NATO und die NATO-interne «Abteilung für öffentliche Diplomatie» stellen ebenfalls Finanzmittel zur Verfügung.
German Marshall Fund of the United States
Gegründet: 1972
Lassen Sie sich nicht vom Namen täuschen, der German Marshall Fund (GMF) ist ein US-amerikanischer Think Tank mit wenig Input aus Berlin. Er wurde durch eine Spende der Bonner Regierung unter Willy Brandt anlässlich der Feierlichkeiten zum 25-jährigen Bestehen des Marshallplans gegründet. Ironischerweise wird Brandt heute vor allem als Vater einer Ostpolitik in Erinnerung gerufen, die eine Annäherung zwischen Deutschland und Russland anstrebte.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion verwandelte sich der GMF in ein Vehikel, das den Einfluss der USA in Osteuropa förderte, mit Vertretungen in Warschau, Belgrad und Bukarest. Aber in den letzten 12 Monaten hat GMF eine sehr merkwürdige Wandlung durchgemacht. Nach der Wahl von US-Präsident Donald Trump (ironischerweise ein Deutsch-Amerikaner) startete die Lobbygruppe das Projekt «Alliance for Securing Democracy» (Allianz zur Sicherung der Demokratie — ASD).
Im Mittelpunkt steht dabei das Hamilton 68 Dashboard, welches Nutzer von sozialen Medien, die den Konsens der liberalen US-Elite ablehnen, als «russische Trolle» klassifiziert. Die Reaktionen auf das neue Instrument von GMF waren äußerst kritisch, selbst von sonst dem Think Tank wohlgesonnener Seite.
Wer arbeitet für GMF?
Der GMF, vor allem durch sein neues ASD-Spielzeug, verfügt über eine hochkarätige Gruppe von Lobbyisten.
- Dazu gehört Toomas Ilves, ein in den USA aufgewachsener Sohn estnischer Emigranten, der einst im ehemaligen CIA-geleiteten Radio Free Europe die Sendungen zu Estland koordinierte und schließlich Präsident des Landes wurde.
- Mit an Bord ist auch Bill Kristol, bekannt als «Architekt des Irak-Krieges».
- Ebenso ist der ehemalige CIA-Direktor Michael Morrell Teil von GMF.
- Michael McFaul, ehemaliger US-Botschafter in Russland, der kürzlich verkündete, dass er sein Forschungsstipendium zu Russland aufgibt und «das Interesse an der Aufrechterhaltung meiner Fähigkeit, Russisch zu sprechen und zu schreiben, verloren hat», ist ein weiteres Teammitglied. Nachdem er in Obamas Team gedient hat, hat sich McFaul seit 2016 mit 280.000 Twitter-Anhängern, von denen 106.000 laut Twitter-Audit gefälscht sind, als Netzwerk-TV-Persönlichkeit neu erfunden.
And sorry that I am not responding in Russian. After being on the travel ban list to your country for 3 years, I have lost interest in maintaining my ability to speak/write Russian. You government seems to really fear me these days. странно и жалько https://t.co/8SRdSEvg5r
— Michael McFaul (@McFaul) 20 января 2018 г.
Wer finanziert GMF?
Die größten Geldgeber sind unter anderem das deutsche Auswärtige Amt (AA) und die Robert Bosch Stiftung, die jährlich jeweils einen siebenstelligen Betrag an GMF überweisen. Mindestens 500.000 US-Dollar kommen zudem von der ebenso mit deutschen Steuergeldern finanzierten Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ). Dies wirft natürlich einige Fragen auf. Wieso finanziert der deutsche Steuerzahler via AA und GIZ das Hamilton-68-Dashboard, welches Leute als «russische Agenten» denunziert, nur weil diese sich kritisch mit der Außenpolitik der USA und Westeuropas auseinandersetzen?
Weitere signifikante Geldmittel fließen aus dem US-Außenministerium, der NATO und dem lettischen Verteidigungsministerium in das Säckel von GMF. Weitere interessante Zahlmeister sind «Philanthrop» George Soros, Airbus, Google, Boeing und das allgegenwärtige US-Rüstungsunternehmen Raytheon.
Institute for the Study of War (Institut für Kriegsforschung – IFTSOW)
Gegründet: 2007
Diese Lobbygruppe könnte ebenso gut den Titel «Institut zur Förderung von Kriegen“ tragen. Im Gegensatz zu den zuvor genannten sieht IFTSOW Russland nicht als alleiniges und primäres Ziel, sondern zieht es vor, sich für mehr Konflikte im Nahen Osten einzusetzen. Der zunehmende Einfluss Moskaus in dieser Region, hat jedoch auch den Kreml ins Fadenkreuz des «Instituts» gerückt.
Die IFTSOW agitiert für immer mehr US-Aggressionen. Sie unterstützte den so genannten «Stromstoß» im Irak und hat ein stärkeres Engagement in Afghanistan angeregt. Weitere Schwerpunkte des IFTSOW sind Syrien, Libyen und Iran. Erst letzte Woche rief eine ihrer Lobbyisten, Jennifer Cafarella, das US-Militär dazu auf, Damaskus einzunehmen. Dies würde Washington in einen direkten Konflikt mit Russland und dem Iran bringen.
US occupation of Damascus — @TheStudyofWar seems to be calling for the US military to take Damascus and rebuild Syria. This seems the only «realistic» policy that could produce its demand to rid Syria of Assad’s government as well as Iranian and Russian influence. pic.twitter.com/nmSTkSzb5G
— Joshua Landis (@joshua_landis) 3 февраля 2018 г.
Wer arbeitet für IFTSOW?
- Kimberly Kagan ist der Kopf hinter dem Institut. Sie ist mit Frederick Kagan verheiratet, der zusammen mit seinem Bruder Robert Kagan in die Gruppe «Project for the New American Century» involviert war. Damit ist Kimberly die Schwägerin von Victoria «F**k the EU» Nuland.
- Eine weiterere Lobbyistin ist die Ukrainerin Natalia Bugayova, die am EuroMaidan-Putsch 2014 in Kiew beteiligt war. Zuvor arbeitete sie für die Kiew Post, eine explizit anti-russische Zeitung, die sich für die Interessen der USA in der Ukraine einsetzt.
- Die bekannteste Lobbyistin des IFTSOW war jedoch Elizabeth O’Bagy, die 2013 als «Syrien-Expertin» auftauchte und die US-Führung dazu aufforderte, schwere Waffen an syrische Rebellengruppen zu schicken. Sie behauptete, einen Doktortitel von der Georgetown University in Washington, D.C. zu haben, aber der war fiktiv — und sobald die Medien darauf eingingen, wurde sie vom IFTSOW entlassen. Nur zwei Wochen später wurde sie jedoch für ihre Täuschung belohnt und erhielt einen Job bei dem geradezu fanatisch russophoben Senator John McCain. O’Bagy hat auch intensiv mit Michael Weiss vom Atlantic Council zusammengearbeitet, was ein weiterer Beleg dafür ist, wie eng und inzestuös die Welt der anti-russischen Think Tanks in den USA ist.
Wer finanziert IFTSOW?
Vorhersagbar hat, wie auch bei fast allen anderen anti-russischen Think Tanks, der US-Rüstungskonzern Raytheon seine Brieftasche weit geöffnet. Daneben sind auch andere US-Militärunternehmen wie General Dynamics und DynCorp beteiligt. L3, das Dienstleistungen für das US-Verteidigungsministerium, das Heimatschutzministerium und die Geheimdienste der Regierung erbringt, ist ein weiterer Geldgeber neben Vencore, CACI und Mantech.
Quelle: RT