Dänemark sagt Parallelgesellschaften den Kampf an – mit einem 22-Punkte-Plan. Am Donnerstag präsentierten Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen und zahlreiche Minister seiner Regierung ein umfangreiches Maßnahmenpaket, mit dem verhindert werden soll, dass allzu viele Menschen mit Migrationshintergrund an einem Ort leben.
„Wenn Sie hier aufwachsen, haben Sie weniger Chancen im Leben, als wenn Sie woanders aufwachsen“, sagte Løkke Rasmussen bei der Pressekonferenz in der vergangenen Woche im Kopenhagener Mjølnerparken, einem der betroffenen Gebiete. „Die Ghettos müssen weg“, formulierte Rasmussen klar das Kernziel der Initiative. Der Maßnahmenplan mit dem diese Parallelgesellschaften aufgebrochen werden soll, teilt sich in fünf große Bereiche:
1. Neue Stadtplanung in Ghettos
Um die Bildung von Ghettos zu verhindern, sei eine Veränderung der Wohngebiete vonnöten. Das soll durch eine völlig neue Stadtplanung geschehen. „Mit Verkauf, Abriss und Umwandlung kann die Grundlage für die Entwicklung eines neuen und attraktiveren Stadtgebiets geschaffen werden, das in die Gesellschaft integriert ist“, schreibt die Regierung in ihrem Konzept. Dieser radikale Wandel solle vor allem in den Gebieten von Bedeutung sein, die seit Jahren von Arbeitslosigkeit und massiver Kriminalität betroffen sind. Bisherigen Einwohnern sollen im Falle eines Abrisses ihres Wohnblocks Angebote für Ersatzwohnungen und Umzugshilfen bereitgestellt werden.
2. Wohnungsbaugesellschaften in die Pflicht nehmen
Die Regierung schlägt den Kommunen vor, dass Wohnungssuchende nicht in „gefährdete Wohngebiete“ ziehen dürfen, wenn ein Mitglied der Familie für mindestens sechs Monate Integrationsleistungen, Arbeitslosen- oder Krankengeld erhalten hat.
Um eine Veränderung der Gesellschaftsstrukturen in Ghettos zu erreichen, sollen Kommunen und Wohnungsbaugesellschaften dazu verpflichtet werden, Mieter nach Beschäftigungs- und Bildungskriterien auszuwählen. So könnten beispielsweise Personen mit einer dauerhaften Verbindung zum Arbeitsmarkt, in Ausbildung und jene, die mindestens sechs Monate selbstständig sind, bevorzugt ausgewählt werden.
Die Regierung betont in ihrem Programm vor allem die wichtige Rolle der Kommunen. Sie seien der Schlüssel um Ziels, Ghettos verschwinden zu lassen, bis zum Jahr 2030 zu erreichen. Daher verspricht sie den Kommunen unter anderem Geldprämien, wenn es ihnen gelingt, mehr Migranten in Beschäftigungsverhältnisse zu bringen.
3. Höhere Polizeipräsenz und härtere Bestrafung von Kriminellen
Verstärkte Polizeipräsenz – vor allem in besonders gefährdeten Wohngebieten – und härtere Strafen sollen dafür sorgen, Verbrechen zu bekämpfen und mehr Sicherheit zu schaffen. Daher sollen Hot-Spots zu „verschärften Strafzonen“ erklärt werden. Hier können härtere Strafen für bestimmte Delikte ausgesprochen werden. Kriminellen soll der Wohnsitz in Ghettos verweigert werden können. Wer sich in seinem Wohngebiet strafbar gemacht habe, werde künftig schnell des Bereichs verwiesen. Wo die Kriminellen stattdessen untergebracht werden sollen, bleibt in dem Konzept offen.
4. Bessere Bildung der Kinder von Einwandererfamilien
Einwandererfamilien sollen dazu gezwungen werden, ihre Kinder in die Tagesbetreuung zu geben. Dabei werde künftig darauf geachtet, die Kinder gleichmäßiger auf Kindertagesstätten in der Stadt zu verteilen. Sprachtests sollen außerdem sicherstellen, dass sie Dänisch lernen.
Außerdem sollen die Kompetenzen der Gemeinden gestärkt werden, um zu erkennen, wenn Kinder durch Gewalt gefährdet sind.
5. Ghetto-Vertreter sollen Erfolge überwachen
Die Regierung betont, die Bemühungen zum Kampf gegen Parallelgesellschaften systematisch zu überwachen. Dazu schlägt sie die Ernennung von speziellen „Ghetto-Vertretern“ vor, die die Entwicklungen in den verschiedenen Wohngebieten verfolgen und bilanzieren.
Darüber hinaus werde die Regierung einen jährlichen Bericht erstellen, der einen Überblick über die erreichten Ziele und künftige Maßnahmen gibt. Außerdem will die Regierung einen jährlichen Gipfel zum Thema „Parallelgesellschaften“ abhalten – mit den relevanten Gemeinden und Stakeholdern in diesem Bereich. Ein erstes Treffen ist für Herbst 2018 geplant.
Für die Umsetzung der am Donnerstag vorgestellten Vorschläge braucht die Regierung aus Konservativen und Liberalen im Parlament die Unterstützung der Sozialdemokraten.
Quelle: Focus