EU-Parlamentarier recherchieren nach Journalistenmord in der Slowakei

Eine Delegation des EU-Parlaments zeigte sich tief betroffen von der politischen Krise in der Slowakei nach der Ermordung des Enthüllungsjournalisten Ján Kuciak. «Wir haben ein zutiefst gespaltenes Land vorgefunden, das nahezu traumatisiert ist», sagte die Co-Leiterin der Delegation Ingeborg Gräßle (CDU), die auch Vorsitzende des EU-Haushaltskontrollausschusses ist.

Sie habe vor allem einen großen Vertrauensverlust von Journalisten und Öffentlichkeit gegenüber den Staatsorganen festgestellt. Der EU-Kommission wolle sie empfehlen, Agrarförderprogramme nochmals zu überprüfen. Die Delegation hatte sich neben den wichtigsten Spitzenpolitikern des Landes auch mit Journalisten und Vertretern von Agrarinstitutionen und anderen Förderungsempfängern sowie NGO-Aktivisten getroffen. Ziel der Mission war es, mehr über die Hintergründe der Ermordung des Enthüllungsjournalisten Ján Kuciak zu erfahren. Die Arbeit sei aber noch nicht abgeschlossen, man müsse die gewonnenen Informationen noch verarbeiten und überprüfen.

Gräßle erklärte, sie verlasse sich trotz einiger Bedenken darauf, dass die slowakische Polizei und Justiz alles daransetzen, die Bluttat mit Unterstützung von Europol aufzuklären. Zweifel äußerte sie unter anderem daran, dass der sozialdemokratische Innenminister Robert Kaliňák noch für sein Amt geeignet sei, da auch er selbst unter Korruptionsverdacht stehe. Unverständnis äußerte sie darüber, dass offenbar sogar im Regierungsamt Personen beschäftigt wurden, die möglicherweise Kontakte zu einem Mafia-Netzwerk hatten.

Der 27 Jahre alte Journalist Kuciak und seine Verlobte Martina Kušnírová waren am Abend des 25. Februar in ihrem Haus im westslowakischen Dorf Veľká Mača tot aufgefunden worden. Sie waren nach Polizeiangaben etwa drei Tage zuvor durch Schüsse in Kopf und Brust getötet worden.

Kuciak hatte über die Verfilzung von Politik und Geschäftemacherei recherchiert. In seiner Untersuchung der sogenannten «Panama Papers» war er auf mögliche Verbindungen italienischer Mafia-Clans zu slowakischen Politikern und Regierungsmitarbeitern gestoßen. Seine unvollendete letzte Reportage dazu wurde nach seinem Tod in Medien veröffentlicht. Nach Kuciaks Recherchen soll das kriminelle Netzwerk auch durch den Missbrauch von EU-Förderungen reich geworden sein.

Quelle: RT