Cleverle Trump hat in seine Strafzoll-Systematik eine Verschärfungs-Automatik, die Reciprocal Tax, eingebaut. Er hofft auf möglichst scharfe Gegenreaktionen zu treffen, die den USA erweiterte Markt-Schutzmechanismen eröffnen.
Von Viribus Unitis/Contra Magazin
Dass Trump mit seinen Strafzöllen auch die EU trifft, liegt in der Natur der Sache. Dass die EU daraus ein so großes Thema macht, ist eher unverständlich. Die EU selbst hat umfangreiche Strafzölle laufen. Vor allem Stahl-Strafzölle sind bei der EU sehr exzessiv am Laufen. Stahl-Strafzölle gegen China, Russland, Brasilien und auch Indien, sowie andere – die EU nutzt ihre Stahl- Strafzoll-Möglichkeiten sehr exzessiv.
Nicht nur die Trump-USA haben Strafzölle gegen EU-Exportwaren in Kraft, auch andere Länder und Regionen haben EU-Waren mit Strafzöllen belegt, wie die EU-Trade-Defence auch offen darlegt.
Die Strategen in Washington haben diese Strafzölle nicht als Einzelteil geplant, sondern durch den Einbau einer Verschärfungsautomatik setzt man darauf, dass der Zollschutzwall, nun durch die Stahl- und Alu-Schutz- bzw. Strafzölle in seiner Basis errichtet, dass also dieser Basis-Schutzwall zum automatischen Aufbau weiterer Mauerteile führt. Das Mittel dazu ist die „Reciprocal-Tax“.
Die „Reciprocal Tax“, auch Spiegel-Steuer genannt, funktioniert nach folgendem Prinzip. Führt ein Staat – nennen wir ihn X-Land – eine Handelsbeschränkung auf eine US-Ware ein, also Produkt „Gemüsemesser“ aus den USA wird bei der Einfuhr in X- Land mit 20 Prozent Zoll besteuert, so führen die USA für dieses Produkt aus diesem X-Land die gleichen Zollstrafen ein. Also das Produkt „Gemüsemesser“, das aus X-Land kommt, wird auch bei der Einfuhr in die USA mit 20 Prozent Zoll belegt.
Trump und seine Handelsstrategen rechnen nun damit, dass viele Länder, vor allem die EU- Länder die dies ja schon angekündigt haben, mit harten Maßnahmen – also Strafzöllen – reagieren werden.
Harley Davidson: Paradefall für EU-Dummheit und Trump-Reciprocal-Tax-Wirksamkeit
Juncker meinte, man solle Strafzölle auf „Harley Davidson“-Motorräder aus den USA verhängen. Interessant ist, dass er keine Strafzölle auf US-Stahl vorschlägt, das hat einen einfachen Grund, die USA exportieren nach Europa mehr oder weniger gar keinen Stahl, weil dieser preislich nicht konkurrenzfähig ist.
Die EU hat die Harley Davidson-Stafzölle deshalb als Zentralpunkt genommen, weil es gewisse Personen persönlich treffen sollte – z. B. Paul Ryan, Republikaner und Chef des Repräsentantenhauses. Niemand hat sich mit Zahlen, Daten und Fakten beschäftigt, das war egal, man hat als Ziel gehabt, republikanische Politiker zu treffen – mehr nicht.
Die österreichische Zeitung „Der Standard“ dazu: Schmerzhaft können derartige Stiche dennoch sein – für einzelne Unternehmen wie Harley-Davidson und den Jeanshersteller Levi’s ebenso wie für die Politik. Denn die EU-Kommission hat die potenziellen Sanktionskandidaten nicht nach rein wirtschaftlichen Kriterien ausgesucht. Erstaunlich viele Hersteller sind in Bundesstaaten beheimatet, aus denen prominente republikanische Politiker stammen. Harley-Davidson hat seinen Sitz in Ryans Heimat Wisconsin, sein Pendant im Senat, Mitch McConnell, kommt aus Kentucky, wo viele der auf der Sanktionsliste stehenden Bourbons wie Jim Beam und Four Roses gebrannt werden.
Dass man sich in der EU nicht für Zahlen Daten oder Fakten interessierte, sieht man am Beispiel Levi Strauss. Man will Jeans die aus den USA kommen, mit Strafzoll belegen. Levi Strauss hat seine letzte Fabrik in den USA – sie war in Texas – im Jahr 2004 geschlossen. Aktuell bezieht das Unternehmen seine Produkte aus 45 verschiedenen Ländern – aber nicht aus den USA – von jeweiligen selbstständigen Produzenten. Die EU will Strafzölle für ein Produkt aus den USA verhängen, dass dort seit mehr als 10 Jahren nicht mehr hergestellt wird. Realsatire in Kabarett-Qualität, aber das ist genau die Arbeitsqualität der aktuellen EU-Akteure.
Mal angenommen, die EU würde nun auf Harley-Motorräder Import-Strafzölle verhängen. Dann würde sofort der Mechanismus der „Reciprocal-Tax“ in Kraft treten und sofort würden die gleichen Strafzölle auf Motorräder aus Europa, die in die USA importiert werden verhängt. Also – angenommen 20 Prozent Strafzoll für Harleys nach Europa, bedeutet auch 20 Prozent Strafzoll für Euro-Motorräder in die USA.
Aktuell haben die beiden Euro-Motorrad- hersteller BMW und VW-Audi-Ducati ca. 35-40 Prozent Marktanteil am US-Motorradmarkt – dem größten Motorradmarkt der Welt. Mit Import-Strafzöllen würde dieser Marktanteil sicherlich erheblich schrumpfen. Jedenfalls importieren die USA mehr Motorräder von Europa, als Harley nach Europa exportiert.
Trump und seine Akteure setzen nun darauf, dass vor allem in Europa politisch-emotionale Entscheidungen getroffen werden, ohne die realen Daten und Fakten die hinter den Einzelnen Produkten stehen zu analysieren.
Harley Davidson und Indian: Wenn aus Furcht doch noch Freud wird
Ryan wiederum hat zwischenzeitlich in einem Treffen mit Harley den Manager erklärt, dass mit der Reciprocal Tax möglicherweise für Harley in den USA größere Absatzchancen kommen, weil die Konkurrenz aus Europa mit der Reciprocal-Tax heftig am US-Markt unter Druck gesetzt wird. Harley könnte am Heimmarkt, den sie aktuell zu ca. 50 Prozent beherrscht, wegen der Strafzölle von den Euro-Marken Marktanteile gewinnen.
Und nicht nur Harley könnte Heimmarkt-Anteile gewinnen, auch Polaris-Indian, zweiter US-Motorradhersteller, US-Marktanteil aktuell 10-15 Prozent und stark steigend (vor allem auf Kosten von Harley), könnte am Euro-Marken-Marktanteil mitnaschen. Europa wird beim Motorrad-Poker mehr verlieren als gewinnen. Die USA werden in Summe gewinnen, Europa verlieren, und Trump hat damit sein Ziel erreicht.
Europas Motorradherstellern – nicht den Politikern – ist diese Situation durchaus bewusst. Sie haben bei der Politik schon ihre Bedenken platziert. Sie fürchten den Konter, weil sie 2016 Bikes und Komponenten um 623 Mio. Euro in die USA geliefert haben – fast ein Drittel der Gesamtausfuhren.
Harley hat in Europa einen Marktanteil von rund 9 Prozent und 2017 rund 9.100 Motorräder in EU-Europa verkauft. Damit ist Europa auch der kleinste (Export-) Markt für Harley. Am Heimmarkt, in den USA hat Harley 2017 gesamt 147.972 Motorräder verkauft, im Nahen Osten und Afrika 35.835, Asien-Pazifik 30.348, Kanada 10.081, Lateinamerika 9.452, und Europa als kleinster Markt mit 9.100 Motorrädern.
Und bei Autos gibt es eine ähnliche Situationen: Wenn die USA nach Europa Autos exportieren, so steht darauf ein EU-Zoll von 10 Prozent. Wenn die EU Autos in die USA exportieren, so sind nur 2,5 Prozent Zoll fällig. Sehr vorteilhaft für die EU. Wenn China ein Auto in die USA exportiert, so ist dort nur ein Importtarif von 2,5 Prozent fällig, exportiert ein US-Hersteller ein Auto nach China, so ist dort ein Importzoll von 25 Prozent fällig – das Zehnfache des US-Zolls. Trump findet dies ungerecht.
Trump kopiert die EU-Trade Defense: Gewünschte Automatik führt zu besserem Inlands-Marktschutz
Wie obig im Artikel schon geschrieben: Die Strategen in Washington haben diese Strafzölle nicht als Einzelteil geplant, sondern durch den Einbau einer Verschärfungs-Automatik setzt man darauf, dass der Zollschutzwall, nun durch die Stahl- und Alu-Schutz- bzw. Strafzölle in seiner Basis errichtet, dass also dieser Basis-Schutzwall zum automatischen Aufbau weiterer Mauerteile führt. Das Mittel dazu ist die „Reciprocal Tax“.
Auch bei dieser Reciprocal Tax darf man die berühmte Frage stellen: „Wer hats erfunden?“ Antwort: „Die EU, die Europäische Union, also die EU-Trade Defence“. Wer sich die Begründungen in vielen dieser Fälle liest, wird bemerken, dasse die EU in vielen Fällen angibt, die betreffenden Staaten hätten selbst gerade einen Strafzoll für ein EU-Produkt eingeführt, oder erhöht, und die EU überlege deshalb, hier reziprok gleiches zu Verhängen. Trump schlägt die EU mit Ihren eigenen Handels-Waffen.
Trump wartet nun – wie der Löwe auf das Gnu – auf die Gegenmaßnahmen aus Europa oder sonstwo, um mit der Reciprocal Tax weitere Strafzoll-Marktschutz-Mechanismen verhängen zu können.