Was Medien im Westen von russischen Wählern halten, haben sie in ihren Artikeln über die jüngste Abstimmung in Russland gezeigt: Sie sprechen den Russen die Fähigkeit ab, sich mit klarem Blick und eigenständig zu entscheiden. Zu dieser Einschätzung kommt das russische Außenministerium mit Verweis auf Berichte westlicher Zeitungen und TV-Sender.
„Fünf Strategien von Protestverhalten bei russischen Präsidentschaftswahlen“, titelt die russischsprachige Redaktion der „Deutschen Welle“ am 12. März, sechs Tage vor dem Wahlsonntag.
Ein Artikel, der als „eine besonders zynische und perfide Form der Einmischung in die russische Wahlsphäre“ hervorsteche, kritisiert das russische Außenministerium auf Facebook. Der deutsche Sender habe damit „seine klare Geringschätzung gegenüber dem russischen Gesetz“ demonstriert.
„Wir halten derartige Veröffentlichungen für einen eklatanten Verstoß gegen die journalistische Ethik und den Grundsatz der Nicht-Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates“, so das Außenamt.
Diese „Empfehlung“ zum Protest ist mitnichten ein Einzelfall: „Die propagandistischen Strukturen des Westens“ hätten sich richtig ins Zeug gelegt, „um das Vertrauen in unsere Abstimmung zu untergraben“, schreibt das russische Außenministerium. Dabei hätten die „propagandistischen Strukturen des Westens“ gekonnt mit Fakten jongliert, die unsinnigsten Theorien in den russischen sozialen Netzwerken herausgefischt und diese für die Wahrheit ausgegeben.
Die dänische Zeitung „Politiken“ etwa schreibt laut dem Außenamt am 15. März, Russen würden bedroht und in die Wahllokale gelockt. Die Wahlbeteiligung werde mit neuesten Technologien, von mobilen Apps bis sozialen Netzen, und auf allen Ebenen, von Firmen über Hochschulen bis Kulturzentren, kontrolliert.
Dies ist nur ein Beispiel für „die systematische Geringschätzung der russischen Demokratie und des russischen Wählers, dem dadurch die Fähigkeit aberkannt wird, eigenständige Entscheidungen und eine bewusste Wahl zu treffen“, schreibt das Außenministerium weiter. Außerdem hätten die westlichen Medien „sich das Recht angeeignet, über die Rechtmäßigkeit bestimmter oppositioneller Präsidentschaftskandidaten zu urteilen“.
Die Bild-Zeitung schreibt am 16. März, man könne Wladimir Putin „schon heute gratulieren“, denn es sei „im Russland von Wladimir Putin“ undenkbar, dass Wahlen seien und der Sieger nicht feststehe.
Das französische Portal „Atlantico“ fragt angesichts der Wiederwahl von Wladimir Putin: „Sind die Russen Masochisten oder verstehen wir etwas falsch?“ Unter dieser Überschrift finden Leser ein Interview mit dem Russland-Experten Cyrille Bret, der zu wissen glaubt, dass es bei den Präsidentschaftswahlen in Russland weniger ums Ergebnis gehe, als vielmehr um die Fähigkeit der Regionalregierungen, „die Wahlbeteiligung sicherzustellen“.
Für die Wahlbeteiligung in Russland interessiert sich auch die russischsprachige Redaktion von „BBC“: Warum nur wollen so viele Russen früh am Wahltag ihre Stimme abgeben? So wundert sich die Redaktion über den hohen Anteil jener, die bereits am frühen Morgen abgestimmt haben. Dies könne nur die Folge „einer Mobilisierung durch Behörden“ sein, sagt dann auch ein von „BBC“ befragter Politologe.
Das russische Außenamt verweist auch auf die US-Zeitschrift „Nation“. Diese schreibt am 14. März, die Innenpolitik hätten in Russland alle – vom Präsidenten bis zum Wähler – satt.
Zu dieser angeblichen Innenpolitikverdrossenheit merkt das russische Außenministerium an: Die russische Wahlkommission gibt nach Auszählung von 99,84 Prozent der Stimmen bekannt, dass am 18. März 73,37 Millionen Menschen ihre Stimme abgegeben haben, 400.000 von ihnen im Ausland. Die Wahlbeteiligung betrug 67,47 Prozent.
Das russische Außenministerium verweist ferner auf den britischen „Guardian“. Diese Zeitung hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin als eine scharlachrote Spinne mit einem roten Stern auf der Stirn karikiert, die dabei ist, sich die Welt einzuverleiben. Die Karikatur sei wohl durch alte Anleitungen inspiriert, „die die britischen Geheimdienste aus dem Dritten Reich mitgenommen haben“, schreibt das russische Außenministerium. Zu sehr erinnere das Bild an ein Nazi-Plakat von 1936.
Ins gleiche Horn bläst die US-finanzierte Rundfunkanstalt „Radio Free Europe“, die auch in russischer Sprache sendet. In einem Artikel behauptet der Sender, dass bei der Wahl in Russland zehn Millionen Pro-Putin-Stimmen illegal eingeworfen worden seien. Dies zeige eine Statistik.
Das russische Außenministerium empfiehlt dem Sender, diesbezüglich eine Beschwerde an die Zentrale Wahlkommission zu richten, sofern es denn Beweise für die Behauptung gebe. Anderenfalls seien solche „Erkenntnisse“ schlicht Propaganda. Dieser und ähnliche Berichte würden nur dazu dienen, „in der russischen Öffentlichkeit ein Gefühl von Ungerechtigkeit jener Wahl zu erwecken, die unser Volk getroffen hat“.
Dazu passt auch ein weiterer Verweis des russischen Außenministeriums auf die „Deutsche Welle“: Im Jahr 2017 habe die Bundesregierung 325 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt für die Finanzierung dieses Senders bewilligt, erinnert das russische Außenamt: „Es ziehe hieraus jeder seine eigenen Schlüsse.“
Quelle: Sputnik