USA gegen alle: Militärmacht auf Pump

Die USA unter Donald Trump sind bereit, die Weltordnung, die sie nach dem Zweiten Weltkrieg installiert haben, wieder zu zerstören, um ihren Hegemonialanspruch zu retten. Deutschland und Europa sollten sich keinen Illusionen hingeben, sondern ihre Interessen verteidigen, fordert Josef Braml von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.

Dr. Josef Braml ist inzwischen bekannt dafür, dass er Klartext redet, was er von der Politik des 45. US-Präsidenten hält. Er hat sich vor kurzem bereits in einem Gespräch mit Sputnik erklärt. Und auch vor Mitgliedern des Vereins der Auslandspresse in Berlin bringt er es erneut auf die Kurzformel: „Wir werden erpresst.“ Selbst die Mitgliedschaft in der Nato schütze nicht davor, schamlos von Donald Trump unter Druck gesetzt zu werden, so Braml:

„Nato-Verbündete werden erpresst, indem er sicherheitspolitische Einwände seines Verteidigungsministers ignoriert. Der hatte gesagt, Strafzölle würden Nato-Verbündete betreffen. Das hat Trump gedreht, indem er fragte: Das sollen Verbündete sein, die uns im Handelsbereich über den Tisch ziehen? Die sollen damit aufhören und ihre zwei Prozent zahlen. Das heißt, wir bekommen nur Ausnahmen, wenn wir zwei Prozent unseres Bruttosozialproduktes für Rüstung ausgeben. Und raten Sie mal, für welche Rüstung wir die ausgeben müssen. Ich glaube nicht, dass es reicht, wenn wir dafür deutsche Technologie kaufen. Ich habe vorsichtig angedeutet, dass wir in die F35 von Lockheed Martin investieren müssen. Damit zollen wir dem Tribut, der uns Sicherheit gewährt. So verbindet Trump die zwei Bereiche Handels- und Sicherheitspolitik.“

„Ohne Militärmacht wirst du erpressbar“

Gegen diese unverhohlene Erpressung helfe nur eine gemeinsame Verteidigungsanstrengung Europas, ist Braml überzeugt. Die EU müsse sich seiner Ansicht nach endlich von der Illusion lösen, dass sie nur eine Wirtschaftsunion sei. Die anderen westlichen Staaten hätten Trump unterschätzt, der fest entschlossen sei, seine Agenda umzusetzen. Und noch habe er mit der Tatsache, dass die USA die mit Abstand größte Militärmacht des Planeten sind, eine sehr effektive Waffe zur Durchsetzung seiner Interessen in der Hand. Denn, so Braml, es mag uns nicht gefallen, aber Fakt ist:

„Ohne Militärmacht wirst Du in dieser Welt nicht ernst genommen, wirst auch erpressbar und kannst Dich nicht schützen.“

Trump weiß um diese Zusammenhänge. China kann im südchinesischen Meer, in ganz Asien nur deshalb so auftrumpfen, weil die USA der aufstrebenden Hegemonialmacht dort nichts mehr entgegensetzen können oder wollen. Gleiches gilt für die Situation in Syrien, wo die USA mehr oder weniger zähneknirschend akzeptieren mussten, dass Russland seine Interessen vor Ort militärisch durchgesetzt hat und durch diesen Schachzug wieder auf die Bühne der geostrategischen Akteure zurückgekehrt ist. Josef Braml ist sich sicher: Die gegenwärtigen Scharmützel zwischen den USA und Russland sollten nicht darüber täuschen, dass die USA Russland brauchen, um ihren eigentlichen Kontrahenten im Zaum zu halten: China.

Trump schneidet sich ins eigene Fleisch

Doch China hält umgekehrt den für Trump gefährlichsten Schlüssel in der Hand, den hohen Anteil Chinas an US-amerikanischen Schuldverschreibungen. Zusammen mit China könnten die EU und Deutschland die derzeitige Politik Donald Trumps im Handelsbereich vielleicht entschärfen:

„Man könnte Trump sagen: Wenn du uns nicht erlaubst, weiter Güter zu exportieren, dann nimmst du uns auch die Möglichkeit, Währungsreserven zu erwirtschaften, die wir euch dann wiedergeben könnten. Ihr seid total verschuldet, der Staat ist mittlerweile bei 20 Billionen. Was Trump in seinem merkantilistischen Denken ausblendet, ist, dass es neben Handelsdefiziten eben auch Haushaltsdefizite gibt. Wenn die USA mit Haushaltsdefiziten über ihre Verhältnisse leben wollen, dann müssen sie auch Handelsdefizite in Kauf nehmen. Wenn China sagt, wir kaufen nicht weiter US-amerikanische Staatsanleihen, finanzieren also nicht eure Schulden – was dann?“

Das Leben auf Pump

China hat bereits damit begonnen, sich aus US-Staatsanleihen zurückzuziehen, seine Währungsreserven umzuschichten. Andere Staaten folgen diesem Beispiel. Für die USA, die seit Jahren auf Pump leben, sowohl was die staatlichen als auch die privaten Ausgaben angeht, wäre es gefährlich, wenn das bisherige Prinzip gekippt würde, dass ausländisches Geld die Schulden der USA finanziert. Auch deshalb versuche Trump laut Braml, seine angeblichen Verbündeten mit rücksichtslosen Methoden weiter an sich zu binden.

Strafzölle schaden der Exportnation Deutschland

Braml appelliert an die Bundesregierung, sich nicht auf die Spirale von gegenseitigen Strafzöllen einzulassen, weil eine Exportnation wie Deutschland dabei nur verlieren könne. Denn in einem Punkt habe Trump Recht: Die hohen Handelsüberschüsse Deutschlands sind nicht nur ein Problem im Verhältnis zu den USA, sondern auch zu anderen Staaten. Makroökonomische Ungleichgewichte neigen dazu, sich irgendwann eruptiv zu entladen, weil Geld aus Handelsüberschüssen zur Blasenbildung führt. Zuletzt zeigte das die Finanzkrise von 2008.

Staaten mit großen Exportüberschüssen wie Deutschland sind gut beraten, mehr auf Binnenkonsum zu setzen. Die Bundesregierung könne deutschen Unternehmen nicht befehlen, ihre Exporte zu drosseln. Doch könnte sie Anreize schaffen, um Investitionen im eigenen Land zu fördern. Dazu gehören auch staatliche Investitionen in Infrastruktur, die auch Deutschland bekanntermaßen durchaus nötig hat. Wichtig sei auch die Stärkung der Kaufkraft der Bevölkerung. Eine deutliche Erhöhung des Lohnniveaus oder die Zerschlagung des neuen Ausbeutungssektors im Niedriglohnbereich könnten die makroökonomischen Ungleichgewichte austarieren helfen.

Quelle: Sputnik