Politische Abrechnung? Sarkozy droht reale Haftstrafe

Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy ist wegen des Verdachts auf illegale Wahlkampfspenden aus Libyen in Polizeigewahrsam genommen worden. Alle Vorwürfe gegen Sarkozy sind laut dem Professor für Europarecht an der Moskauer Universität für Internationale Beziehungen MGIMO Nikolai Topornin tatsächlich „sehr ernst”.

Nach Angaben der Zeitung „Le Monde“ wird Sarkozy gesetzwidrige Wahlkampffinanzierung, „passive Korruption“ sowie Hehlerei bei der Hinterziehung von libyschen Geldern vorgeworfen.

Die französische Justiz hat gegen den 63-jährigen Politiker nach zweitägigen Befragungen ein Strafverfahren eingeleitet. Sarkozy, der inzwischen unter gerichtlicher Aufsicht steht, hat Anschuldigungen in diesem Zusammenhang mehrfach zurückgewiesen, berichtet „Le Figaro“.

Der Rechtswissenschaftler Topornin betonte gegenüber Sputnik, dass die Vorwürfe gegen Sarkozy „sehr ernst“ seien. „Dabei geht es nicht um eine bedingte, sondern um eine echte Haftstrafe“, so Topornin. Ihm zufolge unterstützen Sarkozy renommierte Anwälte, die jede Gelegenheit nutzen würden, um den Verdacht gegen ihn auszuräumen, jedoch drohe dem Politiker eine ernste Strafe – bis zu zehn Jahren Haft.

Die Befragungen dauerten 25 Stunden. Dies deutet darauf hin, dass sie (die Ermittler — Anm. der Red.) viele Fragen an Sarkozy gestellt haben. Es war nicht so einfach für die Ermittler, alle Beweise zu sammeln, weil der Hauptbeteiligte am Verfahren — der libysche Führer Muammar Gaddafi — tot ist, ebenso wie die meisten seiner Anhänger (…)“, so der Experte.

Laut Topornin können die Ermittlungen gegen Sarkozy nicht nur einen rein kriminellen, sondern auch einen politischen Hintergrund haben.

„Einige französische Experten glauben, dass es darum geht, alte Rechnungen zu begleichen: Sarkozy ist einer der ideologischen Führer der Zentristen, und die Linken würden sie gerne schwächen. Wir erinnern uns, dass genau auf diese Weise (…) Francois Fillon — ein weiterer Vertreter der französischen Zentristen während der Präsidentschaftswahlkampagne — von der Wahl ausgeschlossen wurde”, betonte der Rechtswissenschaftler.

Im Mai 2012 hatte das Webportal Mediapart unter Verweis auf libysche Unterlagen berichtet, dass Sarkozy seinen Wahlkampf möglicherweise mit libyschem Geld finanziert habe. In dem Artikel war von 50 Millionen Euro die Rede.

Drei Monate zuvor war Muammar al-Gaddafi – nach 42 Jahren an der Macht – von libyschen Aufständischen gefasst und auf brutale Weise umgebracht worden. Französische, US-amerikanische und Nato-Kampfjets, die von März bis Oktober 2011 Libyen bombardierten, haben den Rebellen beim Sturz des langjährigen Herrschers geholfen. Seitdem steckt Libyen in einer tiefen Krise. Weite Gebiete des nordafrikanischen Landes werden nicht von den Behörden kontrolliert. Die Wirtschaft des einst wichtigen Ölstaates liegt am Boden.