„The Times“ will Herkunft des Nervengifts geklärt haben

Einen Tag nach der spektakulären Wende im britischen Giftskandal behauptet die Zeitung „The Times“, die britischen Geheimdienste hätten den Standort eines Labors ermittelt, in dem das beim Attentat auf den Ex-Agenten Sergej Skripal in Salisbury eingesetzte Nervengift erzeugt worden sein könnte.

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Das Labor könnte in Russland liegen, berichtet „The Times“ unter Verweis auf Regierungsquellen in London. Das Blatt betont jedoch, dass die Quellen selbst ihrer Information nicht 100-prozentig sicher seien.

Laut den Angaben haben die Fachleute die Giftstoffquelle „mit Hilfe einer wissenschaftlichen Analyse und Aufklärungsinformation“ ermitteln können. Wie die Zeitung betont, sollen die Behörden des Landes noch vor dem Vorfall in Salisbury von der Existenz des Objekts gewusst haben, wo die Substanz, die in Großbritannien „Nowitschok“ genannt wird, hergestellt wird.

„Insgesamt wussten wir zum Zeitpunkt der ersten Sitzung des Komitees Cobra (dem Mitglieder der Regierung, der Notdienste und Geheimdienst angehören – Anm. d. Red.), dass es mehr als offensichtlich ist, dass sie (die Substanz) russischer Herkunft ist“, erklärte eine Quelle in der Regierung gegenüber der „The Times“.

Zugleich betonnen die Gesprächspartner des Blattes aber, dass die Information „nicht zu 100 Prozent sicher“ sei. Nur eine Quelle „besteht darauf, dass man mit einem hohen Maß an Vertrauen vom Standort sprechen kann“.

Diese anonymen Informationen widersprechen der neuerlichen Erklärung des Militärlabors Porton Down, wonach eine russische Herkunft des Giftes nicht nachgewiesen werden könne.

 

Das mutmaßliche Attentat von Salisbury

Sergej Skripal, einst Oberst des russischen Militärnachrichtendienstes GRU, war 2004 als Agent des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6 entlarvt und von einem russischen Militärgericht wegen Hochverrats zu 13 Jahren Haft verurteilt worden. Sechs Jahre später wurde Skripal mit drei weiteren westlichen Spionen gegen zehn vom FBI verhaftete russische Agenten ausgetauscht, unter ihnen die als „Agentin 00Sex“ bekannte Anna Chapman.

Am 4. März dieses Jahres wurden der 66-jährige Skripal und seine Tochter Julia im britischen Salisbury bewusstlos aufgefunden worden. Von wem und unter welchen Umständen sie wirklich vergiftet wurden, ist unklar. Die britische Seite behauptet, dass in die Vergiftung der Skripals mit dem Stoff A-234 der russische Staat verwickelt sei. Russland weist diesen Vorwurf von sich und fordert eine unabhängige Aufklärung.

 

Die britische Premierministerin Theresa May machte die russische Regierung für das mutmaßliche Attentat verantwortlich und ordnete die Ausweisung von 23 russischen Diplomaten an. Aus „Solidarität“ mit London wiesen auch die USA, Deutschland und viele weitere EU-Staaten Dutzenden russischen Diplomaten die Tür. Russland konterte mit ähnlichen Maßnahmen.

Das Auswärtige Amt in Berlin begründete die Ausweisung russischer Diplomaten aus der Bundesrepublik damit, dass es im Fall Skripal „keine andere plausible Erklärung“ gebe als eine russische Verantwortung.

 

Herkunft nicht nachweisbar

Am Donnerstag vergangener Woche wurde bekannt, dass Julia Skripal aus dem Koma erwacht und nicht mehr in Lebensgefahr sei.

In dieser Woche gab es in der Giftaffäre eine Wende: Das mit der Untersuchung beauftragte britische Militärlabor Porton Down teilte am Dienstag mit, eine russische Herkunft des Nervengifts sei nicht nachweisbar. Der Kreml forderte daraufhin von der britischen Regierung eine Entschuldigung.

Dennoch lehnte die Europäische Union auf einer Sondersitzung der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW), die am Mittwoch auf den russischen Antrag hin in Den Haag stattfand, den Vorstoß Russlands und weiteren 14 Mitgliedstaaten zu völkerrechtskonformen Ermittlungen ab. Die britische Delegation bezeichnete den Vorschlag zu gemeinsamen Untersuchungen sogar als eine „perverse Ablenkungstaktik“.