Russlands Streitkräfte sind in höchste Gefechtsbereitschaft versetzt worden, schreiben mehrere russische Fachportale. Das Verteidigungsministerium hat diese Meldungen bislang weder bestätigt noch dementiert, doch lassen dessen Mitteilungen über Bewegungen der russischen Marine in der Tat auf erhöhte Truppenaktivität schließen.
Sollte Washington Tomahawk-Schläge gegen die russischen Stützpunkte in Syrien befehlen, wird Russland diese Angriffe sicherlich nicht unbeantwortet lassen. Dieser Ansicht ist der Militärexperte Juri Netkatschew, Generalleutnant a.D. Die russische Armee könnte im Gegenzug „amerikanische Objekte und Stützpunkte im Nahen Osten“ mit Kalibr-Raketen attackieren, sagte er. Doch sei dieses Szenario eher unwahrscheinlich, weil der Schlagabtausch „ganz bestimmt einen echten großen Krieg nach sich ziehen würde, den weder Russland noch die USA wollen“.
Dass die USA und ihre Verbündeten einen Angriff auf die russischen Stützpunkte wagen könnten, hat die Agentur „Reuters“ berichtet. Diesen „Vergeltungsschlag“ erwägt Donald Trump wegen angeblicher Chlorgasangriffe im syrischen Duma. Das Weiße Haus beschuldigt Russland und die syrische Regierung, C-Waffen eingesetzt zu haben.
Sollte die US-geführte Koalition eine Attacke beschließen, werde sie in der Größenordnung höchstwahrscheinlich dem Tomahawk-Angriff auf die syrische Luftwaffenbasis al-Schairat im April letzten Jahres ähneln, sagt der Militärexperte Netkatschew. Damals feuerte die US-Navy 59 konventionelle Marschflugkörper auf den Stützpunkt ab.
Dieser Ansicht ist auch der ehemalige Oberbefehlshaber der Nato-Streitkräfte, Wesley Clark. In einem CNN-Interview sagte er, die Vereinigten Staaten könnten eine syrische Hubschrauberbasis attackieren, von wo aus der angebliche Giftgasangriff in Duma geflogen worden sein soll.
Ein anderer US-Experte, Nicholas Heras vom Center for New American Security, schreibt jedoch im Fachblatt „Foreign Policy“, dass der mögliche Schlag gegen Syrien schwerer sein werde als im letzten Jahr. Die Tomahawk-Schläge gegen die Luftwaffenbasis al-Schairat im April 2017 hätten nichts bewirkt: „Nur wenige Stunden nach dem Angriff konnten syrische Flugzeuge wieder von dem Stützpunkt starten.“ Diesmal müssten die USA – „um ein aus Donald Trumps Sicht ausreichendes Signal zu senden“ – mehr Ziele in Syrien angreifen, so Heras.
Ex-Generalleutnant Juri Netkatschew erinnert daran, dass die USA beim Angriff auf al-Schairat im letzten Jahr das russische Oberkommando in Syrien über ihr Vorhaben informiert hätten. Da Donald Trump dieses Mal auch Russland des C-Waffen-Einsatzes in Syrien beschuldigt, könnte solch eine Vorwarnung ausbleiben.
Washington könne aber auch noch weiter gehen und einen Raketenschlag gegen die Residenz Baschar al-Assads befehlen, um den syrischen Präsidenten zu töten, mahnt der Militärexperte, Oberst Wladimir Popow. In diesem Fall müssten die syrische und die russische Flugabwehr ihre Effektivität unter Beweis stellen.
Sollten auch russische Militärangehörige von einem US-Schlag getroffen werden, sei ein Gegenangriff der russischen Streitkräfte gegen die US-Navy nicht auszuschließen. Davor hat der russische Generalstabschef Waleri Gerassimow die Verantwortlichen in den USA bereits mehrmals gewarnt.