BdV-Jahresempfang: Merkel wirbt um Verständnis für Geflüchtete

Beim Jahrestreffen des Bundes der Vertriebenen (BdV) verteidigte Angela Merkel ihre Flüchtlingspolitik. Der Präsident des BdV und Bundesbeauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Bernd Fabritius (CSU) sprach von Überlegungen, den Namen des Verbands an die heutige Zeit anzupassen.

Beim Jahresempfang des Bundes der Vertriebenen (BdV) hat Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Solidarität mit den sogenannten „deutschen Heimatvertriebenen“ bekundet. Zugleich warb sie für Verständnis für Geflüchtete. Zwar seien die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs nur „sehr bedingt“ mit Flucht und Zwangsaussiedlungen von heute vergleichbar, „aber es gibt auch Übereinstimmungen.“ Merkel wies auf die Bedeutung von Heimat hin:

„Vertriebene wissen aus ihrer eigenen Geschichte, wie wichtig Heimat für den Menschen ist. Sie wissen, was es bedeutet, seine Heimat zu verlieren, und wie schwierig es sein kann, sich ein neues Zuhause aufzubauen. Ihre Erinnerung an die Vergangenheit prägt in besonderer Weise auch ihr Verantwortungsbewusstsein für die Gestaltung der Zukunft.“

Merkel: „Verantwortung für deutsche Minderheiten“

Zugleich zitierte sie mit Blick auf die Aufnahme von Flüchtlingen Papst Franziskus: „Der Sehnsucht der Menschen nach Heimat, Geborgenheit und Überschaubarkeit Raum zu geben, ist eine Grundaufgabe jeder Politik.“ Viele seien unter Todesgefahr nach Deutschland viele gekommen, machte Merkel deutlich.

„Auch, weil sie sich in ihrer Heimat ihrer Zukunft beraubt sahen. Niemand gibt seine Heimat leichtfertig auf. Diejenigen, die bei uns länger oder für immer bleiben werden, sollen auch ein neues Zuhause finden können. Ein Bleiberecht ist natürlich die formale Voraussetzung dafür. Aber es braucht auch gleichzeitig Offenheit auf beiden Seiten. Bei den Flüchtlingen wie auch in der deutschen Gesellschaft. Offenheit, die Bereitschaft zur Verständigung und die Einhaltung von Recht und Ordnung“, sagte die Kanzlerin.

Ebenfalls sprach Merkel von einer „großen Verantwortung einer jeden Bundesregierung gegenüber deutschen Heimatvertriebenen und Heimatverbliebenen, die als deutsche Minderheiten in ihren Heimatregionen leben.“ Dieser Verantwortung könne keiner besser gerecht werden als der BdV-Präsident Bernd Fabritius (CSU), der seit dem 15. März 2018 gleichzeitig der neue Bundesbeauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten ist.

Modernisierung des BdV?

Auch Fabritius kehrte die Bedeutung der „Heimatvertriebenen“ heraus. „Wir sind ganz ohne Zweifel zukunftsorientiert. Denn wohl kaum eine andere gesellschaftliche Gruppe in Deutschland glaubt so sehr an ein vereintes und in Freundschaft lebendes Europa wie wir deutschen Heimatvertriebenen und Spätaussiedler. Dieser Gedanke ist eine der tragenden Säulen unserer Charta und Leitlinie unseres gesamten Wirkens“, unterstich der BdV-Chef.

Fabritius wies bei seiner Rede darauf hin, dass „richtungsweisende Überlegungen zu Zielen, Strukturen und Benennung unseres Verbandes“ angestoßen worden seien: „Die Klammer unserer Zusammengehörigkeit ist längst viel weiter, als man allgemein vermuten würde.“ Die Vertreibung gehöre zwar zur Identität des Verbandes, allerdings seien inzwischen „sehr viele Menschen in unserem Verband vereint, die nie vertrieben wurden“, sagte der BdV-Präsident gegenüber der „WELT“: „Außerdem haben sich die Aufgaben weiterentwickelt. Das, was wir abdecken, ist inzwischen viel mehr, als nur diesen historischen Moment Vertreibung zu thematisieren.“

BdV und AfD

Bei dem BdV-Jahrestreffen waren auch AfD-Politiker wie die Bundesfraktionsvorsitzende Alice Weidel zu Gast. Gegenüber der „Welt“ distanzierte sich der CSU-Politiker Fabritius von der rechts-konservativen Partei: „Die AfD steht für Positionen, die im Bund der Vertriebenen im breiten Personenkreis nicht konsensfähig sind.“ Zwar seien die deutschen „Heimatvertriebenen“ „sehr wertebezogen“. Begriffe wie Identität, Familie und Heimat seien ihnen wichtig. „Diese Werte werden aber von vielen Parteien vertreten“, sagte Fabritius.

In der Vergangenheit wurde dem Bund der Vertriebenen ein mangelnder Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit vorgeworfen. So ist 2013 die Studie des Instituts für Zeitgeschichte (IfZ) erschienen, laut deren Ergebnissen 11 der 13 Gründungsmitglieder des BdV als durch ihr Wirken im Nationalsozialismus belastet anzusehen seien.

Die Reportage zum Nachhören:

Quelle: Sputnik