Die Nato-Staaten müssen ihr Geschäftsmodell korrigieren

Die Beschlüsse des Außenministertreffens der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit vom 24. April 2018 zeigen erneut: Die Nato-Staaten müssen ihr Geschäftsmodell aus Konflikt und Konfrontation ändern. Sonst droht eine weltweite Katastrophe.

Von Karl-Jürgen Müller

Die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) ist eine Internationale Organisation, der die Volksrepublik China, Russland, Usbekistan, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Indien und Pakistan angehören. Darüber hinaus haben die Mongolei, der Iran, Afghanistan und Weißrussland Beobachterstatus. Im deutschen Wikipedia-Eintrag zur SOZ wird betont:

„Derzeit vertritt die SOZ circa 40 Prozent der Weltbevölkerung und stellt damit die weltweit größte Regionalorganisation dar.“

Regierungsvertreter der Mitgliedstaaten, der Staaten mit Beobachterstatus und Vertreter anderer interessierter Staaten und Staatenverbünde treffen sich regelmäßig im Rahmen der SOZ und fassen bei ihren Treffen auch wichtige Beschlüsse. So auch am 24. April 2018 die Außenminister der SOZ-Staaten.

Bemerkenswert ist, dass dieses Treffen der „weltweit größten Regionalorganisation“ von Staaten, deren Bevölkerung „40 Prozent der Weltbevölkerung“ ausmacht, in unseren Medien kein Thema sind. Gibt man zum Beispiel bei Google News die Suchwörter „SCO“ – die auch im deutschen Sprachraum gebräuchliche englische Abkürzung – und „Außenminister“ ein, so erzielt man fast keinen Treffer, der auf einen Bericht in einem deutschsprachigen Medium hinweist. Einzige Ausnahme sind deutschsprachige Internetseiten aus China oder Russland.

Schade, dass unsere Medien ihrer Informationspflicht nicht nachkommen.

Dabei gäbe es Wichtiges zu berichten: Die „weltweit größte Regionalorganisation“ bekennt sich zu einer multipolaren Welt, verurteilt alle destruktiven unilateralen Aktionen – damit sind vor allem Sanktionen gemeint –, fordert multilaterale Schritte, um die Probleme der Welt zu lösen, bekennt sich zur Uno-Charta und zum Völkerrecht und zur Rolle des Weltsicherheitsrates für Frieden, Stabilität und Sicherheit.

Die SOZ bemüht sich um Lösungen für die schwerwiegenden Probleme in Afghanistan. Sie fordert, dass über die Zukunft Syriens allein das syrische Volk zu entscheiden hat und dass dem Land Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität garantiert werden. Sie unterstützt alle ernsthaften Friedensbemühungen für Syrien, mögen sie nun von der Uno oder von Russland, Iran und der Türkei ausgehen.

Der völkerrechtswidrige Angriff von USA, Großbritannien und Frankreich auf Syrien Mitte April wird mit großer Sorge betrachtet. Das Atomabkommen mit Iran wird unterstützt, und alle Unterzeichnerstaaten werden aufgefordert, die Vertragsvereinbarungen vollumfänglich einzuhalten. Auch für die Ukraine wird eine politische Lösung gefordert, deren Grundlage die vollständige Umsetzung der Minsker Vereinbarung vom Februar 2015 ist.

Dass unsere Medien über all das nicht berichten, hat Gründe. Wahrscheinlich wissen die Verantwortlichen sehr genau, dass sich sehr viele der heutigen Weltprobleme lösen lassen könnten, wenn sich auch die Staaten des Westens, allen voran die Nato-Staaten, Beschlüssen wie denjenigen der SOZ-Außenminister anschließen könnten. Aber das passt derzeit nicht zum „Geschäftsmodell“ der Nato-Staaten. Dieses Geschäftsmodell setzt auf Konflikt und Konfrontation. Die Profiteure sind nur wenige.

Nicht beachtet werden dabei die furchtbaren Folgen einer solchen Politik. Nicht beachtet wird auch die Tatsache, dass sich die Nato-Staaten so in der Welt immer weiter isolieren. Das, was die SOZ-Außenminister beschlossen haben, entspricht sehr wahrscheinlich dem, was die meisten Außenminister der Welt beschließen würden. Die Nato-Staaten, die sich gern den Titel „Weltgemeinschaft“ geben, stehen ziemlich allein da in der Welt. Dass andere ihnen bislang trotzdem noch folgen, hat wenig mit Idealen und Überzeugung zu tun. Ein Armutszeugnis für eine Welt, die einmal eine naturrechtlich fundierte Uno-Charta samt universellen Menschenrechten formuliert hat.

So bleibt der Appell an die Regierungen der Nato-Staaten: Es ist höchste Zeit, das bisherige Geschäftsmodell zu korrigieren. Die Mehrheit in der Welt wird sich nicht länger dem Druck, der Erpressung und der Gewalt beugen. Zu Recht. Wenn der Westen nicht ernsthaft einlenkt, wird die Alternative eine weltweite Katastrophe sein. Und dann wird es keine Gewinner mehr geben.

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