Premierminister Haradinaj: Kosovo hat keine eigene Außenpolitik, wir lassen uns von USA führen

Unverhohlen und ohne Zurückhaltung stand der kosovarische Premierminister Ramush Haradinaj jüngst ausgerechnet in einem serbischen Fernseh-Interview Rede und Antwort — unter anderem zu Kämpfen der UCK mit serbischen Kräften und zur Politik des Kosovo.

Ein Interview des serbischen Senders Happy mit dem kosovarischen Premierminister Ramush Haradinaj sorgte in Serbien für Schlagzeilen. In dem einstündigen Gespräch mit dem landesweit bekannten Journalisten Milomir Maric sprach der kosovarische Regierungschef in sehr gutem Serbisch unter anderem über die Lage der Serben in der abtrünnigen Provinz, sein Verhältnis zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, über die Zeit, als er als Soldat der paramilitärischen albanischen UCK gegen Serben gekämpft hatte oder über die Politik des Kosovo im Allgemeinen.

«Serben können ohne Restriktionen im Kosovo leben»

Seit dem Ende des Krieges 1999 haben mehr als 200.000 Serben die abtrünnige serbische Provinz verlassen oder wurden vertrieben. Der kosovarische Premierminister betonte, dass es heute keine Probleme gäbe, auch als Serbe beispielsweise in der Hauptstadt Pristina zu leben. Die genaue Zahl der dort lebenden Serben konnte er aber nicht nennen. Sie wären nicht bedroht, die serbische Sprache sowie die kyrillische Schrift würden auch problemlos benutzt, wovon auch die Personalausweise zeugen würden. Auf den Bemerkung des Journalisten, dass darin aber nicht stehe, dass sie Serben seien, sondern Kosovaren, erwiderte er, dass bei ihm auch nicht Albaner, sondern das Gleiche eingetragen wurde.

Ob er vielleicht jemanden während des bewaffneten Konflikts zwischen den serbischen Streitkräften und der paramilitärischen albanischen UCK in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre getötet habe: «Ich weiß es nicht, wahrscheinlich. Schließlich war es ja Krieg.»

Kosovo strebt in die EU, außenpolitisch orientiert man sich aber an den USA

Die brisantesten und vielleicht auch wichtigsten Antworten, die auch für eine künftige Lösung der Status-Frage des Kosovo von entscheidender Bedeutung sein könnten, lieferte der kosovarische Regierungschef auf die Frage, warum sich sein Verhältnis zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan deutlich verschlechtert habe. Immerhin war die Türkei unter den ersten Ländern, die Kosovos einseitig ausgerufene Unabhängigkeit im Jahre 2008 anerkannt habe. Die jüngste Festnahme und Abschiebung von Gülen-Anhängern aus Pristina, die seitens des türkischen und kosovarischen Geheimdienstes, aber ohne Wissen der Premierministers vonstattenging, sorgte ebenso für erhebliche Spannungen zwischen den beiden Ländern. Haradinaj entließ unter dem Eindruck der Vorfälle den kosovarischen Innenminister sowie den Geheimdienstchef, wofür er vom türkischen Präsidenten scharfe Kritik erntete.

Ob vielleicht auch Haradinajs Nähe zu den USA dessen Reaktion auf die umstrittene Aktion beeinflusst hätte, fragte Maric weiter. Schließlich baue Erdogan ein gutes Verhältnis zu Russland auf, und zudem mache er die Gülen-Bewegung, deren Anführer in den Vereinigten Staaten lebt, für den Putsch verantwortlich. Haradinaj wiederum werde auf dem Balkan nachgesagt, er wäre der Mann der Amerikaner. Dieser meint dazu:

Unser Ziel ist eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Wir haben sehr gutes Verhältnis zu Berlin und Brüssel. Aber in Fragen der Weltpolitik, sage ich persönlich, aber auch als Staat Kosovo, haben wir keine Außenpolitik. Wir gehören zu einem Klub von Ländern, die von Amerika angeführt werden.

«Bei uns gedeihen keine Drogen»

Schmunzelnd fügte der kosovarische Premierminister hinzu, dass man in den außenpolitischen Fragen der Linie der USA folgen würde. Das offen zu sagen, falle ihm auch nicht schwer, so Haradinaj. «Wir haben auch keine Zeit, um zu gucken, was alles in der Welt passiert. Wenn in einer Sache die USA eine klare Position haben, dann folgen wir der.»

Auf eine eher scherzhafte Frage des serbischen Journalisten, die auf Gerüchte über florierenden Drogenschmuggel in der abtrünnigen serbischen Provinz anspielte — wie es denn sein könne, dass überall auf der Welt Drogen Abhängigkeit verursachten, nur im Kosovo hingegen für Unabhängigkeit gesorgt hätten -, sagte der 49-Jährige:

Hier gibt es keine Drogen, nur Mais und Bohnen. Hier gedeihen keine Drogen.

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