Die transatlantische Brücke bröckelt weg

Europa – zumindest der westliche Teil davon – beginnt sich schrittweise von den USA zu emanzipieren. Das US-Imperium zerfällt.

Von Marco Maier/ Contra Magazin

Seit Ende des Zweiten Weltkriegs haben sich die Amerikaner in Westeuropa festgesetzt, mit dem Fall des «Eisernen Vorhangs» ab 1989 sukzessive auch in mehreren Ländern des ehemaligen Ostblocks. Doch während die Osteuropäer (zumindest deren politischen Führungen) sich weiterhin an Washington klammern, weil sie sich vor der alten Herrin Moskau fürchten, bröckelt vor allem im westlichen Europa die transatlantische Brücke weg.

Russland (aber teils auch China) eignet sich für die Propagandisten zwar weiterhin noch partiell als politisches Feindbild, doch den Europäern ist vor allem Russland (geografisch) näher. Man wünscht sich nicht nur eine gute Nachbarschaft, auch sicherheits- und wirtschaftspolitisch will man den großen Nachbarn nicht unbedingt verprellen. Kein Wunder also, dass man mit den Sanktionen gegen Russland nicht unbedingt glücklich war – sich aber vor allem wegen den Vereinigten Staaten von Amerika fügte.

Denn selbst die eingefleischtesten Transatlantiker – vor allem in Deutschland – wissen auch, dass die US-Außenpolitik dem Geschäft der deutschen Unternehmen schadet. Russland ist zum Beispiel ein wichtiger Handelspartner der Bundesrepublik und vieler anderer Staaten und die vor allem von Washington angeleierten Sanktionen verderben das Geschäft. Bis auf einige wenige Vollzeit-Propagandisten der transatlantischen Vereinigungen stimmte der Rest nur höchst widerwillig den Sanktionen zu. Nicht etwa deshalb, weil man wollte – vielmehr weil man «musste».

Als dann kürzlich aus Washington neue Sanktionsdrohungen auch gegen europäische Unternehmen kamen, die mit dem russischen Energiesektor Geschäfte machen (weil die Amerikaner ja ihr Fracking-Gas und -Öl in Europa verkaufen wollen), stieß das noch mehr Unternehmen und Politikern sauer auf. Da ging wohl manchen von ihnen ein Licht auf und sie sagten sich: «Oh, die denken wirklich nur an ihr eigenes Business…». Und ja, das tun die Amerikaner. Auch wenn dadurch weitere Ziegelsteine aus der «Transatlantikbrücke» herausbrechen.

Und jetzt in Sachen Nuklearabkommen gegen den Iran geht das Ganze so weiter. Wieder einmal führt Washington sogar die eigenen «Partner» und «Alliierten» vor. Doch anstatt sich (wieder einmal) zu fügen appellieren Berlin, Paris und London an die «transatlantische Partnerschaft» und verweigern den Amerikanern die Gefolgschaft. Das sind weitere bröckelnde Steine der Atlantikbrücke, die immer baufälliger wird, denn die US-amerikanischen Interessen (bzw. jene deren Eliten) entsprechen nicht wirklich jenen der Europäer – und laufen diesen immer wieder komplett zuwider.

Eigentlich ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Europäer diese baufällige Brücke niederreißen und sich lieber auf den Osten – nach Asien – konzentrieren. Ein Kontinent mit enormem Wachstumspotential, von dem auch die Europäer profitieren können, wenn sie die gegebenen Chancen nutzen. Die völlig überschuldeten und total überheblichen Amerikaner braucht niemand so wirklich. Zumindest bald schon werden sie weltwirtschaftlich kaum mehr eine wirkliche Rolle spielen, und damit dann auch geopolitisch deutlich an Macht und Einfluss verlieren.