Nach Durchsuchungen im Büro der russischsprachigen Onlinezeitung RIA Novosti Ukraina in Kiew wirft der ukrainische Geheimdienst SBU dem festgenommenen Redaktionschef Kirill Wyschinski nun Landesverrat vor.
„Gegen Wyschinski wurde ein Ermittlungsverfahren gemäß Artikel 111 Teil 1 (Landesverrat) des ukrainischen Strafgesetzbuches eingeleitet“, teilte SBU-Sprecherin Jelena Gitljanskaja am Dienstag via Facebook mit. Was der SBU dem Journalisten konkret anlastet, blieb vorerst unklar. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft.
Der SBU hatte in den frühen Morgenstunden das Büro von RIA Novosti Ukraina in Kiew gestürmt und acht Stunden lang durchsucht. Das Portal berichtet auf Russisch und ist ein Partner der russischen Mediengruppe Rossiya Segodnya, zu der auch Sputnik und die Nachrichtenagentur RIA Novosti gehören.
Darüber hinaus vermisst RIA Novosti seit Montag den Chef des Büros in Kiew, Andrej Borodin. Der ukrainische Generalstaatsanwalt Juri Luzenkoveröffentlichte unterdessen auf seiner Webpräsenz Fotos von Borodins Ausweis.
Der Generaldirektor von Rossiya Segodnya, Dmitri Kisseljow, forderte die Freilassung des festgenommenen Kirill Wyschinski und ein Ende der Verfolgung von Medien. Chefredakteurin Margarita Simonjan bezeichnete das Vorgehen der ukrainischen Regierung als „Rache“ für die heutige Eröffnung der 19 km langen Brücke zwischen der Schwarzmeerhalbinsel Krim und dem übrigen Russland. Die Regierung in Kiew beansprucht die Krim für sich.
Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International werden kritische Massenmedien und Aktivisten in der Ukraine „ununterbrochen durch Regierung und paramilitärische Gruppen unter Druck gesetzt, die sie einschüchtern und mundtot machen wollen“.
Der ukrainische Staatschef Petro Poroschenko hatte bereits 2015 kritische Journalisten als „Staatsfeinde“ abgestempelt und den Geheimdienst SBU aufgefordert, gegen sie vorzugehen.