Trump setzt Nordkorea unter Druck: USA ziehen jetzt zum dritten Mal den Kürzeren

Nordkorea hat erklärt, kein Gipfeltreffen mit den USA abzuhalten, falls dabei nur seine nukleare Abrüstung als Thema auf der Tagesordnung stehen sollte. Außerdem sagt Pjöngjang eines der für diese Woche geplanten Treffen mit südkoreanischen Vertretern ab – offenbar, damit man die Ankündigungen vor allem in Washington ernstnimmt.

Kim Jong-un scheint böse zu sein und gibt zu verstehen, dass sein für den 12. Juni in Singapur anberaumtes „historisches“ Treffen mit US-Präsident Donald Trump scheitern könnte.

An dieser Stelle könnte eine einfache und zynische Erläuterung entlang der Idee von der „totalen Überlegenheit Amerikas“ folgen. Ihr zufolge wäre nichts Besonderes passiert, denn immerhin sind alle an diverse aufsehenerregende Erklärungen Pjöngjangs gewohnt. Und die einfachste Deutung dieses Affronts wäre: „Kim will das Gesicht vor der ‚Kapitulation in Singapur‘ bewahren“ – will zeigen, dass er sich gegen Washington sträubt. Doch das wäre Unsinn: Wie soll das winzige und isolierte Nordkorea Amerika Paroli bieten?! Also gibt es sich nur entrüstet. Und so weiter …

Doch Nordkoreas Nachbarn, darunter auch auch Russland, haben Kims Schritt anders verstanden.

De facto ist folgendes passiert: Die US-Diplomatie hat ein Szenario für das Treffen von Donald Trump und Kim Jong-un vorbereitet, das Pjöngjang sich nicht gefallen ließ. Mehr noch: Nordkorea hat Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren. Und die Amerikaner müssen einsehen, dass Trump den jungen Kim nicht unter Druck setzen kann – genauso wie alle seine Vorgänger bei den Versuchen, Kims Vater und Großvater unter Druck zu setzen, scheiterten. Und zwar, weil es um keine Schlacht zwischen einem Riesen und einem Zwerg geht, sondern um Diplomatie, an der sich mehrere starke Mächte beteiligen.

In den USA wird die Situation so gedeutet: Als Kim Jong-un den direkten Verhandlungen mit Trump zustimmte, schloss er China aus dem Regelungsprozess quasi aus – und ist ganz allein in einer ungünstigen Situation geblieben. Deshalb könne es jetzt nur um eines gehen: Alle Raketen- und Atomvorräte Nordkoreas sowie alle Betriebe, wo sie hergestellt werden, sollten verschwinden. Wenn es um jegliche andere Aspekte eines möglichen Deals geht (besonders um die Entwicklung der nordkoreanischen Wirtschaft), dann sollte man sich an Washingtons Verbündeten namens Südkorea wenden. Das könnte Trump auch erreichen, indem er Pjöngjang (und gleichzeitig auch Peking) einem gewaltigen, gnadenlosen Druck aussetzen würde.

Aber der chinesische Außenminister Wang Yi erklärte während eines Besuchs in Paris: Die Maßnahmen, die Nordkorea für die Entspannung der Situation ergriffen habe, sollten anerkannt werden. Beide Seiten sollten „in eine Richtung – und nicht in entgegengesetzte Richtungen – rudern“.

Der Sinn dieser rätselhaften Formulierung besteht darin, dass Pjöngjang die Verhandlungen mit Südkorea akzeptiert, sein Übungsgelände für unterirdische Atomexplosionen geschlossen, US-amerikanische Häftlinge freigelassen und dem Treffen mit Trump an einem nicht gerade neutralen Ort (Singapur lässt sich als Verbündeter der USA betrachten) zugestimmt hat. Und die Amerikaner dachten, Pjöngjang würde auch immer weitere Zugeständnisse machen. Doch damit liegen sie falsch.

Chinesische Medien fügen hinzu: Pjöngjang schlägt eine allmähliche nukleare Abrüstung vor – Schritt für Schritt, wobei Washington jeden Schritt der Nordkoreaner entsprechend beantworten sollte. Trump dachte, es würde reichen, wenn er Nordkorea ständig unter Druck setzt. Doch in Wahrheit wird daraus nichts.

Pekings Zeichen ist klipp und klar: Wenn es so weitergeht, sollten die Amerikaner nicht darauf hoffen, das Problem gleich beim Treffen in Singapur in den Griff zu bekommen. Es werden noch viele weitere Verhandlungen nötig sein.

Wird es also kein Ultimatum und keine Kapitulation geben, sondern quasi gleichberechtigte Verhandlungen mit gegenseitigen Zugeständnissen? Das wäre ein Alptraum und ein herber Schlag nicht nur gegen Trump, sondern gegen sein ganzes Team, das erst neulich gebildet wurde (Sicherheitsberater John Bolton, Außenminister Mike Pompeo). Sie zeigen sich als „harte Hunde“, die einen unter Druck setzen und gewinnen. Sie hatten im Voraus erklärt, Kim Jong-un hätte bereits aufgegeben, und so würden auch alle anderen Gegner Washingtons handeln. Plötzlich aber scheint es danebenzugehen: Die Amerikaner können nicht einmal mit dem kleinen Nordkorea klarkommen.

Es war vermutlich so: Pompeo besuchte vor einiger Zeit Pjöngjang und schilderte Washingtons Plan: „Wir werden das sagen, Ihr werdet so antworten.“

Doch die Nordkoreaner lassen sich das offensichtlich nicht gefallen – und jetzt folgte ihre Reaktion.

Warum die US-amerikanische „Druckdiplomatie“ gescheitert ist, ist klar: Der Grund heißt China. Washingtons Idee zur „Isolierung“ Nordkoreas von China hat nicht funktioniert. Kim Jong-un besuchte in diesem Jahr schon zwei Mal das Reich der Mitte. Auch gab es sicherlich zahlreiche andere Kontakte zwischen Pjöngjang und Peking. Und Kim wollte nicht isoliert bleiben.

Hinzu kam auch der parallele US-Druck auf China, nämlich der von Trump ausgerufene Handelskrieg. Die Verhandlungen begannen in Peking mit einer riesigen Liste amerikanischer Drohungen und Sanktionen gegen chinesische Unternehmen. Doch das war erst der Anfang. Jetzt weilt in Amerika eine chinesische Delegation, die ebenfalls eine lange Liste von Vorwürfen und Vorschlägen mitgebracht hat. Ein Kompromiss ist wohl möglich, doch eine Kapitulation wird es bestimmt nicht geben. Jedenfalls wird China diesen Handelskrieg besser überstehen als die Staaten.

Am Ende des Tages ist zu sehen, dass der „doppelte“ Druck Washingtons auf Pjöngjang und Peking zum gleichzeitigen Gegendruck seitens der beiden geführt hat.

Nicht zu übersehen ist auch der von Trump eben verkündete Ausstieg aus dem Atomdeal mit dem Iran. In Pjöngjang beobachtet man diese Situation und versteht, dass es so gut wie sinnlos ist, mit den Amerikanern etwas zu vereinbaren, denn sie können zuvor getroffene Abkommen jederzeit auflösen.

Zu allerletzt wagen Trumps europäische Verbündete eine „Revolte“, weil sie sein Verhalten im Zusammenhang mit dem Iran-Deal inakzeptabel finden.

So gibt es schon drei gleiche „Sujets“, in denen Trumps Team gedacht hatte, es könnte die Gegenseite einfach unter Druck setzen, bis diese nachgibt. Jedes Mal passierte das Gegenteil – nicht einmal Nordkorea will nachgeben.

Was am 12. Juni in Singapur geschehen wird, ist eine große Frage. Dem Szenario jedoch, das Mike Pompeo nach Pjöngjang mitbrachte, wird das Treffen, falls es überhaupt zustande kommt, sicherlich nicht entsprechen.

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