Chef des österreichischen Energiekonzerns OMV über Nord Stream 2

Der deutsche Top-Manager Rainer Seele hat den österreichischen Rohstoffkonzern OMV eng mit Russland verbandelt. Im Streit um Nord Stream 2 sieht er Lösungen. Seele betrachtet die US-Drohungen gegen das Pipeline-Projekt als durchschaubares Spiel.

Der Chef des österreichischen Öl- und Gaskonzerns OMV, Rainer Seele, hält die Sorgen der Ukraine und von Politikern in Europa wegen der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 für übertrieben. Die neue 1200 Kilometer lange Gasleitung zwischen Russland und Deutschland werde die bisherige Trasse nicht völlig ersetzen, sagte der Manager gegenüber der dpa kurz vor dem Besuch von Russlands Präsident Wladimir Putin bei OMV.

«Es sollte nicht der Eindruck entstehen, dass die Nord Stream 2 gebaut wird, damit die Kapazitäten in der Ukraine überhaupt nicht mehr genutzt werden», beschwichtigt der OMV-Chef.

Abhängigkeit von Nordstream 2 ist gegenseitig

Die Ukraine dringt mit Unterstützung der deutschen Bundesregierung darauf, dass ihr die bisherigen Einnahmen als Transitland für russische Gasexporte nicht wegbrechen. Auch die Abhängigkeit der EU von russischem Gas wachse keinesfalls bedrohlich, meinte Seele:

Eine Abhängigkeit ist dann kein Problem, wenn sie gegenseitig ist — wie in diesem Fall. Russland braucht diesen Markt.

OMV gehört zu den Investoren des Milliarden-Projekts Nord Stream 2. Am 5. Juni feiert der Konzern im Beisein von Putin den 50. Jahrestag des Gasliefervertrags mit der damaligen Sowjetunion.

Die Entscheidung über die drei noch fehlenden Baugenehmigungen aus Russland, Dänemark und Schweden dürfte im Spätsommer fallen, sagte Seele. Bisher hätten die acht Investoren — darunter auch Shell und die deutsche Wintershall — vier Milliarden Euro der Nord Stream 2 AG zur Verfügung gestellt.

Europäische Gasproduktion geht zurück

Die neue Pipeline solle die Versorgungssicherheit zu einem attraktiven Preis sicherstellen. In Großbritannien und vor allem in den Niederlanden mit dem größten Gasfeld der EU in Groningen werde die Gasproduktion deutlich zurückgehen. In Groningen gingen allein 15 Prozent der deutschen Nachfrage aus dem Markt.

«Der Importbedarf von Europa wird steigen“, zeigte sich der OMV-Chef überzeugt.

Aktuell liege der Anteil von russischem Gas demnach bei 25 bis 30 Prozent.

USA wollen eigenes Flüssiggas nach Europa liefern

Die US-Kritik an dem Vorhaben erscheine ihm durchsichtig.

«Die Intervention der US-Regierung hinterlässt bei mir sehr deutlich den Eindruck, dass wirtschaftliche Interessen durch Sanktionsmaßnahmen verfolgt werden“, so der Top-Manager.

Es gebe offenbar die klare Absicht, amerikanisches Flüssigerdgas vermehrt nach Europa zu verschiffen. Zuletzt drohte das US-Außenministerium mit Sanktionen für den Fall, dass die Gaspipeline Nord Stream 2 vollendet werde und führten energie- und geopolitische Gründe dafür an.

Sandra Oudkirk, stellvertretende Leiterin der Energie-Abteilung im US-Außenministerium, hatte am Donnerstag in Berlin erklärt, die USA könnten Sanktionen verhängen, sollte die Erdgaspipeline Nord Stream 2 tatsächlich vollendet werden.

Auch US-Präsident Donald Trump hatte Nord Stream 2 mehrfach scharf kritisiert und vor einer Abhängigkeit Europas von russischem Gas gewarnt.

Russland-Sanktionen schaden deutscher Wirtschaft

Seele, der auch Präsident der deutsch-russischen Außenhandelskammer ist, sieht die EU-Sanktionen gegen Russland kritisch. Die deutsche Wirtschaft habe daraus erhebliche Einbußen und verliere in Russland viele Marktanteile an Wettbewerber wie China.

«Unsere Mitglieder lehnen die Sanktionen ab“, sagte Seele.

Diese sollten schrittweise fallen, sofern es Fortschritte bei der Umsetzung des Minsker Abkommens für eine friedliche Lösung in der Ostukraine gebe.

«Der Baukasten der Diplomatie enthält mehr als Sanktionen, gibt der Konzern-Manager zu bedenken.

Hoher Ölpreis verlangt nach Investitionen

Der Ölpreis wird sich nach Einschätzung des Managers auf Sicht mindestens auf der aktuellen Höhe halten.

«Momentan ist auch eine Risikoprämie im Ölpreis wegen der internationalen Konflikte enthalten. Das wird sich so schnell nicht ändern, prognostiziert Seele.

Der Preis werde voraussichtlich bei 70 Dollar pro Barrel in den nächsten Quartalen bleiben. Mittelfristig könne das Öl-Angebot sogar schrumpfen, weil in den Jahren 2015 bis 2017 nicht mehr in die Förderung investiert worden sei.

«Das werden wir zu spüren bekommen, sofern es nicht zu beschleunigten Investitionen kommt.

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