Fans des englischen Fußball-Klubs „Liverpool“ sind am Vorabend des Finales der UEFA Champions League in Kiew von Hooligans angegriffen worden – ein Vorfall, der keineswegs erfreulich ist. Die Reaktionen englischer Medien darauf und ihr schnelles Ausfindigmachen des Schuldigen sind aber eine journalistische Katastrophe.
Am Samstag findet in der ukrainischen Hauptstadt Kiew das Finale der UEFA Champions League zwischen der englischen Mannschaft „Liverpool“ und dem spanischen „Real Madrid“ statt.
Schon die Tatsache, dass dieses Finale ausgerechnet in der Ukraine stattfindet, lässt zahlreiche Beobachter und Experten nur mit dem Kopf schütteln. Kiew, das mittlerweile zu einem schwarzen Loch für Hilfsgelder europäischer und amerikanischer „Partner“ geworden ist, wie auch solche namhaften NGOs wie Transparency Internationalmehrfach konstatieren mussten, soll also das wichtigste Spiel dieser Champions League Saison abhalten dürfen.
Selbst Vertreter der deutschen Medien zeigten sich von der Ortauswahl nicht unbedingt erfreut.
„Ein UFO in der Tristesse“ bezeichnete etwa „Der Spiegel“ das bevorstehende Champions-League-Endspiel in Kiew.
Ausführlich beschrieb das Blatt den Verfall des ukrainischen Fußballs, der aus Korruption, finanziellen Problemen und Wettskandalen erwachse.
Nicht erwähnt dagegen wurde ein weiteres Problem – das der aggressiven Hooligan-Kultur in der Ukraine. An manchen Spielen der ukrainischen Liga kommt es teilweise zu Straßenschlachten mit über 100 Hooligans, wie etwa in Kiew Anfang November letzten Jahres.
Doch genau dieses ist einigen britischen Fans gestern zum Verhängnis geworden. Die Engländer wurden mitten in der ukrainischen Hauptstadt Kiew von einer Bande Vermummter angegriffen.
Selbst ukrainische Beamte, die gerne hinter jeder Ecke eine „russische Gefahr“ sehen, hielten sich mit unbegründeten Anschuldigungen zurück.
Der Bürgermeister von Kiew, Vitalij Klitschko, bezeichnete den Vorfall etwa recht trocken als „Provokation“ und betonte, dass ukrainische Sicherheitskräfte bereits zwei der Provokateure festgenommen haben – von möglicher „russischer Spur“ keine Rede.
Doch britische Blätter haben es geschafft, selbst dort eine „russische Einmischung“ zu finden.
Das britische Portal „Daily Star“ stellte nämlich klar – es waren bestimmt „russische Ultras“.
„RUSSIAN ultras were reportedly involved in an attack on Liverpool fans ahead of the clubs Champions League match against Real Madrid,” schrieb das Blatt.
Damit niemand die russische Spur übersieht, wurde das Wort RUSSIAN auch noch in Großbuchstaben geschrieben.
Auf welche Weise und warum russische Hooligans in der ukrainischen Hauptstadt auf Fans einer Mannschaft eines englisch-spanischen Finales einschlagen, wird selbstverständlich nicht genannt.
Die einzigen beiden Indizien, auf die sich das Blatt bezieht, sind, dass unbestätigten Gerüchten zufolge einige Männer am Vorfallort angeblich „Russisch gesprochen“ haben sollen sowie möglicherweise „russische Wörter auf ihren T-Shirts“ hatten. Unabhängig von der Abwegigkeit dieser „Beweise“, wird natürlich nicht erwähnt, dass unter den Ukrainern selbst ein großer Teil der Bevölkerung russisch spricht.
„Thugs who attacked the Liverpool fans were also reported to have been wearing t-shirt featuring Russian words“, um es hier wörtlich noch einmal wiederzugeben.
Und so bleibt es beim fast schon gewohnten Muster. Wenn sich etwas Negatives für die Briten ereignet, so sind es Russen, die es waren. Das gilt sowohl für Vorfälle in England selbst (Skripal-Vergiftung), Themen der internationalen Politik (angebliche Giftgas-Angriffe in Syrien) oder nun eben auch Fußball.
Als Belege werden Gerüchte, Spekulationen, wilde Interpretationen oder einfach nur Ausgedachtes vorgezeigt. Konkrete Beweise sind aus London in keinem dieser Fälle (wie auch in vielen anderen Fällen) jemals gekommen.
Unter Internetnutzern ist hierzu mittlerweile ein Hashtag verbreitet, mit dem man auf die andauernde russophobe Hysterie angelsächsischer Medien hinweist — #TheRussiansDidIt
Zu Deutsch: „Die Russen waren es“ oder „Die Russen haben es getan“.
Einsetzbar ist der Hashtag wohl in jeder Situation, in der man schnell einen Schuldigen finden will.
Dang Russians!! They are hacking everyone ?? #ThankYouTour2016 #TheRussiansDidIt #FakeNews #PresidentTrump pic.twitter.com/jUxi1q99Cp
— Dixie for Trump (@dixiefortrump) 17 декабря 2016 г.
#TheRussiansDidIt pic.twitter.com/1Morquttiq
— mrmojorisin (@dekcamp) 19 марта 2018 г.
#TheRussiansdidit pic.twitter.com/4VGCTmpKVj
— Andrew W. Pollock (@PopSovereignty1) 3 мая 2018 г.