Fernfahrer streiken seit über einer Woche wegen Treibstoffpreisen. Große Auswirkungen auf alltägliches Leben. Temer kündigt Senkung an. Darüber berichtet Maren Butter auf amerika21.
Der Streik der Lkw-Fahrer in Brasilien geht in die zweite Woche, obwohl De-facto-Präsident Michel Temer am Sonntag eine Senkung des Dieselpreises angekündigt hatte. Mittlerweile traten auch Gewerkschaften aus dem Erdölsektor dem Streik bei, da auch sie mit der Preisbildung nicht einverstanden sind. Sie fordern den Rücktritt des Petrobras-Chefs Pedro Parente. Zuvor hatte Temer am Freitag entschieden, das Militär zur Hilfe nehmen zu wollen, um den Streik zu beenden.
Am Sonntag hatte sich die Regierung Forderungen der Lkw-Fahrer gebeugt und eine Senkung des Dieselpreises um etwa 13 Prozent angekündigt. Der Literpreis, der am Sonntag bei 3,8 Reais (etwa 0,88 Euro) gelegen hatte, solle somit um 0,46 Reais gesenkt und für 60 Tage eingefroren werden. Danach solle der Preis anstatt täglich nur noch monatlich neu festgelegt werden. Der Verband der Lkw-Fahrer sieht darin jedoch keine Abkehr von der bisherigen Preispolitik.
So hält der Streik seit mittlerweile neun Tagen an. Vor allem Landstraßen und auch Ölraffinerien werden blockiert. Ausschließlich der Privatverkehr, Ambulanzen und Tiertransporte werden noch durchgelassen. Die hohe Anzahl an Blockadepunkten, die auf 500-1.000 geschätzt wird, führt vor allem zu Lebensmittel- und Treibstoffengpässen sowie Verkehrsbehinderungen. Auch zahlreiche Flugverbindungen wurden eingestellt.
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In Brasilien sind Millionen Lastwagen verantwortlich für den Großteil des Frachtverkehrs, sodass der Streik enorme Auswirkungen auf die Infrastruktur des gesamten Landes hat. In Rio de Janeiro waren zeitweise 80-90 Prozent der Tankstellen ohne Treibstoff. Zudem ist es möglich, dass die Wasserversorgung in der Metropole eingeschränkt wird, da Chemikalien zur Behandlung von Wasser nicht geliefert werden.
Auch im Lebensmittelsektor zeichnete sich bereits eine Preiserhöhung ab, außerdem fehlen in Supermärkten Obst und Gemüse. Große Fast-Food-Ketten mussten zeitweise schließen, da Fleisch und Brot nicht planmäßig geliefertwurden. In São Paulo rief am vergangenen Freitag der Bürgermeister den Notstand aus, um den Behörden zu erlauben, Privatbesitz zu beschlagnahmen.
Der Streik richtet sich gegen die hohe Zunahme der Treibstoffpreise. Diese stiegen jüngst stark an, was zum einen auf die hohen weltweiten Ölpreise zurückzuführen ist. Zum anderen war dem halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras 2016 erlaubt worden, seine Dieselpreise selbst festzulegen. Viele Lkw-Fahrer bemängeln, dass dadurch die Kosten inzwischen so hoch seien, dass kaum Gewinn durch die Arbeit erzielt werden könne.
Die Organisierung der Streiks hatte zunächst in den sozialen Medien begonnen, wodurch auch viele Fahrer teilnehmen konnten, die keiner Gewerkschaft angehören. In geschlossenen Online-Gruppen wurde debattiert und spontan am Sonntag, dem 20. Mai, beschlossen, die Straßen lahmzulegen.
Temer hatte daraufhin am vergangenen Donnerstag zum ersten Mal Änderungen mit Vertretern der Lkw-Fahrer verhandelt. Diese sollten die Blockaden für 15 Tage aussetzen, im Gegenzug sollte Petrobras den Dieselpreis für einen Monat um zehn Prozent senken. Der brasilianische Verband der Lkw-Fahrer (Abcam), der rund 700.000 Lkw-Fahrer vertritt, lehnte den Vorschlag jedoch ab und betonte, den Streik erst nach dem Rückgang der Kraftstoffpreise und einer Senkung der Steuern auszusetzen.