USA: Kongress kippt Gesetz zur Bankenregulierung — Nächste Finanzkrise vorprogrammiert?

Zehn Jahre nach der letzten großen Finanzkrise weichen die USA die als Lehre daraus entstandenen Regeln für Banken wieder auf. Präsident Trump hatte sie als «Desaster» bezeichnet und am liebsten ganz abschaffen wollen. Auch deutsche Banken wollen nun Erleichterungen.

Der US-Kongress hat den Weg für eine erste erhebliche Lockerung der im Zuge der Finanzkrise von 2008 verschärften Vorschriften für Banken freigemacht. Nach dem Senat stimmte am vergangenen Dienstag auch das Repräsentantenhaus für eine Rücknahme wesentlicher Teile des «Dodd-Frank»-Gesetzes, das erneute Bankenpleiten zulasten der Steuerzahler künftig verhindern sollte.

Die Deutschen Banken wünschen sich nun ebenfalls Erleichterungen, um gegenüber der US-Konkurrenz nicht weiter zurückzufallen. Nicht nur in den USA, sondern auch in Europa sollte die Bankenregulierung auf den Prüfstand, sagte Geschäftsführer Christian Ossig vom Bundesverband deutscher Banken.

Dass die Bundesregierung sich im Koalitionsvertrag darauf verständige, für «attraktive Rahmenbedingungen» einzutreten und die Wechselwirkungen der Regulierungsmaßnahmen zu untersuchen, sei ein Schritt in die richtige Richtung. «Eines ist jedoch klar: Der Wettbewerb mit den USA wird in jedem Fall schärfer», so Ossig.

Nur einen Tag nach der Entscheidung im US-Kongress wurde das Gesetz dem US-Präsidenten Donald Trump zur finalen Verabschiedung vorgelegt — und der zögerte nicht mit seiner Unterschrift. Trump hatte der Finanzlobby schon kurz nach seinem Amtsantritt 2017 eine große Freude mit dem Versprechen gemacht, die «Dodd-Frank»-Regeln in großem Stil zurückzudrehen.

Komplett zurückgenommen werden soll das im Jahr 2010 von Trumps Vorgänger Barack Obama verabschiedete Gesetz aber nicht. Ein zentraler Teil der Reform sieht zunächst vor, kleine und regionale Banken von den striktesten Regeln auszunehmen und erst ab verwalteter Vermögen von 250 Milliarden Dollar zu Sonderauflagen wie jährlichen Stresstests zu verpflichten. Bislang liegt die Schwelle bei 50 Milliarden Dollar.

Durch die Anhebung dieses Grenzwerts dürfte künftig nur noch eine kleine Gruppe von Großbanken strengerer Aufsicht unterliegen. Die Gesetzesreform passierte das Haus mit 258 zu 159 Stimmen. Der Senat hatte im März mit 67 zu 31 dafür votiert. Da es sich um einen Deal mit den Demokraten handelte, gehen die vereinbarten Lockerungen einigen republikanischen Abgeordneten noch nicht weit genug.

Letztlich begnügte sich die Partei jedoch vorerst mit dem nun erzielten Kompromiss, den sie auch eher als Auftakt zu weiteren Lockerungen betrachtet. Trump selbst hatte «Dodd-Frank» als «Desaster» bezeichnet und am liebsten ganz abschaffen wollen. Er meint, dass das Gesetz Banken die Kreditvergabe erschwere. Die verfügbaren Daten liefern dafür aber keine handfesten Hinweise.

Für die Banken-Lobby — insbesondere die der kleineren Institute — ist die Reform ein großer Erfolg, auch wenn sie sich nicht in allen Belangen durchsetzen konnte. Die Geldhäuser profitieren bereits von Trumps Steuerreform und verbuchen ohnehin sprudelnde Gewinne. Verfechter strikterer Regulierung warnen indes, die aufgeweichten Vorschriften könnten zu höheren Risiken für Verbraucher führen.

Der deutsche Bankenverband sieht die Anpassungen relativ gelassen. «Die vom US-Kongress beschlossenen Maßnahmen stellen die globale Finanzmarktarchitektur nicht auf den Kopf», meint Hauptgeschäftsführer Ossig. Die US-Regierung habe erkannt, dass ein profitabler Finanzsektor unerlässlich für einen dynamischen Wirtschaftsraum sei. «Dazu gehören auch Erleichterungen für kleinere und mittlere Banken, die von unnötigem Ballast befreit werden».

Doch es gibt auch deutlich kritischere Stimmen, die vor einer ähnlichen Entwicklung wie vor der Finanzkrise in 2008 warnen. Es wird befürchtet, dass die kleinen und mittleren Banken, die stark unter den Niedrigzinsen in den USA leiden, aus reinem Überlebensdrang wieder Subprime-Kredite an nicht-kreditwürdige Kunden vergeben könnten. Das würde zwar ihre Bilanzen kurzfristig aufbessern, birgt aber wieder ähnliche Risiken wie die Entwicklungen in den Jahren vor 2008.

Zudem sind die Bemühungen der Bankenlobby zum Rückbau der «Dodd-Frank»-Regeln damit wohl noch nicht abgeschlossen. Wall-Street-Firmen wie Goldman Sachs ist innerhalb des Gesetzespakets insbesondere die «Volcker Rule» ein Dorn im Auge, die diesmal noch nicht angetastet wurde. Die Regel untersagt Geschäftsbanken, die von einer staatlichen Bürgschaft für Privatkundeneinlagen und anderen staatlichen Absicherungen profitieren, auf eigene Rechnung bzw. unter Einsatz von Kundeneinlagen mit Wertpapieren zu spekulieren. Eine Praxis, die als Eigenhandel bezeichnet wird.

Die Regel enthält jedoch riesige Schlupflöcher, die den Banken solche Spekulationen erlauben, solange sie unter dem Vorwand stattfinden, dass Geldanlagen abgesichert oder Finanzmärkte mit Liquidität versorgt werden müssten. Die US-Notenbank und andere Behörden arbeiten schon länger an einem Vorschlag für eine laschere «Volcker Rule 2.0».

Auslöser des «Dodd-Frank-Acts» war die letzte große Finanzkrise gewesen, die im Frühjahr 2007 durch massenhaft faule Kredite am US-Häusermarkt ausbrach und im September 2008 in der verheerenden Pleite des Wall-Street-Hauses Lehman Brothers eskalierte. Der Kollaps der Investmentbank löste einen Flächenbrand aus, der zeitweise das gesamte Finanzsystem bedrohte. Nur durch hunderte Milliarden an Staatshilfen wurden andere große Banken vor dem Kollaps bewahrt.

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