Die CDU würde einen Untersuchungsausschuss zur Bamf-Affäre gerne vermeiden. Innenminister Seehofer sieht das anders. Das könnte auch für Ex-CDU-Minister unangenehm werden.
Die Bamf-Affäre ist nicht nur das erste große Problem, das der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer in seiner neuen Rolle als Bundesinnenminister lösen muss. Der Skandal um manipulierte Asylakten in Bremen entwickelt sich allmählich auch zu einer erheblichen Belastungsprobe für das Verhältnis der Schwesterparteien CDU und CSU. Denn im Umgang mit der Affäre hat Seehofer nur zwei Optionen: Kleinreden und beschwichtigen oder aufklären und Kritik üben — an denjenigen, die in den vergangenen vier Jahren die politische Verantwortung für das Thema Asyl hatten.
Der Auftritt Seehofers in einer Sondersitzung des Innenausschusses zur Bamf-Affäre hat gezeigt: Er hat sich für Variante Nummer zwei entschieden. Vielleicht ist dem CSU-Chef fünf Monate vor der Landtagswahl dann doch das bayerische Hemd näher als die bundespolitische Unions-Hose. Denn wenn sich der CSU-Minister jetzt als Chefaufklärer inszeniert, der hart durchgreift, kommt er nicht umhin, CDU-Politikern aus der vorherigen Regierung von Kanzlerin Angela Merkel auf die Füße zu treten.
Seehofers Aufräumeifer
Seehofer gibt in der Sondersitzung bereitwillig Auskunft. Er habe Zeit mitgebracht, um alle Fragen zu beantworten, witzelt er, «bis Fronleichnam». Er sagt, das Bundesinnenministerium (BMI) habe in den vergangenen Jahren nicht gründlich genug hingeschaut, was da genau los war beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Eine vernünftige Fachaufsicht stelle er, Seehofer, sich anders vor.
Im Namen der Bundesregierung entschuldigt sich der Minister bei der Bevölkerung für die Fehler, die im Bamf gemacht wurden. Die Kommunikation zwischen dem Innenministerium und dem Bundesamt für Migration und Flüchtling sei «nicht gut» gewesen. Er wolle die Art und Weise, wie Asylverfahren in Deutschland ablaufen, reformieren — und zwar «ohne Hektik», betont Seehofer nach dem Ende der Sondersitzung.
Kritik an früheren Ministern und Verantwortlichen
Zu denen, die seine Kritik trifft, gehört sein Amtsvorgänger Thomas de Maizière (CDU), der heute als einfacher Abgeordneter im Bundestag sitzt. Aber vor allem auch der heutige Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Der frühere Kanzleramtschef war von Merkel im Herbst 2015 zum Flüchtlingskoordinator ernannt worden. Doch auch die Beamten im BMI sollten genau hinhören. Wer Seehofers Aufräumeifer kennt, kann sich ausrechnen, dass der Stuhl von Bamf-Präsidentin Jutta Cordt unmöglich der einzige sein kann, der jetzt wackelt. Seehofer sagt, er strebe nicht nur Änderungen im Ablauf der Asylverfahren an, sondern auch bei der Organisation. Wenn Cordt da mitspielt, könnte sie bleiben.
Seehofer hat von Anfang an gesagt, dass er sich nicht gegen einen Untersuchungsausschuss sperren würde. Die Grünen erklären sich das so: Drei Monate könnten ins Land gehen bis der Ausschuss eingesetzt wäre. Dann noch drei weitere Monate bis die relevanten Akten vorliegen. Bis dahin ist die Landtagswahl in Bayern gelaufen. Außerdem schauen Untersuchungsausschüsse vor allem auf Verfehlungen in der Vergangenheit, um daraus Lehren für die Zukunft zu ziehen. Seehofer als amtierender Minister wäre dann fein raus. Die Grünen, die diese Sonderausschuss-Sitzung beantragt haben, wollen ihn aber nicht so einfach von der Angel lassen.
Kommt der U-Ausschuss?
Ihre flüchtlingspolitische Sprecherin Luise Amtsberg sagt, dann müsse man auch die Ära von Hans-Peter Friedrich anschauen. Der CSU-Mann war von 2011 bis 2013 Bundesinnenminister. Ob die Grünen, wenn Seehofer alle Fragen beantwortet hat, einen Untersuchungsausschuss fordern werden, wollen sie frühestens an diesem Mittwoch entscheiden. Für Fraktionsvize Konstantin von Notz ist jetzt schon klar: «Wir werden mit der AfD nicht gemeinsame Sache machen».
Denn die AfD will, dass der Ausschuss die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin insgesamt beurteilt. Das wollen die Grünen nicht. Ihnen geht es nach eigenen Angaben vor allem darum, die Qualität der Verfahren beim Bamf zu verbessern. Dafür wollen sie in der nächsten Sondersitzung des Innenausschusses, die jetzt vereinbart wurde, weitere Beteiligte befragen. Im Gespräch sind Cordts Vorgänger Manfred Schmidt und Frank-Jürgen Weise, aber auch de Maizière. Ausgeschlossen ist auch nicht, dass Altmaier gebeten wird zu kommen.