Nach Ausweisung russischer Diplomaten im Fall Skripal: Berlin wartet auf Beweise

Die Bundesregierung hat bislang keine Beweise aus London zum Fall Skripal erhalten. Die deutschen Nachrichtendienste haben keine Erkenntnisse, dass Russland für den Giftanschlag verantwortlich sein könnte, schreibt die „Tagesschau“ in ihrer Online-Ausgabe (Donnerstag).

Nach jüngsten Erkenntnissen haben die Briten der Bundesregierung bis heute keine Beweise präsentiert, die belegen würden, dass Russland für den Giftanschlag auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter Julia verantwortlich ist. Bisher wisse man lediglich, dass es sich bei dem Gift um Nowitschok gehandelt habe — ein chemischer Kampfstoff, der in der Sowjetunion produziert worden war.

Laut rbb-Informationen hätten auch die deutschen Nachrichtendienste keine Erkenntnisse aus eigenen Quellen gewonnen, die einen solchen Rückschluss zuließen, so die Zeitung.

„Nach Julia Skripal hat mittlerweile auch ihr Vater Sergej das Krankenhaus wieder verlassen. Julia gab in den vergangenen Tagen in Großbritannien eine kurze Stellungnahme vor der Kamera ab: Sie finde es immer noch schwer zu glauben, dass sie und ihr Vater auf diese Weise angegriffen wurden. Ihre Genesung sei langsam und schmerzhaft gewesen“, hieß es in dem Beitrag.

Der Fall Skripal habe eine dramatische Verschlechterung der diplomatischen Beziehungen zwischen Russland und westlichen Staaten zur Folge. „Nachdem die britische Regierung erklärt hatte, sie sei überzeugt, dass Russland für den Giftanschlag auf Skripal und seine Tochter verantwortlich sei, waren über 140 russische Diplomaten aus insgesamt 26 europäischen Ländern, den USA, Kanada und der NATO ausgewiesen worden — ein in dieser Größenordnung einzigartiger Vorgang“, schrieb das Blatt.

Auch Deutschland habe vier russische Diplomaten ausgewiesen. Im Gegenzug habe Russland Diplomaten aus diesen Ländern in gleicher Zahl zu unerwünschten Personen erklärt.

„Dass das Gift sich nicht nur in Russland befand, wurde durch einen Medienbericht bekannt: NDR, WDR, ‚Süddeutsche Zeitung‘ und ‚Die Zeit‘ hatten berichtet, dass ein russischer Wissenschaftler in den 1990er Jahren dem Bundesnachrichtendienst (BND) eine Nowitschok-Probe angeboten hatte.“

„Jenseits der Tatsache, dass das Gift als Nowitschok identifiziert wurde, gibt es keine Spur, die nach Russland führt, geschweige denn in den Kreml. Die Entscheidung, sich an der Ausweisung russischer Diplomaten zu beteiligen, erscheint damit mehr als fragwürdig“, hieß es.

Der Ex-Oberst des russischen Militärgeheimdienstes GRU Sergej Skripal und seine Tochter Julia waren Anfang März auf einer Parkbank im südenglischen Salisbury bewusstlos aufgefunden worden. Die britische Seite macht Russland für die Attacke mit dem als Nowitschok bekannten chemischen Kampfstoff A234 verantwortlich. Moskau weist jegliche Anschuldigungen vehement zurück.

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