Wladimir Putin ist am Freitag in Peking eingetroffen. Inwieweit wird der Inhalt seiner Gespräche mit Xi Jinping von Chinas Differenzen mit den USA beeinflusst? Wie ist die künftige Rolle der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit? Wie wichtig ist eine persönliche Verständigung von Staatschefs für die Politik? Russische Experten kommentieren.
Der russische Politik-Experte Wjatscheslaw Smirnow sagte gegenüber Sputnik: „In der Außenpolitik beruht sehr viel auf persönlichen Sympathien von Staatschefs. Dies betrifft nicht nur Russland und China, sondern die ganze Welt. Denn sehr viele Fragen basieren auf Vertrauen, auf der Fähigkeit, die Psychologie der Nachbarn zu verstehen (…). Es ist sehr gut, dass Präsident Putin gerade mit China normale geschäftliche und freundschaftliche Beziehungen pflegt. Denn wenn man in die Zukunft blickt, hängt sehr viel von unserer Zusammenarbeit mit den Chinesen ab.“
Im Vorfeld seines Besuchs hatte Putin in einem Interview mit chinesischen Medien betont:
„Man kann sicher sein: Wenn wir mit Präsident Xi Jinping etwas vereinbaren, streben wir (ich meinerseits und er seinerseits, das weiß ich) immer danach, unsere Verpflichtungen zu erfüllen.“
Im Hinblick auf Chinas außenpolitische Situation sagte der russische Auslandsexperte Andrej Kortunow dem Radiosender BFM, in Peking sei man sich darüber im Klaren, dass im Zusammenhang mit dem Vorgehen der gegenwärtigen US-Administration die Risiken für China zunähmen. Neben Restriktionen im Handelsbereich könne von einem zunehmenden militärpolitischen Druck auf Peking die Rede sein:
„In den letzten Monaten kam es zu einer Intensivierung der multilateralen amerikanisch-japanisch-australisch-indischen Kooperation. Kürzlich wurde China zu einem Marine-Großmanöver demonstrativ nicht eingeladen, das von den USA und ihren Verbündeten abgehalten wird.“
Wir Kortunow prognostizierte, soll dieser Hintergrund auch die Inhalte der Gespräche von Xi und Putin beeinflussen. So könnte es bei der Begegnung etwa um eine„Entdollarisierung“ des russisch-chinesischen Handels gehen oder um „finanzielle Reservesysteme“ für den Fall eines US-Versuchs, das Transaktionsverfahren SWIFT als politisches Druckmittel zu nutzen.
Im chinesischen Qingdao soll Putin außerdem am dortigen Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) teilnehmen. Mitglieder der SOZ sind neben Russland und China auch Kasachstan, Kirgisien, Tadschikistan, Usbekistan, Indien und Pakistan.
Der Analyst Fjodor Lukjanow kommentierte für BFM, die künftige Rolle der SOZ in der Welt sei vorerst ziemlich nebulös, das Interesse für diese Organisation nehme aber zu: „Vor allem hängt dies natürlich damit zusammen, dass die ganze politische Situation um Ost- und Südasien generell reger wird, sowie mit der amerikanischen Indopazifik-Initiative, die sich offensichtlich gegen China richtet. All dies bewegt die größten eurasischen Kontinentalmächte China und Russland dazu, eine Alternative zu entwickeln. Da ist die SOZ natürlich die aussichtsreichste Organisation.“