Private Interessen? Israel und USA wollen sich milliardenschwere Ölfunde in Syrien sichern

Die USA wollen die Golanhöhen als israelisches Territorium anerkennen. RT Deutsch deckt auf, dass ein wesentliches Interesse im Syrien-Konflikt den enormen Ölfunden in der Region gilt. Die Spur führt von Finanzmogulen bis hinauf zur Trump-Familie.

von Ali Özkök

Im Jahr 2013 erteilten israelische Behörden trotz des Widerstandes von Umwelt- und lokalen Gruppen dem bisher unbekannten Energieunternehmen Afek Oil and Gas Company Limited eine exklusive dreijährige Erdölexplorationslizenz für ein 400 Kilometer großes Gebiet auf den Golanhöhen. Das Grenzgebiet wird von den Vereinten Nationen als von Israel besetztes syrisches Territorium anerkannt. Die Lizenz erstreckt sich bis auf den See Genezareth, die Quelle des größten Teils des israelischen Trinkwassers. Insgesamt wurde das Unternehmen mit zehn Bohrungen beauftragt.

2015 wurde bekannt, dass Afek Oil and Gas Company Limited riesige Ölreserven auf den Golanhöhen entdeckte. Medienberichten zufolge beläuft sich die Menge der Funde auf einen Wert, der «zehnmal größer ist als ein durchschnittliches Ölfeld«. Afek selbst teilte mit, dass die Lagerstätten in den Golanhöhen Milliarden von Barrel Erdöl beherbergen. In einem Interview mit Israels Channel 2 News sagte der Chefgeologe von Afek, Yuval Batov, dass die Erdölschicht in dieser Region 350 Meter dick sei, was als besonders ertragsreich gilt.

Doch es gibt ein Problem mit der Ausbeutung der Reserven. Israel hat 1981 einen Großteil der Golanhöhen militärisch annektiert. Die Höhen gelten international immer noch als illegal besetztes syrisches Territorium, was die Ausbeutung des Öls also verbietet. In der Vergangenheit haben israelische Staatsführer angeboten, sich von den Golanhöhen zurückzuziehen, als Gegenleistung für einen umfassenden Friedensvertrag mit der syrischen Regierung. Seit dem Beginn des Syrien-Konflikts im Jahr 2011 hat sich ein solcher Deal jedoch wegen der Schwäche der Zentralregierung erübrigt.

Dieses Zeitfenster veranlasste die israelische Regierung und die Unternehmensführung von Afek, das eine Tochtergesellschaft des US-Unternehmens Genie Energy ist, offenbar dazu, das entstandene Vakuum in Syrien auszunutzen. Die Anerkennung der Golanhöhen, die seit Jahrzehnten unter israelischer Kontrolle stehen, durch die USA würde die Probleme im Zusammenhang mit der Ausbeutung der Energiereserven lösen. Die Anerkennung von Jerusalem im Dezember 2017 und der Botschaftsumzug könnte dabei als Blaupause für die territoriale Erweiterung Israels auf den Golanhöhen herhalten.

Laut dem israelischen Minister für Nachrichtendienste erwägt die Regierung unter US-Präsident Donald Trump inzwischen tatsächlich, in den kommenden Monaten die Golanhöhen als israelisches Territorium anzuerkennen. Das sagte Israel Katz gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Laut dem Minister stehe das Thema gegenwärtig «ganz oben auf der Agenda» der bilateralen Gespräche zwischen Tel Aviv und Washington.

Wie das Nachrichtenportal MintPress berichtet, wird Genie Energy von einflussreichen Akteuren in den USA unterstützt, wie dem ehemaligen Finanzminister Larry Summers, dem ehemaligen Vizepräsidenten und Halliburton-Manager Dick Cheney sowie dem ehemaligen CIA-Direktor James Woolsey, die wichtige Anteile am Energieunternehmen halten.

Milliardäre, die für eine pro-zionistische Haltung bekannt sind, wie der in Australien geborene Medienmogul Rupert Murdoch und der Engländer Jacob Rothschild, sind ebenfalls mit dem Unternehmen verbunden. Geschäftsführendes Vorstandsmitglied von Genie Energy ist Howard Jonas, ein prominenter republikanischer Spender, der regelmäßig jüdisch-orthodoxe Projekte finanziert. Er gilt auch als Unterstützer des israelischen Premiers Netanjahu.

Der ehemalige Vorsitzende der ehemaligen Muttergesellschaft von Genie Energy, IDT Corp., ist Ira Greenstein, ein Freund von Trumps Schwiegersohn Jared Kushner. Die Spur reicht bis in das Weiße Haus, wo Greenstein derzeit arbeitet. Greenstein soll zum Zeitpunkt des ersten US-amerikanischen Luftangriffs gegen Syrien am 7. April 2017 trotz seiner Tätigkeit im Weißen Haus als Anwalt und hochrangiger Berater von Donald Trump noch Präsident von Genie Energy gewesen sein, was einen Interessenskonflikt bei der Beratungstätigkeit nahelegen könnte.

Greenstein war ebenso Präsident und Schatzmeister der NGO «American Friends of Mosaic United», schreibt das investigative Nachrichtenportal Medium. Mosaic United ist eine Organisation, die vom umstrittenen israelischen Bildungsminister Naftali Bennett angeführt wird, wobei es sich darüber hinaus um das Vorzeigeprojekt des israelischen Ministeriums für Diaspora-Angelegenheiten handelt. Bennett forderte zuvor die Weltgemeinschaft auf, die Golanhöhen als israelisches Territorium anzuerkennen und einen Bevölkerungsboom durch neue Siedlungen zu erreichen. Bennett verglich die Golanhöhen auch mit dem Westjordanland und erklärte, dass es sich um Territorium handele, das nicht an Feinde weitergegeben werden dürfe.

Für Medium besteht kaum ein Zweifel daran, dass allein schon Greensteins direkte Präsenz im Weißen Haus zahlreiche Probleme mit der offiziellen Geschichte der US-Regierung verursacht, die den Militärangriff auf Syrien im April 2017 rechtfertigt. Demnach soll die syrische Armee angeblich einen chemischen Angriff gegen Rebellen in Chan Schaichun durchgeführt haben. Zweifel bestehen nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass es womöglich private Geschäftsinteressen für einen Angriff auf die syrische Regierung gibt. Schließlich dürfte es angesichts der energiepolitischen Bedeutung der Golanhöhen kein geopolitisches Interesse an einer Stärkung der syrischen Regierung in Israel und den USA geben.

Kushners Frau Ivanka Trump soll ihren Vater «überzeugt» haben, den ersten Angriff auf Syrien damals zusammen mit der ehemaligen stellvertretenden nationalen Sicherheitsberaterin Dina Powell anzuordnen. Powell ist wie der ehemalige Direktor des Nationalen Wirtschaftsrates Gary Cohn Bankmanagerin, CEO der Goldman-Sachs-Investitionsgesellschaft für ethische Projekte und Präsidentin der Goldman-Sachs-Stiftung. Greensteins Sohn, Jonathan Greenstein, ist ebenfalls Rechtsanwalt bei Goldman Sachs.

Afek, die Tochtergesellschaft von Genie Energy im Golan, wird von einem engen Freund des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu und ehemaligen Knesset-Abgeordneten Efraim «Effie» Eitam geleitet. Eitam, der zuvor auch als Minister für Nationale Infrastruktur tätig war, hat wiederholt dazu aufgerufen, alle Araber aus Israel auszuweisen, indem er sagte, dass Israelis «nicht mit all diesen Arabern zusammen sein und das Land nicht aufgeben können. Wir werden eine andere Entscheidung treffen müssen, um die israelischen Araber aus dem politischen System zu entfernen». Er bezeichnete die israelischen Araber auch als «Krebsgeschwür». Des Weiteren zog er die Schlussfolgerung:

Wir werden sie alle töten müssen.

Eitam lebt derzeit in Israels größter illegaler Siedlung im besetzten Golan. Am 14. September 2017 fand ein Treffen zwischen dem US-Innenminister Ryan Zinke und Eitam statt. Zinke gilt als enger Vertrauter von US-Präsident Donald Trump. Die ansonsten in den Medien untergegangene Unterredung tauchte im öffentlichen Kalender des US-Innenministeriums auf.

«Sie haben jemanden, der in illegale Tätigkeiten verwickelt ist, und indem er Eitam trifft, scheint es, als würde er der Person Glaubwürdigkeit schenken», kritisierte John Quigley, ein internationaler Rechtsprofessor am Moritz College of Law der Ohio-Landesuniversität Moritz, gegenüber E&E News.

Die Investitionen von Genie Energy in den Golan sind wahrscheinlich der stärkste Faktor, der die USA zur Anerkennung der israelischen Souveränität über das besetzte Gebiet treibt. Außerdem steht die Frage aus, zu welchem Maße die persönlichen Interessen des innersten Kreises rund um Donald Trump involviert sind. Tatsächlich bedeutet das, dass die israelische Tochtergesellschaft von Genie ohne die Anerkennung der Kontrolle Israels über die Region kein Öl auf den internationalen Energiemärkten verkaufen kann, das aus einem besetzten Gebiet kommt.

Der Vertrag von Genie zur Durchführung von Explorationsbohrungen in den Golanhöhen läuft in diesem Jahr aus. Die Investoren brauchen unter diesem Gesichtspunkt unbedingt politische Schützenhilfe aus den USA. Nur eine Entscheidung der USA über Israels Anspruch auf die Golanhöhen könnte das Problem lösen, vor dem Genie Energy, seine Investoren und die israelische Regierung stehen.

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