Einstimmigkeitsprinzip in EU-Außenpolitik soll fallen

Deutsche Kanzlerin Merkel macht Druck, EU-Kommission präsentiert im Herbst einen Paketvorschlag.

Neben großen Brocken wie Brexit, EU-Budget und der Suche nach gemeinsamen Lösungen im Streit um Migration, Asyl und Schutz der Außengrenzen kommt auf die österreichische Ratspräsidentschaft ab Juli die Bewältigung einer weiteren höchst anspruchsvollen Aufgabe zu: Die EU-Kommission wird nach Informationen des STANDARD im Herbst einen Paketvorschlag vorlegen, der auf deutlich mehr Effizienz bei der gemeinsamen Außenpolitik abzielt.

Das Prinzip der zwingenden Einstimmigkeit, das derzeit im EU-Außenministerrat gilt, soll möglichst weit abgeschafft werden. Derzeit ist die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit auf EU-Ebene durch die Vetomöglichkeit einzelner Länder stark eingeschränkt. Der seit 2009 geltende EU-Vertrag von Lissabon sieht zwar vor, dass die Staats- und Regierungschefs jederzeit (einstimmig) beschließen können, bei der gemeinsamen Außenpolitik das Prinzip der qualifizierten Mehrheit einzuführen.

Basis für Quotenbeschluss

Davon wurde bisher aber kein Gebrauch gemacht, anders als im Bereich der inneren Sicherheit, wie der EU-Abgeordnete Othmar Karas Freitag in München am Rande der Tagung der Europäischen Volkspartei erklärte. Das sei 2015 «die Basis» gewesen für die Entscheidung der EU-Innenminister, für die Verteilung von anerkannten Asylwerbern auf die EU-Staaten Quoten zu beschließen. Vier Staaten wurden überstimmt.

Ähnlich heikel wie bei der inneren Sicherheit ist es bei außenpolitischen Fragen, bei denen nationale Befindlichkeiten und Traditionen eine große Rolle spielen – nicht zuletzt durch sicherheitspolitische und militärische Implikationen.

Immer wieder gescheitert

Das zu ändern wurde seit fast zwei Jahrzehnten versucht, man scheiterte aber immer an nationalen Barrieren, zuletzt 2005, als die Bürger in Frankreich und den Niederlanden den Verfassungsvertrag verhinderten, der die Umstellung auf das Prinzip der Mehrheitsentscheidungen vorsah. Die deutsche Kanzlerin macht nun Druck. Wie sie in München ankündigte, soll die Einstimmigkeit möglichst noch vor den EU-Wahlen 2019 abgeschafft werden. Der österreichische EU-Vorsitz müsste den Kommissionsvorschlag im Herbst auf Ratsebene weiterverfolgen.

Außenministerin Karin Kneissl und Europaminister Gernot Blümel käme die Aufgabe zu, zwischen den EU-Staaten eine Beschlusslage herbeizuführen. Der Vorstoß erfolgt mit dem Ziel, den Bürgern noch vor den Europawahlen zu zeigen, dass man es ernst meint mit den Absichten, die Union effizienter und handlungsfähiger zu machen. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker möchte, dass der Beschluss spätestens in der letzten Sitzung des EU-Parlaments im April 2019 gefasst wird, bevor die EU-Abgeordneten das Ende der Legislaturperiode einläuten.

Das würde bedeuten, dass die neuen Regeln in der gemeinsamen Außenpolitik bereits für die Nachfolgekommission gelten. Es wäre das keine EU-Vertragsänderung, die ein Referendum braucht.

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