Lafontaine: „Vorsitzende haben Quittung bei Wiederwahl bekommen“

Nach Einschätzung von Ex-Parteichef Oskar Lafontaine haben die Linke-Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger mit dem Dämpfer bei ihrer Wiederwahl die Quittung für den Dauerstreit mit der Fraktionsspitze bekommen. Wagenknecht sieht noch mehr Diskussionsbedarf.

«Der wichtigste Grund ist wohl, dass die beiden Parteivorsitzenden die Fraktionsführung häufig attackiert haben. So wie sie im vorigen Herbst versucht haben, die Rechte der Fraktionsvorsitzenden zu beschneiden. Das hat den Delegierten wohl nicht gefallen», sagte Lafontaine der «Rheinischen Post».

Die beiden Vorsitzenden hatten beim Parteitag am Wochenende in Leipzig deutlich schlechtere Wahlergebnissen als 2016 in Magdeburg bekommen.

Die Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch hätten sachlich argumentiert und nicht mit «Verbalinjurien gearbeitet, mit denen sie selbst überzogen wurden wie mit Vorwürfen des Nationalismus, Rassismus und der AfD-Nähe», sagte Lafontaine, der mit Wagenknecht verheiratet ist.

Zur Aufforderung Kippings, er solle den Beschluss des Leitantrags zur Flüchtlingspolitik akzeptieren und diesen nicht mehr ständig öffentlich infrage stellen, sagte er: «Den jetzigen Beschluss für offene Grenzen kann ich voll mittragen. Ich lebe seit Jahrzehnten an der französischen Grenze und bin froh, dass sie offen ist. Im Bundestags-Wahlprogramm, das ich kritisiert habe, stand etwas ganz anderes: offene Grenzen für alle, Bleiberecht für alle und 1050 Euro monatlich für alle.»

Von dieser unhaltbaren Forderung seien Kipping und Riexinger jetzt abgerückt. Lafontaine betonte: «Die Bekämpfung von Fluchtursachen, eine soziale Offensive für alle und offene Grenzen unterstütze ich selbstverständlich.»

Miteinander reden, Debatte nicht beendet

Die Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Sahra Wagenknecht, sieht weiterhin Diskussionsbedarf in ihrer Partei. «Alle Parteien diskutieren die Flüchtlingspolitik, niemand hat abschließende Positionen, deshalb wird die Debatte auch nicht nach unserem Parteitag beendet sein», so Wagenknecht im Fernsehsender «phoenix».

Bestimmte Streitfragen seien im Leitantrag sowieso ausgeklammert gewesen. Allerdings müssten die persönlichen Schuldzuweisungen innerhalb der Partei aufhören. «Ich würde mir wünschen, dass wir endlich die zum Teil infamen Diffamierungen beenden und aufhören, uns in die rechte Ecke zu stellen, wie dies ja teilweise mir gegenüber geschieht.»

Wagenknecht bekräftigte ihre Auffassung, wonach es keine Öffnung der Grenzen für alle geben könne. «Es muss offene Grenzen für Verfolgte geben, aber wir dürfen auf keinen Fall sagen, dass jeder, der möchte, nach Deutschland kommen kann, hier Anspruch auf Sozialleistungen hat und sich hier nach Arbeit umsehen kann.»

Ein Staat sei im Übrigen auch gefordert, zu gewährleisten, dass Menschen in einem Umfeld leben könnten, in dem sie sich sicher fühlten. «Dies infrage zu stellen ist keine linke Position, sondern eine völlig absurde Position», meinte Wagenknecht. Wer dies vertrete verprelle auch potentielle Wähler, die vom Grundsatz her durchaus viele Positionen der Linken teilten, eine totale Grenzöffnung jedoch ablehnten.

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