Zehn EU-Staaten wollen Lösung in Asylstreit sondieren — Reuters

Unter dem Eindruck verhärteter Fronten zwischen CDU und CSU kommt auf europäischer Ebene in den Streit über die Flüchtlingspolitik Bewegung, berichtet Reuters.

Bei einem informellen Treffen mehrerer Staats- und Regierungschefs am Sonntag in Brüssel solle über Lösungen für die Aufnahme der Menschen besprochen werden, teilte die Kommission am Mittwoch mit. An dem Treffen nehmen neben Deutschland auch Frankreich, Italien, Österreich, Griechenland, Spanien, Malta, Bulgarien, Belgien und die Niederlande teil.

Kanzlerin Angela Merkel, die mit Innenminister Horst Seehofer über die Asylpolitik streitet, sagte beim Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung, die Immigration sei eine europäische Herausforderung. “Und wir müssen festlegen — möglichst mit gemeinsamen Standards in der Europäischen Union — wer zu uns kommen darf und wer bleiben darf und wer nicht.” Deutschland stehe zur Verantwortung, Menschen zu schützen, die vor Krieg und Terror geflüchtet seien, als auch für den Zusammenhalt in Europa.

Das Thema kommt auch auf dem EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag kommender Woche zur Sprache. Das Treffen könnte für die Zukunft der großen Koalition entscheidend sein. Denn auch am Mittwoch forderte die CSU, spätestens Anfang Juli auch ohne Absprachen in anderen EU-Staaten erfasste Flüchtlinge an den deutschen Grenzen abzuweisen. Merkel will dies verhindern und hat Seehofer mit ihrer sogenannten Richtlinienkompetenz gedroht. Damit könnte sie den CSU-Chef aus dem Ministeramt entlassen.

Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker forderte, “einseitige, unkoordinierte Maßnahmen” zu unterlassen. Dies geht aus einem Entwurf der Gipfelerklärung hervor, die Reuters vorliegt. Demnach sollen sich die zehn Staaten darauf verständigen, die Sicherung der Außengrenzen zu verstärken und die Bewegungsfreiheit von Migranten innerhalb der EU einzuschränken. So soll es verstärkte Kontrollen an Bahnhöfen und Flughäfen geben. Zudem soll es bilaterale Rücknahmeabkommen geben, wie aus dem Entwurf hervorgeht. Asylbewerber sollen nur noch Sozialleistungen in jenem Land bekommen, das für sie zuständig ist. Der Entwurf der Erklärung könnte bis Sonntag noch geändert werden.

EUROPÄISCHE LÖSUNG NICHT IN SICHT

Viele EU-Politiker wollen eigentlich eine gesamteuropäische Lösung. Eine Einigung ist allerdings unwahrscheinlich: So nehmen Ungarn sowie die direkten deutschen Nachbarn Polen und Tschechien an dem Treffen nicht teil. Der italienische Innenminister Matteo Salvini sagte, sein Land wolle eher Migranten abgeben statt mehr aufzunehmen. Italien gehört ebenso wie Österreich zu den Ländern in der EU, die den Zuzug von Flüchtlingen drosseln wollen.

Merkel hat sich zwar auch dazu bekannt, dass die Migrationsbewegungen gesteuert werden müssen. Sie lehnt aber einseitige Maßnahmen ab. Parallel zu den Bemühungen auf europäische Ebene gibt es auch in Deutschland Versuche, den Asylstreit zu entschärfen. Deswegen soll am Dienstag der Koalitionsausschuss mit den Spitzen von CDU, CSU und SPD zusammenkommen. Seehofer erklärte, dabei werde über Europa und die Erklärung von Meseberg gesprochen, auf die sich Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Dienstag verständigten. Dabei kam Macron Merkel entgegen und erklärte seine Bereitschaft zu bilateralen Vereinbarungen zur Flüchtlingsrücknahme.

In Rom mischte sich der Papst in die Debatte ein und warf Populisten vor, beim Thema Einwanderung Psychosen zu schaffen. Dabei sei Europa wegen der Alterung der Bevölkerung auf Immigranten angewiesen, sagte Franziskus in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.