Kosovo-Flagge bei Schweizer Spieler sorgt für Furore

Sportlich geht es um das Weiterkommen bei der Fußball-WM. Doch für viele Serben, und vor allem Albaner, steht sehr viel mehr auf dem Spiel. Das Duell Serbien gegen die Schweiz in Kaliningrad ist hoch politisch, obwohl beide Seiten um Deeskalation bemüht sind.

Ein Paar Fußball-Schuhe sind auf dem Foto zu sehen. Auf dem linken ist die Schweiz-Flagge abgebildet, auf dem rechten der Umriss des von Serbien nicht anerkannten Staates Kosovo in Farben der Nationalfahne. Das Foto wurde eigentlich bereits am 23. Mai auf dem Instagram-Profil des Schweizer Nationalspielers Xherdan Shaqiri veröffentlicht. Doch richtig hohe Wellen macht es erst jetzt vor dem WM-Duell Serbien gegen die Schweiz in Kaliningrad. Viele in Serbien bewerten dies als grobe Provokation, Kosovo-Albaner sehen darin indes die Bekenntnis des Fußballers zu seinen Wurzeln.

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Der 26-Jährige wurde als Sohn albanischer Eltern im jugoslawischen Gnjilane geboren, das heute zum Kosovo gehört. Die abtrünnige serbische Provinz, die 2008 ihre Unabhängigkeit ausgerufen hat, wird weiterhin von Belgrad nicht als Staat anerkannt. Mit seiner Familie zog Shaqiri in frühester Kindheit in die Schweiz um und bekam die Staatsbürgerschaft, weswegen er heute in der Fußballnationalmannschaft der Eidgenossen spielt.

Der Schweizer Spieler Shaqiri begann einen Sonderkrieg gegen Serbien», schrieb das Online-Portal Srbin.info.

Auch in Albanien und im Kosovo schlägt die Partie hohe Wellen

Auch die serbische Tageszeitung Kurir befasste sich mit dem Foto. In einem Artikel zitierten sie den serbischen Stürmer Aleksandar Mitrović zu den Schuhen: «Ich habe die Geste mit der Flagge des Kosovo nicht als Provokation verstanden. Das ist sein Ding, und ich sollte mich nicht dafür interessieren.» Er wurdere sich jedoch über etwas Anderes:

Wenn sie den Kosovo schon so sehr lieben, warum verteidigen sie dann die Farben anderer Länder?»

In diversen Internetforen und in den sozialen Netzwerken fliegen die Giftpfeile zwischen den Fans seit Tagen hin und her. Der politische Hintergrund dominiert die Diskussion über das bevorstehende Spiel. Vor allem in Albanien und im Kosovo schlägt die Partie hohe Wellen. Zwar sind die Albaner gar nicht bei der WM dabei, doch sie bezeichnen die Schweizer gerne als ihre Ersatz-Nationalmannschaft. Schließlich stehen mit Granit Xhaka, Xherdan Shaqiri, Valon Behrami und Blerim Dzemaili gleich vier Spieler mit albanischen Wurzeln im Kader der Eidgenossen.

Wir werden diesen Serben zeigen, dass die Niederlage ein Teil ihrer DNA ist», schrieb das Online-Portal Albanian Soccer vor der Partie am Freitagabend, die unter der Leitung eines deutschen Schiedsrichters — Felix Brych — stehen wird.

Vorfall aus Belgrad mit der Flagge Großalbaniens ist bei Serben nicht vergessen

Die aufgeheizte Stimmung vor allem in den sozialen Medien hat neben der Wichtigkeit des Matches für beide Teams auch einen anderen Grund. Im EM-Qualifikationsspiel 2014 zwischen Serbien und Albanien flog während der Partie in Belgrad eine Drohne mit der Fahne von Großalbanien über das Spielfeld. Der serbische Fußballer Stefan Mitrović riss sie aus der Luft herunter und wollte eigentlich weiterspielen. Leider fühlten sich viele serbische Fans, darunter auch viele Hooligans, vor dieser Aktion so provoziert, dass sie den Rasen stürmten. Es kam zu tumultartigen Szenen, am Ende wurde das Spiel abgebrochen und später am Grünen Tisch mit 3:0 für Albanien gewertet. Serbien schaffte es später nicht, sich für die EM 2016 in Frankreich zu qualifizieren, während es Albanien unter anderem durch diesen Sieg gelang.

Serbiens Nationalcoach Mladen Krstajić ist aber bemüht, den Blick auf das Sportliche zu lenken. In einem Interview mit der Schweizer Zeitung Blick sagte er: «Ich bin aus einem Land mit mehreren Kulturen, aus Bosnien. Mein Vater ist Montenegriner, meine Mutter Serbin. Ich bin ein internationaler Mensch. Die Nationalität ist für mich nicht relevant, dafür aber, dass die Schweiz ein gutes Team ist – und ein extrem multikulturelles», sagte der ehemalige Profi von Werder Bremen und FC Schalke 04.

Das serbische Online-Portal BlicSport zitierte auch Shaqiri: «Viele Leute denken, dass es hier um Politik geht und erwarten viel, vor allem weil ich aus dem Kosovo stamme – aber das ist jetzt nur ein Fußballspiel und nicht mehr.»