Mindestens neun EU-Mitgliedsländer wollen militärische schnelle Eingreifkräfte ins Leben rufen

 

Mindestens neun EU-Mitgliedsländer haben sich darauf geeinigt, im Rahmen der Europäischen Verteidigungsinitiative militärische schnelle Eingreifkräfte ins Leben zu rufen.

Die Initiative zur Bildung der europäischen „Mini-Armee“ geht auf den französischen Präsidenten Emmanuel Macron zurück. Er will offenbar von den innenpolitischen Problemen der deutschen Kanzlerin Angela Merkel profitieren und zum inoffiziellen Führungspolitiker der Union aufsteigen. Seine Initiative befürworteten Deutschland, Belgien, Großbritannien, die Niederlande, Dänemark, Estland, Spanien und Portugal.

Voraussichtlich werden die europäischen Eingreifkräfte außerhalb des Rahmens der Hauptstruktur der Europäischen Union agieren. Auffallend ist die Situation um die Zustimmung des Vereinigten Königreichs, das die EU im März 2019 offiziell verlassen wird. Nicht ganz klar ist auch die Situation um die Position Italiens. Ursprünglich hatten die Italiener Macrons Vorstoß befürwortet. Doch die aktuelle populistische Regierung Giuseppe Conte bezweifelt die Zweckmäßigkeit einer Teilnahme an der neuen militärischen Struktur.

Viele Experten führen die Entscheidung zur Bildung der europäischen Eingreifkräfte auf Brüssels Unzufriedenheit mit der Nato zurück, die vermutlich nicht mehr in der Lage sei, die Alte Welt zu verteidigen. Die Europäer wissen noch zu gut, wie US-Präsident Donald Trump das Bündnis kritisierte und sich quasi weigerte, es weiter zu unterstützen. Da die USA die absolute Führungsrolle in der Nato spielen, kann man wohl sagen, dass Europa durch die Gründung der parallelen Militärstruktur sein fehlendes Vertrauen zu Washington unmittelbar zeigt.

Manche fürchten, dass die neuen gesamteuropäischen Truppen viel zu stark von ihrem „Paten“ Macron abhängen könnten. Allerdings gibt es aktuell noch kaum Informationen zu diesem Thema, und man kann noch nicht sagen, womit sich die neue Militärstruktur beschäftigen soll, wer sie kontrollieren würde usw.

Zum ersten Mal hatte Macron das Thema europäischer schneller Eingreifkräfte im September 2017 offen angesprochen.

„Der Initiative Macrons fehlt definitiv die cartesianische Klarheit“, findet Nick Whitney vom Europäischen Rat für internationale Beziehungen. „Während seiner Rede sagte er unter anderem: ‚Anfang des nächsten Jahrzehnts sollten in Europa die europäischen Eingreifkräfte gebildet werden, die einen einheitlichen Etat und eine einheitliche Aktionsdoktrin haben sollen‘.“

Die Europäische Verteidigungsinitiative sieht eine gesamteuropäische militärische Antwort im Rahmen sowohl der EU als auch der Nato vor. Gleichzeitig wurde in Brüssel auch eine Gesamteuropäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik formuliert.

Im Allgemeinen befürwortet man in der Alten Welt die Idee zur Bildung der gemeinsamen europäischen Streitkräfte. Allerdings ist es vorerst schwer zu sagen, ob und wann sie gegründet werden könnten. Dieses Ziel verfolgen auch ziemlich viele multilaterale Programme und Projekte im Rahmen der Union: die  Ständige Strukturierte Zusammenarbeit (Pesco), der Europäische Verteidigungsfonds (EDF), der Koordinierte Jahresüberblick zu Verteidigungsfragen (Coordinated Annual Review on Defense, Card) und weitere.

 

Quelle: Sputnik