Prozessauftakt in Graz gegen die Identitäre Bewegung

Die Identitäre Bewegung entstand vor Jahren in Frankreich und ist heute in mehreren europäischen Ländern vertreten. Dem Ableger dieser Bewegung aus Österreich wird seit heute der Prozess gemacht. Die Tatsache, dass ein solcher Prozess überhaupt stattfindet, wird von Politikern und renommierten Juristen scharf kritisiert. Man befürchte, dass ein solcher Prozess eine politischen Gesinnungsjustiz ermögliche und Menschen sich alleine wegen ihrer politischen Einstellung vor Gericht verantworten müssen.

Vorgeworfen wird den  10 Aktivisten — darunter auch der Wiener Martin Sellner — von der Grazer Staatsanwaltschaft unter anderem die Bildung einer kriminellen Vereinigung (§278 StGB¹) zur Begehung von Verhetzung (§283 StGB) und Sachbeschädigung (§125 StGB). Möglich ist dies auch durch eine Strafrechtsnovelle aus dem Jahr 2015, welche Verhetzung explizit zur Begehung im Zuge einer kriminellen Vereinigung fähige Straftat erkor.

 

Eine kriminelle Vereinigung liegt laut § 278 StGB nur dann vor, wenn ein Zusammenschluss von Personen darauf ausgerichtet ist, Verbrechen, erhebliche Gewalttaten, schwere Sachbeschädigungen, Diebstähle, Betrügereien, Verhetzung, Bestechung, Terrorfinanzierung, Schlepperei, Geldwäscherei oder Geldfälscherei zu begehen.

 

Schwere Vorwürfe gegen die Identitäre Bewegung. Doch was hat die Identitäre Bewegung eigentlich getan? Immer wieder sind die Gruppierungen durch Demonstrationen, Publikationen und weiteren politischen Aktionen aufgefallen, die dem linken Politikspektrum nicht gefielen.
Auf Wikipedia steht im zweiten Satz: Sie gehen von einer geschlossenen „europäischen Kultur“ aus, deren „Identität“ vor allem von einer Islamisierung bedroht sei. Reicht das Leitbild schon aus oder kommen einzelne Aktion in Betracht, woraus man die Verhetzung erblickt? Inwiefern man Wikipedia nun trauen mag oder nicht, sei jedem überlassen. Fest steht, dass diese Beschreibung sowie der Rest weitläufig verbreitet werden.

 

In Österreich ist vor allem der politische Aktivist Martin Sellner bekannt, der unter anderem im März von sich Schlagzeilen machte, nachdem ihm die Einreise nach Großbritannien verweigert wurde, weil er auf dem Speakers Corner sprechen wollte. Im April wurden bei Sellner und einem weiteren Aktivisten Razzien durchgeführt und auch die Konten der Bewegung werden immer wieder gekündigt.

 

Der Grazer Staatsanwaltschaft  zufolge verübten die Angeklagten zahlreiche provokante Aktionen, «um ihre rassistische Ideologie zu verbreiten». Es gehe der Bewegung in Österreich darum, Ausländer, Muslime und Flüchtlinge zu verletzen, zu beschimpfen und in der öffentlichen Meinung herabzusetzen. Dabei seien sie gut organisiert und in der Nutzung von Onlineplattformen wie YouTube versiert.

 

Sowohl der Prozess als auch § 218 StGB sind in Österreich Gegenstand einer Debatte über eine mögliche (linke) Gesinnungsjustiz, denn bereits die Mitgliedschaft in einer solchen Bewegung könnte dann weitere Prozesse nach sich ziehen.  Denn wer als Mitglied einer solchen Bewegung ist, sagt § 218 Absatz 3. Dort heißt es:
Als Mitglied beteiligt sich an einer kriminellen Vereinigung, wer im Rahmen ihrer kriminellen Ausrichtung eine strafbare Handlung begeht oder sich an ihren Aktivitäten durch die Bereitstellung von Informationen oder Vermögenswerten oder auf andere Weise in dem Wissen beteiligt, dass er dadurch die Vereinigung oder deren strafbare Handlungen fördert.
Die Identitäre Bewegung ruft auch zu Spenden auf, um ihre laufenden Kosten zu decken. Nehmen wir an, die IBÖ wird nun am Ende verurteilt. Muss dann jeder Spender oder anderweitiger Unterstützer damit rechnen, dass er als Mitglied der Bewegung gesehen wird? Man wird es sehen, wenn das Gericht der Anklage folgt. Jedenfalls besteht Missbrauchsgefahr.

 

Und das sagt selbst das linke politische Lager in Österreich. Wie der Wiener Standard bereits im Mai berichte, stelle laut SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim die Anklage nach §278StGB damals überhaupt einen „Missbrauch des Gesetzes dar. Er stünde zwar nicht im Verdacht, Identitäre zu mögen, dennoch beobachte er mit Sorge, dass Staatsanwälte „vermehrt auf Instrumente zurückgreifen, welche eigentlich zur Bekämpfung „mafiöser Strukturen” dienen.

 

Mafiöse Strukturen bei einer rechten Bewegung, die beispielsweise im vergangenen Jahr ein Schiff im Mittelmeer charterten, um gegen die Schlepperei an der libyschen Küste vorzugehen? Dies wird sich bis Ende Juli vor dem Grazer Gericht entscheiden.
¹ Österreichisches Strafgesetzbuch.