Die britische Premierministerin muss sich mehr Sorgen um ihre Parteikollegen machen als die Opposition, Ex-Außenminister Johnson kritisierte sie heftig.
Seit Tagen schon hält der frühere britische Außenminister Boris Johnson die Nation in Atem: Wann wird der Brexit-Cheerleader im Unterhaus über seinen Rücktritt sprechen, wie stark wird er Regierungschefin Theresa May persönlich angreifen? Am Mittwochnachmittag war es dann soweit: Johnson griff May frontal an. Er sprach von einem «Brexit nur dem Namen nach», warf der Premierministerin vor, ihre Brexit-Linie sei eigentlich britisches «Vasallentum» gegenüber der EU. Gegenüber Brüssel habe London «Verhandlungskapital verbrannt». Aber noch sei nicht alles verloren: «Es ist nicht zu spät, um den Brexit zu retten.» Wenn May zur Vision ihrer ersten Brexit-Rede im vergangenen Jahr zurückkehre, könne sie einen «großartigen Brexit» liefern.
Kritisch sieht Johnson, der vergangene Woche kurz nach Brexit-Minister David Davies aus Protest zurückgetreten war, dass May dem Europäischen Gerichtshof eine Rolle in den künftigen Beziehungen mit der EU zubilligen will. Auch die geplante Schlusszahlung von 40 bis 45 Milliarden Euro an die EU_sei viel zu hoch. Am schlimmsten sei aber gewesen, dass man der Frage um eine feste Grenze in Irland so großen Raum eingeräumt habe.
Johnsons Chefin hatte zuvor ihre wöchentliche Fragestunde problemlos hinter sich gebracht. Sämtliche Brexit-Fragen des lustlos wirkenden Labour-Chefs Jeremy Corbyn erstickte sie in detaillierten Antworten, und auch von anderen Sprechern der Opposition droht der 61-Jährigen wenig Gefahr. Das haben auch die Abstimmungen der vergangenen Tage gezeigt: Wann immer es zum Schwur kommt, fehlt es den Gegnern der Regierungspolitik an Geschlossenheit.