US-Präsident Trump wird nicht müde, die NATO-Mitglieder zu höheren Rüstungsausgaben zu drängen. Vor allem die «russische Bedrohung» muss als Begründung herhalten. Von weiter steigenden Ausgaben profitieren dürften allerdings vor allem die US-Rüstungsunternehmen.
Das betriebene Buhei, um die Notwendigkeit die NATO zu stärken und der «russischen Aggression» zu begegnen, findet seinen Widerhall auch seitens der Bundesregierung. Dabei darf der Verweis auf den Kampf der freiheitsliebenden Nationen der westlichen Hemisphäre gegen die russische Tyrannei nicht fehlen. Besonders Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen bemüht ein ums andere Mal das Feindbild Russland – auch gerne mal unter umgekehrten Vorzeichen:
Das Kernproblem ist heute: Der Kreml braucht Feindbilder, die freien Gesellschaften des Westens nicht. Deshalb ist es wichtig, dass wir aus einer Position der Geschlossenheit und Stärke bereit bleiben zum Dialog mit Moskau», so die deutsche Verteidigungsministerin.
Wie unter solchen Voraussetzungen ein konstruktiver Dialog, womöglich auf Augenhöhe, stattfinden könnte, bleibt ebenso das Geheimnis der Ministerin wie die Quelle für ihr Wissen um die russische Leidenschaft für Feindbilder. Eines scheint jedoch gewiss, es ist das vermeintliche transatlantische Verteidigungsbündnis, das seine Existenz rechtfertigen muss. Dem internationalen Terrorismus mit seinen Selbstmordattentätern und Guerillataktiken ist wohl kaum durch den waffenstarrenden Koloss NATO beizukommen. Dieses Argument fällt also aus. Es braucht einen greifbaren Gegner, ein Feindbild vom Kaliber des russischen Bären.
Da spielt es auch keine Rolle, dass die russischen Rüstungsausgaben nach Angaben des schwedischen International Peace Research Institute (SIPRI) aus dem Jahr 2018 mit 66,3 Milliarden US-Dollar einen Bruchteil der Investitionen der NATO-Staaten in ihr Militär ausmachten. Um 20 Prozent habe die russische Regierung die militärischen Ausgaben gegenüber dem Jahr 2016 zurückgefahren – dies wohl kaum, um sich dann irrationalen militärischen Expansionsgelüsten hinzugeben. Da darf es auch keine Relevanz haben, dass selbst das US-finanzierte Radio Free Europe, das nicht gerade durch eine ausgewogene Berichterstattung zu Russland auffällt, festhielt, dass Moskau die Rüstungsausgaben reduziert habe.
Der letzte argumentative Strohhalm lautet denn auch, dass Russland nun mal nicht so viel Geld für sein Militär benötige, um trotz allem eine Gefahr für die NATO-Staaten darzustellen. Nicht nur die nackten Zahlen an militärischem Gerät sprechen dagegen, sondern auch die Worte des obersten NATO-Sprachrohrs, Generalsekretär Jens Stoltenberg. Am Rande der NATO-Konferenz in Brüssel wurde Stoltenberg am 11. Juli gefragt, inwiefern «es tatsächlich eine russische, sei es militärische, politische oder wirtschaftliche, Bedrohung» gebe. Der oberste NATO-Sekretär erwiderte darauf:
«Wir sehen keine unmittelbare Bedrohung gegenüber irgendeinem NATO-Alliterierten.
Bleibt die Frage, worin die Bedrohung der Sicherheit denn nun besteht, die eine derart gigantisches und weiter steigendes NATO-Budget rechtfertigt. Einen mehr als offensichtlich Hinweis gibt wieder einmal der US-Präsident selbst. Am 12. Juli, dem zweiten und letzten Tag des jüngsten US-NATO-Treffens in Brüssel, zitierte Reuters Trump mit den Worten, dass «die Vereinigten Staaten bei weitem die beste militärische Ausrüstung der Welt herstellen: die besten Jets, die besten Raketen, die besten Waffen, das beste von allem».
Er fuhr damit fort, «die führenden US-Waffenhersteller, Lockheed Martin Corporation, Boeing Co. und Northrop Grumman Corp. namentlich aufzulisten». Dass Donald Trump die Förderung der heimischen Rüstungsindustrie ein besonderes Herzensanliegen ist, dürfte schon lange kein Geheimnis mehr sein.
Die PR-Aktion des Geschäftsmanns und US-Präsidenten schlug sich prompt auf die Börsenwerte der von ihm genannten Unternehmen nieder. Am 11. Juli notierte die Börse NASDAQ den Aktienkurs von Lockheed Martin noch bei 305.68 US-Dollar. Am Tag nach Trumps Rede stieg er um über zehn Dollar auf 318,37 US-Dollar. Am 11. Juli notierte NASDAQ den Aktienkurs von Boeing bei 340,50 US-Dollar. Am Tag nach Trumps Rede stieg auch dieser, auf stattliche 350,79 US-Dollar. Am 11. Juli notierte wiederum die New Yorker Börse den Aktienkurs von Northrop Grumman (das Unternehmen wird nicht an der NASDAQ gehandelt) bei 311,71 US-Dollar. Am Tag nach Trumps Rede stieg er auf 321,73 US-Dollar.
Enttäuscht von ihrem Präsidenten dürften die nicht genannten US-Rüstungsschmieden gewesen sein. So stieg der Kurs von General Dynamics nach Trumps Werbeansprache, nur moderat von 191,51 auf 192,74 US-Dollar. Auch der Kurs des Konzerns Raytheon, der unter anderem das Patriot-Raketensystem herstellt, stieg im Vergleich zu den genannten Unternehmen nur um fünf auf 199,75 US-Dollar.
Um die Verkäufe der eigenen Rüstungsindustrie weiter anzukurbeln, erinnerte Trump am 12. Juli an folgenden Umstand:
«Wir haben heute viele reiche Länder bei uns [auf der NATO-Konferenz], aber wir haben einige, die nicht so reich sind, und sie haben mich gefragt, ob sie die militärische Ausrüstung kaufen könnten und ob ich ihnen aushelfen könnte, und wir werden ihnen ein wenig helfen.
Da ohne Geld nach wie vor keine Verkäufe auch an finanziell nicht sehr liquide Staaten stattfinden können, dürften diese dann vor allem auf Basis von Krediten stattfinden. Doch nunmehr stehen auch weitere Instrumente zur Verfügung, um dem fiktiven Schreckgespenst stagnierender Rüstungsverkäufe zu begegnen. So sollen auch die letzten moralisch angehauchten Hürden fallen, um den Waffenschmieden zu neuen Glücksgefühlen zu verhelfen. Daher verkündete das US State Department am 13. Juli eine neue Maßnahme, um «die Genehmigung von Anträgen durch Verteidigungs- und Luftfahrtunternehmen zu beschleunigen».
Keine Frage, dass dieser Schritt unter anderem vom Präsidenten der US-Handelskammer für Verteidigung und Luftfahrtexport [US Chamber of Commerce Defence and Aerospace Export Council], Keith Webster, enthusiastisch begrüßt wurde. Demnach «freue» man sich «auf fortgeführte Zusammenarbeit mit dem Weißen Haus, um internationale Möglichkeiten für die Verteidigungs- und Luftfahrtindustrie auszuweiten».
Der Kreis aus Rüstungsexporten, Profit und Sicherheit schließt sich, wenn man den Worten des General Charles Hooper, seines Zeichens Direktor der Defense Security Cooperation Agency, Gehör schenkt. Dieser erklärte am 18. Juli zusammenfassend:
«Rüstungsexporte sind gut für die nationale Sicherheit, sie sind gut für die Außenpolitik, und sie sind gut für unsere ökonomische Sicherheit.
Um diesen hehren Zielen weiteren Schub zu geben, schlug Hooper denn auch gleich vor, dass seine Agentur doch die Transportkosten für ausländische Rüstungskunden kürzen könne. Damit würde man sicherlich auch den von Trump erwähnten armen NATO-Ländern unter die Arme greifen. Wie die Trump-Regierung, ist auch Hooper der Ansicht, dass «ökonomische Sicherheit nationale Sicherheit» sei. Aufgrund welcher Definition von Sicherheit sich die europäischen Staaten dem militärisch-industriellen US-Komplex und seinem Vertriebsleiter Trump hingeben, bleibt bis dato ihr Geheimnis. Selbst Voice of America hielt am 12. Juli in diesem Zusammenhang fest:
«Mit der erneuten Zusage der NATO-Länder, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen, könnten einige der größten Nutznießer US-Waffenhersteller sein, die jährlich bereits Waffen im Wert von Milliarden Dollar in die ganze Welt exportieren.
Quelle: RT