Argentinien erlässt umstrittenes Dekret zur Reform des Militärs

Opposition und Zivilgesellschaft befürchten innere Aufrüstung und Repression. Präsident Macri bestreitet Einsatz des Militärs im Land. Darüber schreibt amerika21 am Mittwoch.

Hunderttausende Menschen demonstrierten unter dem Slogan «Nie wieder» gegen die von Präsident Macri erlassene Reform der argentinischen Streitkräfte
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Von Miguel Ardnt auf amerika21.

In Argentinien hat die Regierung von Präsident Mauricio Macri ein Dekret für eine Reform der Einsatzmöglichkeiten der argentinischen Streitkräfte erlassen. Der Erlass sieht vor, dass das Militär auch gegen «externe, nicht staatliche» Bedrohungen eingesetzt werden darf, wie etwa Drogenhandel oder Terrorismus. Damit werden dem Militär Funktionen übertragen, die bisher den Sicherheitskräften vorbehalten waren. Die Opposition will gerichtlich gegen die Regelung vorgehen, zugleich protestierten hunderttausende Menschen gegen die Reform, die sie als Militarisierung der Innenpolitik kritisieren.

Präsident Macri begründet das Dekret mit einer notwendigen Anpassung an die heutige Sicherheitslage. Er beteuerte, dass das Militär nicht im Inneren eingesetzt werde, sondern lediglich den Sicherheitskräften (Polizei, Gendarmerie, Küstenwache) logistische Unterstützung bieten und ihnen technische Mittel zur Verfügung stellen solle, die bisher fehlen. Zusätzlich soll das Militär künftig «strategische Ziele» im Landesinneren überwachen dürfen. Breite Teile der Öffentlichkeit befürchten jedoch, dass durch die Hintertür der Einsatz der Streitkräfte im Landesinneren und damit die Repression sozialer Proteste ermöglicht wird. Dazu müsste die Regierung nur das Umfeld eventueller Proteste als «strategisch» deklarieren.

Eine weitere Annahme ist, dass durch den Einsatz des Militärs an den Grenzen, an Kraftwerken, Flughäfen und anderen Objekten, die Gendarmerie personell entlastet werden soll. Dadurch könnten mehr Einsatzkräfte in die Großstädte verlegt werden und zur Unterdrückung von möglichen sozialen Unruhen beitragen. Die Gendarmerie hat sich in den letzten drei Jahren bereits als bevorzugtes und verlässlichstes Instrument des Sicherheitsministeriums erwiesen und wurde in Großstädten wie auch im Landesinneren gegen indigene Bewegungen eingesetzt, wie auch im Fall des unter unklaren Umständen verstorbenen Aktivisten Santiago Maldonado. Tatsächlich wurden bereits Verlegungen von Armee- und Luftwaffeneinheiten an die Nordgrenze des Landes angekündigt.

Indes bietet nicht nur der wachsende Unmut über die schlechte wirtschaftliche Entwicklung des Landes unter der aktuellen Regierung Zündstoff für soziale Konflikte. Auch der G-20-Gipfel, der Ende des Jahres in Buenos Aires stattfinden soll, wird wahrscheinlich für massive Proteste sorgen. «Es ist kein Zufall, dass Macri seine antidemokratischen Maßnahmen wenige Stunden nach dem Ende eines Meetings mit Christine Lagarde, dem Internationalen Währungsfonds und den G20 diktiert», heißt es in einer Erklärung des Bündnisses Erinnerung, Wahrheit und Gerechtigkeit, das eine Vielzahl von politischen, sozialen und Menschenrechtsorganisationen vereint. Dieses hatte auch zu den Demonstrationen gegen das Dekret aufgerufen, an denen vergangene Woche hunderttausende Menschen teilgenommen hatten.

Auch die Opposition kritisiert die Reform als verfassungswidrig und undemokratisch und will juristisch dagegen vorgehen. Sie verändere, anders als von der Regierung verlautbart, nicht nur ein Dekret der früheren Regierung Nestor Kirchners, sondern ebenso ein Gesetz zur Landesverteidigung. Daher müsse sie den institutionellen Weg über das Parlament durchlaufen. Aus diesem Grund verlangt die Opposition eine Parlamentssitzung für den kommenden 8. August.